Finnland:
Feind verstärkt seine Feldbefestigungen und vermint. Aufmarsch der finnischen Kräfte planmäßig.
Meldung vom 29.6.41:
Heeresgruppe Süd:
11. Armee: Am Pruth starke russische Angriffe am Brückenkopf Schulimni. 17. und 6. Armee: Drängt auf ganzer Front dem weichenden Feind nach. Rawa-Ruska genommen. Panzergruppe bis Ostrog und Rowno durchgestoßen.
Heeresgruppe Mitte:
Im Raum Bialystok-Baranowicze eingeschlossene Feindverbände zeigen Auflösungserscheinungen. 4. Armee hat Bialystok genommen. 9. Armee hat mehrere Brückenköpfe über Njemen gebildet. Panzergruppen stehen bei und nordostwärts Minsk.
Heeresgruppe Nord:
18. Armee: Feind im vollen Rückzug über die Düna; Teile einer russischen Division bei Libau eingeschlossen. Panzergruppe 4: Brückenkopf Dünaburg erweitert unter heftigsten Kämpfen.
Verteiler:
RFSS und Chef der Deutschen Polizei
Chef der Sicherheitspolizei und des SD
Amtschefs I, II, III,V,VI und VII
IV (Gesch.Stelle) 3 Stück
IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4
IV E, IV E 5
IV A 1 (5 Reserve)
Nr. 1: Der Totschläger von Kaunas/Kowno
Aus: BAB, R 58/214
1 Das SK 1b stand anfangs unter der Führung von Erich Ehrlinger, geb. 1910, Jurastudium, 1931 NSDAP u. SA, 1933 Referendarexamen, 1934 hauptamtlich beim Chef des SA-Ausbildungswesens, 1935 SS, Sept. 1935 SD-HA, Stabsführer Zentralabt. I 3 (Presse, Museum) u. Leiter Hauptabt. II 11 (Weltanschauungen), 1938 Aufbau des SD in Wien, 1939 dto. in Prag, 1939 Ostubaf., Herbst 1939–April 1940 SD-Führer EG IV in Polen, dann beim KdS Warschau, Aug. 1940–Febr. 1941 mit Sonderauftrag RFSS als Berater Quislings in Oslo, Dez. 1941 KdS Kiew, Aug. 1943 zudem BdS Ukraine, Sept. 1943 BdS Minsk u. Chef EG B, April 1944 Amtschef I des RSHA, 1963 zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, Aufhebung durch BGH, 1965 Haftentlassung, Dez. 1969 Verfahrenseinstellung wegen Verhandlungsunfähigkeit, in der Folge justitiell nicht mehr behelligt, gest. 2004; BAB, BDC, SSO Erich Ehrlinger; Vern. v. 9.12.1958, BAL, B 162/2641, Bl. 11ff.; Urteil LG Karlsruhe v. 20.12.1961, BAL, B 162/14150; Michael Wildt: Erich Ehrlinger – ein Vertreter „kämpfender Verwaltung“, in: Mallmann/Paul: Karrieren der Gewalt, S. 76–85; Mallmann/Böhler/Matthäus: Einsatzgruppen in Polen, S. 31, 70, 105, 116f.
2 Nach Erkenntnissen des LG Karlsruhe ermordete das SK 1b während der folgenden Tage vor Ort mindestens 185 jüdische Männer u. Frauen. Bei wenigstens einer Erschießung war Ehrlinger persönlich vor Ort u. wies die Schützen durch lautes Zurufen an; Urteil LG Karlsruhe v. 20.12.1961, BAL, B 162/ 14150.
3 Die litauische Hauptstadt Kaunas (Kowno/Kauen) hatte 1941 154000 Einwohner, davon fast ein Drittel Juden. Die Rote Armee begann bereits am 22.6. ihren fluchtartigen Rückzug u. beendete ihn am folgenden Tag um die Mittagszeit. Alle jüdischen überlebenden sind sich darin einig, daß litauische Banden – sogenannte Partisanen – bereits am 23.6.1941 mit Gewalt gegen die jüdische Bevölkerung vorgingen, so Tory: Surviving the Holocaust; Harry Gordon: The Shadow of Death. The Holocaust in Lithuania, Lexington 1992; Renata Yesner: Jeder Tag war Jom Kippur. Eine Kindheit im Ghetto und KZ, Frankfurt/M. 1995; Solly Ganor: Das andere Leben. Kindheit im Holocaust, Frankfurt/M. 1997; Raya Kruk: Lautlose Schreie. Bericht aus dunklen Zeiten, Frankfurt/M. 1999; „Dies Kind soll leben“. Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944, hrsg. v. Reinhard Kaiser/Margarete Holzman, Frankfurt/M. 2000; ähnlich Zusammenfassung der Kämpfe um Kowno (undat./1941), BA-MA, RH 20–16/45; Sich.Div. 281 an Berück Nord v. 10.7.1941, ebd., RH 26–281/25a. „Aktivisten in Kowno haben anscheInend die Herrschaft an sich gerissen“, teilte das II. AK am 23.6. um 14 Uhr der Vorausabt. Holm mit, ebd., RH 24–2/81. Erst am späten Nachmittag des 24.6. drangen die ersten Wehrmachtsverbände in die Stadt ein. „18:45 Kowno in deutscher Hand, Hakenkreuzflagge weht“, vermerkte das KTB des II. AK am Abend, ebd., RH 24–2/80. Laut Gesamtbericht EG A bis 15.10.1941, RGVA, 500–4–93, forderten die Pogrome 3800 jüdische Opfer. Zur Vorgeschichte: Eglè Bendikaite: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Die Politik gegenüber den Juden in Litauen in der Zwischenkriegszeit, in: Dahlmann/Hilbrenner: Zwischen großen Erwartungen und bösem Erwachen, S. 101–120; Azriel Shochat: Jews, Lithuanians and Russians 1939–1941, in: Bela Vago/George L. Mosse (Hrsg.): Jews and Non-Jews in Eastern Europe, New York-Toronto-Jerusalem 1974, S. 301–314; Dov Levin: On the Relations between the Baltic Peoples and their Jewish Neighbors before, during and after World War II, in: HGS 5(1990), S. 53–63; Dina Porat: The Holocaust in Lithuania. Some unique aspects, in: David Cesarani (Hrsg.): The Final Solution. Origins and Implementation, London 1994, S. 159–174; Valentinas Brandisˇauskas: The June Uprising of 1941, in: Lithuanian Historical Studies 3(1998), S. 49–72; Michael MacQueen: Massenvernichtung im Kontext: Täter und Voraussetzungen des Holocaust in Litauen, in: Benz/Neiss: Judenmord in Litauen, S. 15–34; Salomon Atamuk: Juden in Litauen. Ein geschichtlicher überblick, hrsg. v. Erhard Roy Wiehn, Konstanz 2000; Siegfried Gasparaitis: „Verrätern wird nur dann vergeben, wenn sie wirklich beweisen können, daß sie mindestens einen Juden liquidiert haben“. Die „Front Litauischer Aktivisten“ (LAF) und die anti-sowjetischen Aufstände 1941, in: ZfG 49(2001), S. 886–904; Saulius Sužiedėlis: Foreign Saviors, Native Disciples: Perspectives on Collaboration in Lithuania, 1940–1945, in: Gaunt/Levine/Palosuo: Collaboration and Resistance During the Holocaust, S. 313–359; Alfonsas Eidintas: Das Stereotyp des „jüdischen Kommunisten“ in Litauen 1940–41, in: Bartusevicˇius/Tauber/Wette: Holocaust in Litauen, S. 13–25; zu den Pogromen: Klee/Dreßen/Rieß: „Schöne Zeiten“, S. 35–44; Mallmann/Rieß/Pyta: Deutscher Osten 1939–1945, S. 61–69; Wolfgang Benz: Die Ermordung der baltischen Juden und die einheimische Bevölkerung, in: Matthäus/Mallmann: Deutsche, Juden, Völkermord, S. 141–152; als überblick: Jürgen Matthäus: Kaunas 1941–1944, in: Ueberschär: Orte des Grauens, S. 83–91.
4 Das EK 6 stand anfangs unter Führung von Dr. Erhard Kroeger, geb. 1905 in Riga, Jurastudium, 1927 Dr.jur., 1929–1934 Rechtsanwalt in Riga, 1933 Gründer u. Fhr. der ein Jahr später verbotenen Deutschen Bewegung in Lettland, seit 1934 für den SD tätig, 1936 4 Monate Haft, 1938 Leiter der baltendeutschen Volksgruppe, 1939 Verantwortlicher für die Aussiedlung der Volksdeutschen aus Lettland u. Estland, Okt. 1939 SS als Staf., Führer EK 6 bis Nov. 1941, Nov. 1941 Oberf., Juni 1942 Waffen-SS, Dez. 1943 SSHA, VO zur Wlassow-Armee, flüchtig seit 1962, 1966 von der Schweiz ausgeliefert, 1969 vom LG Tübingen zu 3 Jahren u. 4 Monaten Haft verurteilt, gest. 1987; BAB, BDC, SSO Dr. Erhard Kroeger; Urteil LG Tübingen v. 31.7.1969, BAL, B 162/14382; BAL, ZK: Dr. Erhard Kroeger; Matthias Schröder: Deutschbaltische SS-Führer und Andrej Vlasov 1942–1945. „Rußland kann nur von Russen besiegt werden“: Erhard Kroeger, Friedrich Buchardt und die „Russische Befreiungsarmee“, Paderborn u. a. 2001; ders.: Ost-Kalkül ohne Bruch. Deutschbaltische SS-Führer nach 1945 im Fokus von Justiz und im Schutz von Geheimdiensten, in: Richter: Krieg und Verbrechen, S. 243–253.
5 Noch am selben Tag erschoß das EK 6 dort 132 Juden u. warf die Leichen in den Schacht eines stillgelegten Salzbergwerks; Anklage Staw Stuttgart v. 30.1.1968, BAL, B 162/19406.
6 Arthur Nebe, geb. 1894, 1914 Kriegsfreiwilliger, 1920 Freikorps, danach KK Polizeipräsidium Berlin, 1931 NSDAP, 1932 Mitbegründer NS-Beamtenarbeitsgemeinschaft der Berliner Kripo, 1933 KR im Gestapa, Leiter des Außendienstes u. der Bewegungsabt., 1936 SS u. Chef des Reichskriminalpolizeiamtes, 1939 zeitweilig Chef EG IV in Polen, dann Amtschef V des RSHA, Jan. 1941 Brif., Chef EG C bzw. B bis 1.11.1941, Nov. 1941 Gruf., am 2.3.1945 wegen Beteiligung am 20. Juli vom VGH zum Tod verurteilt u. hingerichtet; BAB, BDC, SSO Arthur Nebe; GVP RSHA Stand 1.3.1941,