„Wister ist gestern Abend mit Garett geritten. Ich habe das Troger gesagt. Erzählte er es Ihnen nicht?“
„Nein“, sagte Maude. Sie war einen Schein blasser geworden. „Mit Garett? – Das verstehe ich nicht.“
„Ich eigentlich auch nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er nicht zufällig in diese Stadt kam. Als Troger gestern mit ihm im Saloon sprach, schickte er den Keeper hinaus. Er wollte offenbar allein mit ihm reden, ohne Zeugen.“
„Ach?“
„Ja. Das ist komisch, nicht wahr?“
„Allerdings.“
„Wie benahm sich Troger, als er zur Ranch zurückkam?“
Maude blickte den Sheriff eine Weile schweigend an, dann zuckte sie die Schultern.
„Ich weiß auch nicht“, sagte sie leise. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er Wister kennt. Von früher her. Irgendwie war er plötzlich ganz anders als sonst.“
„Wie anders?“
„Ich weiß nicht, Sheriff. Es kam mir bald so vor, als habe er Angst. Eine unbestimmte Angst, die ich nicht zu deuten vermag.“
Sheriff Riley beugte sich über den Tisch und sagte leise: „Vielleicht ist es gut, dass Sie noch nicht mit ihm verheiratet sind, Maude. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sich hier in der nächsten Zeit etwas tun wird.“
„Sie … Sie glauben doch nicht, dass Alan Troger etwas zu verheimlichen hat?“
„Hier oben haben viele Männer etwas zu verheimlichen. Im einzelnen ist die Frage nur, was es ist.“
„Sie weichen mir aus.“
„Was soll ich denn weiter tun, Maude? Ich weiß nicht mehr als jeder andere. Nur eines wird mir immer klarer!“
„Und das ist?“, fragte sie gespannt und forschte in seinem Gesicht.
„Matt Wister ist hinter etwas her. Als er hier ankam, machte er gleich auf mich den Eindruck, ein Mann zu sein, der sehr lange im Sattel sitzt und hinter etwas herreitet. Es gibt viele Männer, die hinter etwas herreiten. Er gehört zu dieser Sorte, die sich sehr fest in eine Sache verbeißen kann. Sie sollten jetzt jedenfalls erst einmal abwarten.“
Maude blickte hinter dem Sheriff her, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Dann begann sie mit fahrigen Bewegungen, Gegenstände auf der Theke hin und her zu schieben. Sie war verwirrt.
18
Hal Spears blickte seine Partner an, als er den Rancher Troger mit seinen beiden Cowboys zurückkommen sah.
„Einen hat er in der Stadt gelassen“, sagte er leise. „Mit dem werden wir sicher fertig.“
Ric und Ace stellten sich neben Hal, um auch einen Blick durch das Geäst und hinunter auf den Weg werfen zu können.
Sie standen so und blickten den Reitern nach, bis diese im Norden zwischen den Hügeln verschwanden.
„Also, Freunde“, sagte Hal und rieb sich zufrieden die Hände. „Ric, du nimmst die Pferde. Ace fährt mit mir auf dem Wagen. Alles andere ist ja klar. Mach es so, dass sie dich nicht sehen.“
„Gut, Hal.“ Ric schwang sich auf sein Pferd, nahm die Zügel des anderen und ritt nach Osten. Er wollte einen Bogen schlagen.
Hal und Ace kletterten auf den Bock des Ranchwagens, fuhren um die Büsche herum und auf den Weg hinunter. Schnell fuhren sie der Stadt entgegen.
19
Sheriff Jim Riley blickte dem Wagen entgegen. Er wunderte sich schon lange nicht mehr darüber, dass die Reiter beider Ranches dreist waren. Sie waren schon immer so gewesen, und sie hatten die Stadt niemals als einen Ort anerkannt, der neutral war.
Riley zog sich bis zur Hauswand zurück. Der Wagen rollte knarrend vorbei und hielt vor dem Store. Riley sah, dass Hal abstieg, über den Stepwalk ging und dann hinter der Tür verschwand.
Ace blieb noch auf dem Bock sitzen, rollte sich eine Zigarette und steckte sie an. Dann stieg er ebenfalls ab und machte sich am Wagen zu schaffen.
Riley ging in sein Office. Er holte das Schrotgewehr. Er war jetzt bereit, etwas zu unternehmen, wenn hier etwas passieren sollte. Er fragte sich nicht einmal, woher er plötzlich den Entschluss dazu nahm.
Ace lief immer noch um den Wagen herum. Hal kam aus dem Store und warf eine Rolle Draht auf den Wagen. Er ging wieder hinein. Ace ging weiter um den Wagen. Plötzlich lehnte er sich an die hintere Bordwand und blickte dem Sheriff entgegen.
„Hallo!“, rief er. „Was bewachen Sie denn mit der Flinte?“
Riley stellte die Parker-Büchse mit der Kolbenplatte auf den Stepwalk. Seine Sorge kam ihm jetzt selbst übertrieben vor.
„Das geht Sie nichts an“, knurrte er unfreundlich, ohne seine Haltung zu ändern.
Hal kam mit einer zweiten Drahtrolle aus dem Store. Er warf sie zu den anderen auf den Wagen und ging wieder hinein.
Maude Freese hatte einen Zettel vor sich auf der Theke liegen, auf den sie Striche machte, wenn Hal eine Rolle hinaustrug. Hal ging an ihr vorbei, durch den Flur in den Hof. Er blieb vor Kirk stehen, der eben wieder eine Rolle gebündelt hatte.
Hal grinste den Cowboy an.
„Hättest du das jemals für möglich gehalten, dass es so etwas gibt?“, fragte er ihn. „Was würde dein Boss dazu sagen? – Oder hat er dich abgestellt, um für uns Draht zu schneiden?“
Kirk zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen. Hal hob die Drahtrolle hoch. Im Hintergrund zwischen den beiden Lagerschuppen sah er Ric auftauchen, der die Pferde am Zügel führte.
Auch Kirk hörte offenbar ein Geräusch. Er drehte sich und stand für einen Moment wie erstarrt.
Da schlug Hal mit der hoch geschwungenen Drahtrolle zu.
Der schmetternde Hieb traf Kirks Hinterkopf. Er rannte vorwärts, stolperte und fiel auf den Boden. Ric kam über den Hof gerannt.
„Da drüben in den Schuppen“, sagte Hal leise und schulterte die Drahtrolle.
Als wäre nichts geschehen, lief er durch den Flur, und Maude machte einen Strich auf den Zettel. Hal kam von der Straße wieder herein, ging an ihr vorbei und zurück in den Hof.
Die Schuppentür stand offen. Ric und Kirk waren nicht zu sehen. Die beiden Pferde waren ebenfalls verschwunden.
„Miss Freese!“, rief Hal Spears.
„Was ist denn?“
„Kirk ist fort. Er hat keine frische Rolle gebunden!“
Schritte erschallten. Dann stand Maude Freese im Hof. „Kirk?“ fragte sie zum offenen Schuppen hinüber. „Kirk!“
Keine Antwort.
„Er wird sich doch nicht überlegt haben, dass sein Boss etwas dagegen haben könnte?“, fragte Hal.
Maude warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, ging dann mit schnellen Schritten zum Schuppen hinüber.
Hal begann, ein Lied zu pfeifen.
Das Mädchen verschwand im Schuppen.
Hal rollte die nächste Rolle selbst zusammen und trug sie durch den Store. Er machte einen Strich auf den Zettel. Draußen warf er die Rolle auf den Wagen. Er blickte kurz zu Sheriff Riley hin, der immer noch vor seinem Office mit dem Gewehr bei Fuß stand.
„Es ist soweit“, raunte er Ace zu und ging wieder hinein. Er brachte die nächste Rolle. Als er dann wieder in den Hof kam, sah er Ric eben zwischen den Büschen hinter den beiden