Werte werden als moralische oder ethische Eigenschaften und Qualitäten verstanden. Diese werden innerhalb einer sozialen Gemeinschaft für gut und erstrebenswert erachtet.1 Ein gutes Beispiel für einen hohen und gleichzeitig sehr komplexen Wert ist die Würde des Menschen. Auf ihr baut unser Grundgesetz auf. Der Wertekanon unserer abendländischen Zivilisation umfasst überraschend viele Werte. Diese Werte spielen in unterschiedlichen Lebensbereichen eine Rolle – individuell, familiär, gesellschaftlich, menschheitlich und naturbezogen.2 Sie können idealer oder materialistischer Natur sein. Wir haben uns bewusst entschieden, den positiven Charakter der Werte zu betonen. Wir möchten die Schattenseiten der Werte nicht würdigen und ihnen keine Zeit geben. Ausschließlich den Werten mit Potenzial und positiven Wirkungen wollen wir unsere Beachtung schenken. Mit aller Deutlichkeit bringen wir zum Ausdruck, dass die dargestellten Werte keinerlei parteiliche oder konfessionelle Anbindungen wünschen. Auch fühlen sich die Werte durch Formulierungen wie „westliche Wertegemeinschaft“ eingeengt. Werte sind frei und teils in einem unkonventionellen Sinne miteinander verwandt. Ein Leichtes wird es für die geneigte Leserschaft sein, die jeweiligen Gegenwerte zu benennen, die unsere Welt so unerbittlich im Griff zu haben scheinen. Wir kennen sie zu gut und die Medien verbreiten sie täglich. Seien wir uns bewusst: Mit den Werten haben wir ein Werkzeug der „Götter“ zur freien Verfügung. Wenden wir uns von ihnen ab, indem wir ihnen wenig oder keine Beachtung schenken oder sie missachten, verkehren sie sich und die Schattenseiten zeigen sich.
Wir wollen uns um die Werte kümmern, sie pflegen. Sie verlangen geradezu danach, immer neu belebt zu werden oder andere von ihnen in den Fokus zu nehmen. Einige Werte werden im philosophischen Kontext auch als Tugenden beschrieben. Von den griechischen Philosophen kennen wir die vier Kardinal- oder Primär-Tugenden: Tapferkeit, Besonnenheit, Gerechtigkeit und Klugheit. Im späteren Verlauf der Philosophiegeschichte kamen die Sekundär-Tugenden Fleiß, Treue, Gehorsam, Disziplin, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit und Sauberkeit hinzu. Heute klingen diese Tugenden eher preußisch, langweilig oder überkommen. Im Rahmen der Wertebilanz ist es von besonderer Bedeutung herauszuarbeiten, welche Werte für ein Unternehmen relevant sein werden – unabhängig davon, ob ein Unternehmen im sozialen oder im gewerblichen Bereich angesiedelt ist. Durch die Beschäftigung mit einem oder mehreren Werten können sich Wirkungen für das Unternehmen ergeben, die wertschöpfend an sich sind. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie wir einen Wert bemessen.3 Wir stellen fest, dass wir bei der Betrachtung des Gegensatzes eines Wertes die Auswirkungen sehr viel einfacher verfolgen können als beim Wert selbst. Ein Wert an sich macht sich in anderer Weise bemerkbar, vielleicht auch mit zeitlicher Verzögerung oder indem er Faktoren begünstigt, die materielle Werte erzeugen. Müssen wir lernen, die wertschöpfenden Prozesse aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten? Vielleicht entdecken wir daraufhin besser, wie Werte entstehen? Wir haben daher bekannte Werte näher unter die Lupe genommen. Dabei waren folgende Fragestellungen maßgebend:
• Welche höherstehenden Werte wie Würde, Gerechtigkeit und Freiheit haben eine Bedeutung für ein Unternehmen?
• Welche Werte sind eher individueller Natur oder können vom einzelnen Menschen
umgesetzt werden wie Geduld, Selbstdisziplin, Dankbarkeit?
• Welche Werte spielen im unternehmerischen Kontext eine bedeutende Rolle?
• Welche Werte wirken sich positiv auf die Unternehmensentwicklung aus?
• Aus welchen Unternehmenswerten resultieren direkt und unmittelbar Geldwerte?
Es existieren Wertetypen oder -arten unterschiedlicher Natur. An den Gegensätzen der Werte lässt sich deutlich die Wirksamkeit und Macht der Werte erkennen. Deutlich wird, dass wir intensiv in die Entstehung und die Weiterentwicklung von Werten investieren müssen. Investitionen in gute Werte sind zumeist eher mittelbar an monetären Ergebnissen ablesbar. Wirksamkeit und Entfaltung zeigen sich mit zeitlicher Verzögerung. Höhere Werte korrespondieren mit großen Idealen. Sie sind überpersönlich. Individuell umsetzbare Werte sind klarer und zielgerichtet. Diese lassen sich in Gruppen zusammenfassen. Hohe individuelle Werte, Positivität und Tugenden sind eher nach außen gerichtet.
Wir finden Werte, die im Unternehmenskontext eine bedeutendere Rolle spielen. Investitionen in Unternehmenswerte generieren zumeist mittelbar und zeitverzögert monetäre Werte. Ein Unternehmen, auch eine AG, hat ständig die Aufgabe, seine Assets zu bewerten. Sicher lässt sich Frieden als Wert schwerlich in Euro bestimmen, aber der Aufwand dafür schon. Auch die Wirkungen des Aufwandes, Frieden herzustellen, können sich irgendwann in einer Bilanz niederschlagen, wenn man die Wertebilanz als ganzheitliches System begreift. Es geht nicht darum, den Unternehmern „moralische“ Werte vorzuschreiben, die sie zu erreichen haben. Es zählt einzig, was erreicht wird und Werte erzeugt.
• Wertebilanz ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen und die internen Prozesse.
• Konsolidierung aller Reportingsysteme, Budgetierung und Bilanzsysteme in EINEM System
• Wirkungsfokussierung – Wirkungsbuchhaltung
• Realitätsbezogene Bilanzen
1 Schein, E. H.: Culture: The missing concept in organization studies. Administrative Science Quarterly, 41, 229-240, 1996
2 Schwartz, S. H.; Cieciuch, J.; Vecchione, M.; Davidov, E.; Fischer, R.: Beierlein, C.; Ramos, A.; Verkasalo, M.; Lönnqvist, J.; Demirutku, K.; Dirilen-Gumus, O.; Konty, M.: Refining the Theory of Basic Individual Values [Abstract]. Journal of Personality and Social Psychology, 103 (4), 663-688, 2012
3 Copeland / Koller / Murrin: Valuation: Measuring and Managing the Value of Companies, New York, 2000
6. WERTE UND IHRE ORDNUNG
Nahezu unmöglich ist das Unterfangen, auf wenigen Seiten die maßgeblichen unternehmerischen Werte zu beschreiben. Dies haben andere Autoren in ganzen Büchern dargestellt. Möge dies dem Verfasser nachgesehen werden. Beim Ansatz einer Wertebilanz geht es in erster Linie darum, die Werte in den Kontext und die Beziehung zum Wirtschaften zu setzen. Durch die Beschäftigung mit Werten teilen sich geltende, vielleicht überlebte und zukünftige, anzustrebende Praktiken des unternehmerischen Handelns. Werte 1 orientieren und leiten den Menschen. Das Bild der Achse oder einer Koordinate versinnbildlicht dies. Werte bilden eine ideelle Basis für Sitten und Gebräuche. Sie spielen in einem Staat oder einer Gemeinschaft eine Rolle. Abhängig vom kulturellen Umfeld und zeitlichen Kontext wandelt sich die Priorität von Werten und deren Zusammenwirken. Werte können werden und wachsen im Sinne von Entstehen und Vergehen. Geistig betrachtet, sind Werte Entitäten. Ein Wert steht für sich allein und wächst durch Assoziationen und Konjunktionen mit anderen Werten. Trotz der Ähnlichkeiten mit anderen Werten steht er für sich alleine. Er mag sich nicht in eine Taxonomie mit anderen Werten pressen lassen.2 Werte sind in sich stabil, können in ihrem jeweiligen Umfeld allerdings sehr beweglich sein. Sie sind reicher an Fülle und Bedeutung oder bekleiden einen weniger hohen Rang. Die Würde gehört zur ersten Kategorie, die Motivation zur zweiten. Werte wirken effizient auf das Handeln, wenn sie im Bewusstsein und in der Seele fest verankert sind. Diese Verankerung kann auch mittels Bildern geschehen.
Werte beeinflussen die Entwicklung des Menschen und damit auch eines Unternehmens. Janusgleich lassen uns Werte in Vergangenheit und Zukunft blicken. Welche Werte sind entstanden und haben sich durch erfolgreiches Handeln manifestiert? Welche Werte wollen wir in Zukunft etablieren und uns für diese stark machen? Werte und Bewertung liegen vom Wortursprung nahe beieinander. Werte haben ein eigenes Wesen, einen Begriff und eine ihm innewohnende