Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Эротическая литература
Год издания: 0
isbn: 9783956179969
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und sich an die selbst gestellte Diagnose klammert?

      Bekümmert lauschte er auf ihre Atemzüge. Sie gingen unruhig wie die seinen.

      Hoffentlich schläft sie durch, hoffentlich hat sie nicht wieder einen dieser Schmerzanfälle, wünschte er. Mein Gott, sie kann sich doch nicht einfach davonmachen und Tina und mich im Stich lassen!

      Sicher ist es nicht das, was sie befürchtet. Eine Kleinigkeit gewiss auch nicht, dazu sind ihre Schmerzen zu schlimm. Eva, du stehst es durch! Du musst, begreifst du? Begreifst du?

      Er hörte, dass sie sich auf die andere Seite drehte.

      Verstohlen blickte er auf das Leuchtzifferblatt der Uhr. Zwei in der Frühe!

      Er lag ganz steif, als sie plötzlich leise sagte: „Du kannst auch nicht schlafen?“

      „Nein, aber versuch du es wenigstens. Soll ich dir ein Glas kaltes Wasser holen?“

      „Nein!“ Und dann: „Ich habe das Gefühl, in ein tiefes schwarzes Loch zu stürzen! Halt mich fest, Walter ganz fest!“

      Es war wie ein Aufschrei in größter Not und Verzweiflung.

      Er nahm ihren bebenden Körper in die Arme, spürte die sanfte Wärme ihrer Haut und die Tränen, die auf seinen Hals rannen.

      „Es wird alles gut, Mädchen, du wirst sehen!“, sagte er begütigend.

      Es dauerte lange, ehe sie ruhiger wurde. Schließlich schlief sie ein.

      Er aber lag wach. Und er hielt sie fest, um sie nie herzugeben.

      12

      Bei Walter klingelten die Alarmglocken, als er Eva-Maria noch vor dem Frühstück einige persönliche Dinge heraus räumen und in den Abfall werfen sah. Nutzlose Gegenstände, wie sie sich in jedem Haushalt ansammeln. Aber mit Erinnerungen behaftet.

      Er machte den Kaffee und deckte den Tisch. Und beobachtete schweigend.

      „Die Gardinen hätten noch gewaschen werden müssen“, sagte Eva-Maria mit einem prüfenden Blick auf den Fensterschmuck und Sichtschutz. Ein leiser Vorwurf war damit verbunden – wegen seiner Raucherei, die er immer aufgeben wollte. Aber dann packte er es doch nicht.

      „Die waren erst vor vier Wochen dran“, brummte er.

      Tina brachte die Zeitung herein. Im Nachthemd.

      „So geht man aber nicht auf die Straße!“, machte er seine Tochter aufmerksam. Den Hinweis, was die Nachbarn denken sollten, verkniff er sich.

      Die Nachbarn mochten alles liebe und nette Leute sein, und teilweise waren sie das auch, aber um ihre Meinung fragte er nicht. In diesem Sinn wurde auch Tina erzogen.

      Sie lernte, dass es gewisse Lebens- und Anstandsregeln einzuhalten galt, dass sie aber in vielen anderen Dingen nur sich selber verantwortlich war und die Ansicht anderer nicht erst einzuholen brauchte. Sie sollte kein Duckmäuser werden, der sein Mäntelchen nach dem Wind hängte.

      „Och, was du bloß hast!“, setzte sich Tina auch gleich zur Wehr. „Wenn Fräulein Rüssmann im Bikini vor dem Haus ist und mit dem Briefträger redet, regt sich niemand auf. Und du guckst ja auch hin.“

      „Wenn der Briefträger kommt, bin ich nicht da!“, verteidigte er sich und holte die Brötchen aus der Tüte, die der Bäcker vor der Haustür deponiert hatte.

      „Das ist geschwindelt. Samstags bist du da und guckst, Papi.“

      „Wenn du meinst!“, seufzte er. „Geh rauf und mach dich fertig, wir wollen frühstücken.“

      Kinderaugen beobachten besonders scharf. Natürlich hatte er schon etliche Blicke auf besagte Dame geworfen. An Fräulein Rüssmann war alles richtig; sie konnte ungeniert vorzeigen, was sie hatte. Mit 25 oder 28 oder wie alt sie war.

      Im Wohnzimmer hantierte Eva-Maria mit dem Staublappen. Auf dem Wandbord rückte sie das Zinngeschirr zurecht, trat zwei Schritte zurück und prüfte kritisch ihr Werk.

      Ihr Treiben bereitete ihm Unbehagen. Sie hantierte wie jemand, der sein Haus noch bestellt, bevor er es verlässt und nie mehr zurückkommt.

      „Lass doch, das können wir heute Nachmittag zusammen machen“, störte er sie absichtlich, um sie aus ihren Gedanken zu reißen.

      Sie schaute ihn nur an. Ihr Blick schnitt ihm tief in die Seele.

      Dann ging sie ins Arbeitszimmer. Er hörte, dass sie Bücher im Regal einstellte.

      Diese verflixten Bücher!

      Hätte ich sie doch eingeschlossen oder fortgeworfen, dachte er bekümmert. Wer kann denn so etwas ahnen?

      Dann begriff er, wie unsinnig derartige Überlegungen waren. In ihrer Familie hatten sie keine Geheimnisse voreinander, es gab auch keine verschlossenen Schranktüren oder Fächer, wo der eine etwas vor dem anderen zu verbergen suchte. Die Ehe verstanden sie beide als einzige große Vertrauensgemeinschaft.

      Nun hatte dieses Vertrauen einen Riss bekommen.

      Eva-Maria hatte ihm verheimlicht, dass sie seit Tagen unter diesen Schmerzanfällen litt.

      Und er hatte sich verstellt, um Hermann Mittler nicht zu verraten. Hermanns Anruf entsprang lauteren Motiven, ganz gewiss, aber am Ende stand da doch eine Lüge – eine Notlüge. Um Eva-Maria zu helfen.

      Er trat ans Fenster und blickte in den Garten.

      Die Blumenrabatten waren aufgehackt. Seine Mädchen hatten das nach dem letzten Regen besorgt, bevor die Erde wieder hart wurde. Der Steingarten blühte, dass es eine Freude war.

      Eva-Maria gärtnerte leidenschaftlich, und der Steingarten war ihr unumschränktes Reich. Sie widmete ihm viel Liebe.

      Nach einiger Zeit klappte die Tür in seinem Rücken. Er wollte gerade etwas über den hübsch blühenden Steingarten sagen, als er den Duft seines Rasierwassers roch.

      Verblüfft drehte er sich um. Tina! Sie blickte halb schuldbewusst und halb triumphierend.

      „Ich will auch gut riechen“, erklärte sie in der Manier einer guten Vorwärtsverteidigung.

      „Wahrscheinlich stellen sie dich in der Schule zum Auslüften vor die Tür! Das ist Rasierwasser, und das nehmen nur Männer. Ist wenigstens noch etwas in der Flasche geblieben?“

      Tina hatte wohl eine andere Reaktion erwartet. Eifrig nickte sie. „Ich glaube schon. Du, Papi, krieg’ ich jetzt auch einen Bart?“

      „Mädchen und Frauen haben keinen Bart. Wieso?“

      „Die Frau Leber hat einen.“ Siegessicher blickte Tina ihn an. „Bestimmt hat sie Männerrasierwasser genommen.“

      „Bestimmt nicht. Und meines schon gar nicht. Und außerdem gibt es halt Frauen, die einen Bart haben“, entschied er. „Wasch dir das Zeug runter, du kriegst eine ganz rote Haut.“

      „Es kribbelt aber so schön.“

      „Jetzt noch, nachher beißt es. Marsch, ins Bad mit dir!“ Schmollend zog sie ab.

      Frau Leber war eine ältere Dame in der nächsten Straße. Sie wurde von den Kindern heiß verehrt. Zum Teil lag es wohl auch daran, dass sie kleine Einkäufe für die Frau besorgen durften und für diese Dienste ein paar Groschen bekamen, die sofort in Süßigkeiten angelegt wurden.

      Dass der Bart der guten Frau für die Kinder eine Attraktion war, zumindest für Tina, verblüffte ihn. Aber Kindergedanken gingen mitunter krause Wege.

      Eva-Maria kam aus dem Arbeitszimmer herüber und schnupperte. Ihr fragender Blick blieb auf ihm ruhen.

      „Unsere sehr verehrte Tochter wünscht sich neuerdings einen Bart und hat sich zu diesem Zweck mit meinem Rasierwasser einbalsamiert.“ In komischem Entsetzen schaute er zur Zimmerdecke auf.

      „Sei