Seewölfe Paket 15. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397730
Скачать книгу
den Gefallen zu tun und abzubuddeln.

      Nachdem er das drittemal aufgetaucht war und diesmal keine Kugel an sich vorbeizischen sah, wußte er, daß die Piraten ihn nicht mehr schnappen würden. Er hatte sich auf den Rücken gelegt, so daß nur noch sein Gesicht aus dem Wasser ragte, und schaute zu den Booten zurück, die jetzt alle dicht beisammen lagen.

      Dann wollte Ferris jubeln, als die Boote abdrehten und in der bisherigen Richtung weiterfuhren, aber er verschluckte sich und mußte ziemlich stark husten, daß er schon dachte, die Piraten würden wieder auf ihn aufmerksam werden.

      Er wartete noch eine Weile und ruhte sich aus, dann schwamm er mit kräftigen Arm- und Beinbewegungen auf die felsige Küste zu. Im Hochgefühl seiner gelungenen Flucht fühlte er sich prächtig. Das einzige, was ihm Sorgen bereitete, war die Absicht der Piraten, die „Hornet“ und die „Fidelity“ zu kapern. Doch dann schüttelte er diesen Gedanken erst einmal ab. Er mußte an das Näherliegende denken, und das war seine Flucht.

      Er war froh, daß er die Axt behalten hatte. Wenn sie ihn auch immer noch beim Schwimmen behinderte, vermittelte sie ihm doch ein Gefühl der Sicherheit. Wenn er weiteren Piraten von den versenkten Schiffen an Land begegnete, konnte er sich wenigstens zur Wehr setzen.

      Er landete in einer kleinen felsigen Bucht, und als er einen Blick hoch warf, stellte er fest, daß er sich einen ziemlich ungünstigen Ort ausgesucht hatte.

      Die Felsen stiegen steil auf. Nirgendwo entdeckte er einen Pfad oder wenigstens ein schmales Felsband, über das er die Felswand erklettern konnte.

      Er fluchte unterdrückt, daß er nicht schon vom Wasser aus darauf geachtet hatte, an einer günstigeren Stelle an Land zu schwimmen.

      Er kletterte über die scharfgratigen Felsen, die ins Meer ragten, um vielleicht in der daneben liegenden Bucht eine bessere Möglichkeit zu finden, die Steilwand der Küste zu erklimmen. Er riß sich die Hände an den Felsen auf, aber einen Erfolg konnte er nicht verbuchen. Auch in der nächsten kleinen Bucht war die Felswand steil und glatt.

      Es nutzt alles nichts, dachte Ferris. Irgendwo in der Wand werde ich schon Halt finden.

      Er ging auf die Steilwand zu und sah, daß er mit seiner Vermutung recht hatte. Er dachte an einen der Franzosen von der „Mercure“, der aus Grenoble stammte und schon oft in den Bergen der Alpen herumgeklettert war. Der Mann hatte ihm erzählt, daß Felswände nur von weitem glatt aussehen. Es gäbe überall Risse und Spalten, an die man sich klammern könne.

      Seine Hände schmerzten zwar, aber er biß die Zähne zusammen. Mitten in der Wand verschnaufte er und blickte zurück aufs Meer. Weit im Osten konnte er die kleinen Punkte der Piratenboote erkennen.

      Die hole ich nie wieder ein, dachte er wütend und setzte seine Kletterei fort.

      Dann hatte er den Rand des Steilhanges erreicht. Als er den Kopf über den Rand schob, kriegte er einen gewaltigen Schrecken.

      Zwei große braune Augen starrten ihn aus einem länglichen grauen Gesicht an. Dann blähten sich die Nüstern, und ein lautes „Määäh“ dröhnte ihm in den Ohren.

      Hastig zog er sich hoch und sprang auf die Beine. Das Schaf glotzte ihn an. Er hörte das scharfe Gebell und zog seine Axt aus dem Gürtel. Ein Collie hetzte auf ihn zu und kläffte ihn wütend an. Der Hund jagte das Schaf zurück zur Herde, dann kehrte er um und blieb knurrend und lauernd vor Ferris stehen.

      Ein schriller Pfiff rief ihn zurück.

      Ferris sah hinter der Herde einen Mann. Er hob die Hände zum Gruß. Der Mann erwiderte die Geste, und Ferris ging zu ihm hinüber. Er wurde von dem Schäfer mißtrauisch betrachtet. Immer wieder glitt der Blick des Bretonen zu Ferris’ Axt, die er zurück in den Gürtel gesteckt hatte.

      Mit Händen und Füßen versuchte Ferris, dem Mann zu erklären, was ihm geschehen war, aber der verstand nur Brathering. Auf einmal ging jedoch ein Leuchten über sein Gesicht, und zwar, als Ferris auf Englisch zu fluchen begann.

      Er wies mit ausgestrecktem Arm nach Osten.

      „Anglais! Anglais!“ rief er immer wieder.

      Engländer? dachte Ferris. Hatte der Kerl die beiden Galeonen in der Bucht von Sillon de Talbert gesehen und sie als englische Schiffe erkannt?

      „Bateau?“ fragte Ferris.

      Der Bretone schüttelte den Kopf.

      „Hommes anglais“, sagte er. Seine Aussprache war fürchterlich. Wahrscheinlich sprach er noch weniger Französisch als Ferris, wie die meisten Bretonen.

      Englische Männer, dachte Ferris. Mein Gott, meinte er vielleicht Hasard und seine anderen Kameraden? Waren sie der Fährte der Piraten gefolgt, um ihn zu befreien?

      „Wo?“ stieß er auf Französisch hervor. „Wie viele Stunden?“ Er hielt dem Schäfer seine rechte Hand entgegen, damit dieser ihm an seinen Fingern die Anzahl der Stunden zeigen konnte, vor denen er die Engländer gesehen hatte.

      Der Bretone bog den Zeigefinger von Ferris, und der verstand. Er hätte am liebsten vor Begeisterung laut gebrüllt. Eine halbe Stunde vor ihm!

      „Merci!“ rief er und begann schon zu laufen. Die Aussicht, seine Kameraden so bald schon wiederzusehen, verlieh ihm neue Kräfte. Mit weitausholenden Schritten brachte er die beiden ersten Meilen hinter sich, aber als er dann immer noch nichts von Hasard und den anderen sah, begann er unterdrückt zu fluchen.

      Dann dachte er daran, daß Hasard vielleicht in dem Fischerdorf erfahren hatte, daß die Piraten mit den Booten ostwärts aus der Bucht gesegelt waren, und er hatte sich denken müssen, was sie im Schilde führten. Also hatte Hasard ein höllisches Tempo vorgelegt, um noch rechtzeitig in der Bucht von Sillon de Talbert aufzutauchen, bevor die Piraten Ben Brighton oder George Baxter überraschen konnten.

      Ferris begann zu laufen. Das Seitenstechen brachte ihn fast um, aber dann war es von einem Moment zum anderen verschwunden. Er spürte seine Füße schon nicht mehr, als er endlich weit vor sich ein paar Punkte sah.

      Keuchend blieb er stehen und starrte hinüber. Kein Zweifel, das mußte eine Gruppe von Männern sein. Ferris schätzte sie auf ungefähr zwanzig.

      Das können sie sein, wenn Terry und seine Leute bei Hasard sind, dachte er.

      Er begann wieder zu laufen, bis ihm die Zunge heraushing. Sein breiter Brustkasten hob und senkte sich unter heftigen Atemzügen. Er wollte brüllen, aber er hatte sich so sehr verausgabt, daß er nur noch ein heiseres Krächzen hervorbrachte.

      Dann erkannte er, daß die Männer stehengeblieben waren. Einer von ihnen fuchtelte mit den Armen, und dann lief ihm jemand entgegen.

      Hölle und Haferbrei! dachte Ferris Tucker erleichtert. Endlich haben die verdammten Kerle mich bemerkt!

      Er setzte sich wieder in Bewegung. Die ersten Schritte ging er wie auf Eiern, dann taumelte er Dan O’Flynn entgegen, der ihn mit seinen Adleraugen als erster erkannt hatte.

      „Ferris, verdammt!“ brüllte Dan ihm entgegen. „Wie bist du den Teufeln entwischt?“

      Ferris Tucker wartete, bis Dan bei ihm war und ihm den Arm unter die Achsel schob, um ihn zu stützen.

      „Keine langen Reden jetzt“, sagte er keuchend. „Bring mich zu Hasard. Ich hab ihm eine Menge zu erzählen.“

      Er sah die Freude in den Augen seiner Kameraden, als sie ihn lebend wiedersahen, und es tat seinem Herzen wohl. Doch dann berichtete er Hasard, was die Piraten planten, und ihre Gesichter wurden wieder ernst.

      „Wir müssen die ganze Nacht durchmarschieren“, sagte Hasard schließlich gepreßt. „Dennoch werden wir die Bucht nicht vor dem Morgengrauen erreichen.“

      „Können wir Ben und Baxter nicht mit einem Musketenschuß warnen?“ fragte Carberry grollend.

      Hasard schüttelte den Kopf.

      „Jeder in die Luft abgefeuerte Schuß würde sie nur irritieren“, erwiderte er. „Woher sollen sie wissen, daß wir sie