Seewölfe Paket 10. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394999
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Dann deutete er auf Sinona.

      „Das ist der Kapitän. Bindet ihn an den Fockmast. Die anderen Kerle verschwinden in der Vorpiek.“

      „Alle?“ fragte Ed.

      „Alle, bis auf den Kapitän. Dem werden wir noch eine kleine Predigt halten.“

      „Soll er ausgepeitscht werden, Sir?“

      Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Nein, das nicht. Wir werden die Burschen noch einfangen, die an Land herumstehen und nicht wissen, was sie tun sollen. Danach werden wir die gesamte Clique auf der benachbarten Insel aussetzen, damit sie hier kein Unheil mehr anrichten. Allerdings nehmen wir ihr Boot mit, damit sie keine Möglichkeit haben, zu verschwinden. Und nun packt die Burschen und bringt sie nach vorn. Zwei Mann werden sie bewachen, Smoky und Stenmark. Wie viele sind es?“

      „Neunzehn, Sir. Einer ist noch unterwegs und sucht sein Ohr, das er verloren hat.“

      „Sein Ohr?“ fragte Hasard.

      „Naja, da war angeblich ein goldener Ring drin, nur deshalb. Er ist schon fast am Strand, also wird er es auch finden.“

      Viele der Spanier waren wieder auf den Beinen, aber sie sahen aus, als wären sie in Windmühlenflügel geraten. Einigen schwollen die Gesichter an, andere blinzelten ängstlich aus zugeschlagenen Augen, und wieder andere hielten sich die Hände über den Schädel.

      Der Profos musterte sie gallig.

      „Wie kann man bei solch herrlichem Wetter nur an Kopfschmerzen leiden, ihr Hosenscheißer“, sagte er. „Oder waren euch eure Helme zu eng, was, wie?“

      Sie zuckten vor ihm zurück, denn schließlich hatten viele am eigenen Leib erfahren, wie dieser Narbenmann mit dem gewaltigen Amboßkinn mit ihnen umsprang. Und wenn er die Augen zusammenkniff und die Hände in die Hüften stemmte, dann sah er so aus, als fresse er täglich einen Spanier nach dem anderen.

      Immer noch nahmen sie an, daß es Landsleute waren, aber einer war dabei, der dem Braten nicht mehr so richtig traute, denn er hatte in dem Kampfgetümmel ein paar englische Worte vernommen, und jetzt wußte er überhaupt nicht mehr, was hier gespielt wurde.

      Die Spanier wurden in die Vorpiek getrieben. Sie hatten ängstliche Gesichter und gehorchten jedem Wort, das Smoky oder Stenmark sagte.

      Als sie alle verschwunden waren, band Ferris Tucker den Kapitän an den Mast. Dann goß er ihm einen Eimer Wasser über den Schädel, bis Sinona endlich die Augen aufschlug und verwirrt um sich blickte.

      Er brauchte noch ein paar Minuten, ehe er wieder klar denken konnte. Er blickte auf die Kuhl, sah keinen einzigen von seinen Leuten und war sicher, daß er jetzt zumindest ausgepeitscht oder aber gar gefoltert werden würde.

      Mit einem Schrei auf den Lippen versuchte er, sich loszureißen, doch die Stricke saßen fest.

      „Nun, mein lieber Sinona“, sagte Hasard freundlich. „Jetzt hat sich der Wind wieder gedreht, und Sie werden merken, daß ich auch weiterhin das Kommando habe. Halten Sie den Mund“, sagte er, als Sinona etwas erwidern wollte. „Sie antworten nur, wenn ich Sie frage, und dann antworten Sie ehrlich!“

      „Sinona heißt der Kerl“, sagte der Profos zu Ben Brighton. „Das wird sicher ein Halbbruder von Medina Sidonia sein, was den Namen betrifft, oder ein abgebrochener Enkel.“

      „Sie sprachen von einer Insel, die Sie irrtümlich anliefen“, fuhr Hasard fort, ohne die Worte des Profos zu beachten. „Wie groß ist diese Insel, und wie weit ist sie entfernt?“

      „Nur ein paar Stunden“, sagte der Spanier. Immer noch stand nackte Angst in seinem Gesicht. „Sie ist nicht sehr groß, es lebten nur ein Dutzend Eingeborene dort.“

      „Lebten?“ fragte Hasard gefährlich leise. „Heißt das, sie leben jetzt nicht mehr?“

      „Sie flüchteten, als wir die Insel anliefen.“

      „Das werde ich überprüfen“, versprach Hasard. „Sie haben natürlich alles plündern lassen, nicht wahr?“

      Sinona wand sich unbehaglich in seinen Stricken.

      „Meine Leute haben ein paar Nüsse mitgenommen – und eine Handvoll Hühner, die da herumflatterten.“

      Hasard sah den Kerl voller Verachtung an.

      „So wie ich Sie einschätze, haben Sie alles zerstört. Wahrscheinlich selbst die armseligen Hütten der Insulaner. Ist das richtig?“

      „Meine Leute“, sagte Sinona lahm, „ich habe es nicht gesehen.“

      Er versuchte, dem Seewolf in die Augen zu blicken, aber er schaffte es nicht, er hielt dem Blick nicht stand.

      „Wir sind doch Landsleute“, sagte er sehr leise. „Wir können uns doch nicht gegenseitig behindern, nur weil ein paar Insulaner …“

      Verwirrt sah er sich um, blickte von einem zum anderen und sah in harte, abweisende Gesichter.

      Da versetzte Hasard ihm den nächsten Schlag.

      „Landsleute?“ höhnte er. „Mein lieber Sinona, Sie befinden sich an Bord einer englischen Galeone. Hier gibt es nur die Spanier an Bord, die eben Prügel bezogen haben.“

      Er ließ die Worte wirken und sah den Spanier unverwandt an.

      Sinonas Lippen bewegten sich, seine Augen irrten hin und her, er wollte es nicht glauben, andererseits war an den Worten des schwarzhaarigen Mannes nicht zu zweifeln, der hatte nicht den geringsten Grund, ihm etwas vorzulügen.

      Sein Gesicht nahm eine ungesunde graue Farbe an. Dann schoß ihm eine Blutwelle über das Gesicht, und er begann zu würgen.

      „Das ist nicht wahr, Senor.“

      Er zitterte so stark, daß er nicht weitersprechen konnte. Der Gedanke, der ihn überfiel, war so ungeheuerlich, daß er ihn nicht zu Ende denken mochte.

      „Engländer“, wiederholte er tonlos nach einer Ewigkeit. „Das Schiff heißt ‚Isabella‘ und Sie – Sie sind …“

      „El Lobo del Mar“, sagte der Profos grinsend. „Der Seewolf, du Rübenschwein, jener Seewolf, der eurer Allerkatholischsten Majestät immer wieder zu Magenschmerzen verhilft und euch Affenärschen die Haut abzieht. Und jetzt reiß nicht gleich den Mast aus dem Kielschwein, du verlauste Wanderratte.“

      Selten hatten die Seewölfe eine derartige Betroffenheit im Gesicht eines Mannes gesehen, wie es hier der Fall war.

      Sinona bäumte sich auf, und es sah wirklich so aus, als wollte er vor lauter Angst den Mast aus dem Kielschwein reißen.

      „Dann werden wir alle hängen“, murmelte er mit zuckenden Lippen. „Wir sind verloren.“

      „Sie sind verloren“, wiederholte Hasard. „Verlorene der Meere, Verdammte der Inseln. Haben Sie schon Brotfruchtpflanzen ausgraben lassen?“

      „Bevor wir Ihr Schiff sahen“, hauchte der Kapitän entnervt. „Aber nur ein paar, wir wollten noch warten.“

      „Dann werden Sie sämtliche Pflanzen wieder an Ort und Stelle eingraben, und zwar Sie persönlich, und mein Profos wird dabeistehen und die Arbeit überwachen. Sie sind mir für jede einzelne Pflanze persönlich verantwortlich. Haben Sie das begriffen?“

      „Ja“, kam es kläglich über Sinonas Lippen. „Ich werde alles tun, bevor Sie mich hängen.“

      „Das würde ich Ihnen auch empfehlen. Mit einem guten Gewissen hängt es sich viel ruhiger“, sagte Hasard.

      Sinona rang sich zu einem Entschluß durch. Er zitterte immer noch sehr stark, und sein Blick irrte hin und her.

      „Würden Sie mir Pardon gewähren, Senor?“ fragte er bebend.

      „Das Wort kenne ich nicht. Es fehlt in meinem Sprachschatz.“

      „Ich weiß“, murmelte der Spanier. „Ich weiß es, aber ich habe Angst um mein