Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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unter sich zu sein.

      Es hieß allerdings, daß die Kaffeehäuser den ganzen Tag über geöffnet wären und auch besucht würden. Während der früheren Tagesstunden mußten es dann die privilegierten Schichten sein, die es sich leisten konnten, ihre Tätigkeit für einen Kaffee zu unterbrechen.

      Hasard und Don Juan sahen sich nach einem geeigneten Platz um. Die Männer hockten auf kissenartigen Lederpolstern, rings um flache Tische, auf denen neben den dampfenden Tassen auch Krüge mit klarem Wasser standen. Zwischen zwei Tassen Kaffee nahm man ein paar Schlucke Wasser zu sich, wohl, um den Geschmack zu neutralisieren.

      Ein Servierjunge, dessen Tablett geleert war, winkte den Seewolf und den Spanier hinter sich her. Mit selbstbewußt erhobenem Kopf führte er sie zu einem Tisch in der Nähe der Hintertür.

      Hasard und Don Juan setzten sich so, daß sie den Raum überblicken konnten. Der Junge entschwand, war jedoch in Sekundenschnelle wieder da – mit gefülltem Tablett, das er geschickt balancierte. Er stellte Tassen, aus denen es brühheiß dampfte, auf den Tisch, dazu saubere Gläser für das Wasser. Das Tablett mit weiteren Kaffeetassen auf der linken Handfläche balancierend, überprüfte er den Inhalt des Krugs.

      Hasard winkte den Jungen zu sich, bevor er davoneilen konnte. „Verstehst du unsere Sprache?“

      „Verstehen viel – sprechen bißchen“, radebrechte der Kleine.

      Der Seewolf drückte ihm eine Silbermünze in die Hand.

      „Wir suchen jemanden, mit dem wir über Kemal Yildiz sprechen können“, erklärte Hasard. „Für gute Informationen bezahlen wir einen guten Preis.“

      Der Junge ließ die Worte in sich nachklingen. Dann nickte er.

      „Warten hier“, sagte er. „Wird Mann kommen.“

      Gleich darauf tauchte der Kleine mit seinem Tablett im Gewühl unter. Hasard und Don Juan sahen ihn noch ein- oder zweimal, wie er volle Tassen austeilte und leere einsammelte, ohne dabei das Tablett auch nur einmal aus der Balance zu verlieren.

      Die beiden Männer von der Dubas schlürften den Kaffee in vorsichtigen Schlucken, wie es die Türken taten. Der heiße Trank war bitter, aber sie spürten doch jenes unvergleichliche Aroma, das dieses Gebräu erst bei den Ägyptern und dann beiden Türken so beliebt hatte werden lassen.

      „Man muß positiv eingestimmt sein“, sagte Don Juan. „Wenn man von vornherein eine Abneigung gegen den Kaffee hat, wird er einem auch nicht schmecken.“

      Hasard nickte. „So würde es den Türken wahrscheinlich ergehen, wenn sie unser englisches Bier trinken sollten.“

      „Was sie nicht dürfen. Der Koran verbietet es ihnen.“

      „Der Koran hat keine Ahnung, was englisches Bier ist“, sagte Hasard grinsend. „Mohammed hat den Wein verboten, wenn ich mich nicht irre. Aber von Bier hatte er bestimmt noch nie etwas gehört, als er seine Prophezeiungen aufschrieb.“

      „Vom Kaffee auch nicht“, sagte Don Juan lächelnd. „Ich habe gelesen, daß sich die Schriftgelehrten des Islam den Kopf darüber zerbrochen haben, ob sie dem Volk den Kaffee erlauben sollten oder nicht. Irgendwann müssen sie festgestellt haben, daß das schwarze Zeug keine so schlimme Wirkung wie Wein hat.“

      „Ich denke, wir wissen es besser“, entgegnete Hasard, immer noch grinsend. „Wer mit Wein und Bier umzugehen weiß, hat viel mehr davon als jene, die das Zeug sinnlos in sich hineinkippen.“

      „Vom karibischen Rum ganz zu schweigen.“

      „Und vom Wasser des Lebens.“

      „Was soll denn das nun schon wieder sein?“

      Hasard lachte. Die besonderen Erfahrungen, die die Arwenacks mit dem dänischen Schnaps gesammelt hatten, lagen vor jener Zeit, in der Don Juan zu ihnen gestoßen war.

      „Die Dänen nennen es Aquavit“, sagte der Seewolf.

      Don Juan nickte verstehend. „Aqua, das Wasser, Vita, das Leben. Die Iren haben allerdings auch ein Wasser des Lebens. Uisge Beatha, Gälisch für Whisky.“

      „Donnerwetter“, sagte Hasard beeindruckt. „Deine Kenntnisse sind enorm.“

      „Überhaupt kein Wunder“, entgegnete Don Juan abwehrend. „Vergiß nicht, daß Spanien seit Generationen Handelsbeziehungen mit dem Westen Irlands pflegt. Im Hafen von Galway wirst du mehr spanische als englische Schiffe sehen.“

      „Stimmt. Mit Galway haben wir unsere besonderen Erfahrungen.“ Hasard ging nicht weiter darauf ein, denn ein Mann näherte sich ihrem Tisch. Die Abenteuer, die Hasard und die Arwenacks im irischen Rebellenland bei Galway erlebt hatten, lagen ohnehin schon Jahre zurück.

      Der Mann, seiner Kleidung nach ein Türke, verneigte sich vor dem Tisch.

      „Ich bitte um Erlaubnis, Sie anzusprechen, Gentlemen“, sagte er in hart rollendem Englisch und verneigte sich dazu. „Mein Name ist Ahmet Ezgin. Ich habe erfahren, daß Sie an gewissen Informationen interessiert seien.“

      „So ist es“, antwortete der Seewolf. „Bitte setzen Sie sich zu uns, damit wir darüber reden können.“

      Ezgin, ein schlanker Mann mit gepflegtem Spitzbart, folgte der Aufforderung. Er lächelte dankbar, als Don Juan ihm unter dem Tisch die ersten Silbermünzen reichte. Ezgin ließ die Münzen geschickt unter seiner Kleidung verschwinden.

      Unvermittelt tauchte der Servierjunge wieder auf und brachte frischen Kaffee. Gleich danach verschwand er erneut im Gewühl des von Palaver erfüllten Raumes. Die Männer brauchten keine Sorge zu haben, daß man am Nebentisch auch nur Wortfetzen ihres Gesprächs mithörte. Jeder führte seine Unterhaltung lautstark, so daß sich nur unmittelbare Sitznachbarn untereinander verstehen konnten.

      „Sie wissen, es handelt sich um Kemal Yildiz“, sagte Don Juan. „Wir möchten mehr über ihn erfahren.“

      Ahmet Ezgin lächelte kaum merklich. „Er hatte eine Verabredung mit Ihnen, nicht wahr? An Bord Ihres Schiffes. Auf dem Weg dorthin wurde er umgebracht.“

      „Sie sind gut informiert“, sagte Hasard.

      „An guten Informationen sind Sie interessiert“, entgegnete der Türke. „Wenn ich sie nicht liefern könnte, würde ich mich nicht erdreisten, Ihnen meine Dienste anzubieten.“

      „Ein vernünftiger Grundsatz.“ Der Seewolf schlürfte von seinem Kaffee und beugte sich vor. „Was für ein Mann war Yildiz? Wer waren seine Feinde? Und warum mußte er sterben?“

      „Über die letzte Frage gibt es nur Vermutungen“, erwiderte Ezgin. „Wenn ich Ihnen darüber Auskunft geben könnte, wäre ich schlauer als alle amtlichen Organe, die sich mit dem Fall zu befassen haben. Sie werden sich lange damit befassen, und am Ende verläuft die ganze Angelegenheit im Sande, wenn niemand mehr darüber spricht. So viel vorweg zum Offiziellen.“

      „Yildiz wollte über uns Handelsbeziehungen mit England anknüpfen“, sagte Don Juan. „Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt für Sie.“

      „Haargenau“, erwiderte Ezgin und setzte seine Kaffeetasse ab. „Kemal Yildiz war für seine ungewöhnliche Denkweise bekannt. Daß er zu den reichsten Kaufleuten von Istanbul gehörte, brauche ich nicht extra zu betonen. Kein anderer Kaufherr würde aber auf die Idee verfallen, mit – Verzeihung – Ungläubigen Handelskontakte anzustreben. So etwas, würden sie sagen, konnte sich nur Yildiz leisten. Es paßte zu seiner merkwürdigen Einstellung – genauso, wie er einen Teil seines Barvermögens für mildtätige Zwecke zur Verfügung stellte. Deswegen hat er sich allerdings wohl die meisten Feinde geschaffen.“

      „Erklären Sie das genauer“, bat der Seewolf und leerte seine Tasse.

      „Die Armut in Istanbul ist groß“, sagte Ezgin. „Noch bedenklicher erscheint verantwortungsbewußten Männern wie Kemal Yildiz die Kluft zwischen arm und reich, die immer größer wird. Die Gegenseite im Lager der Reichen hält es für das beste Mittel, den Pöbel mit Gewaltmaßnahmen zu unterdrücken.