Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
Скачать книгу
denen ich mitleide, jawohl! Schon wenn ich mir Eds Auge ansehe, beginnt mein Leiden. Ein einziges Leiden ist mein Leben. Jeden Tag fällt ein Blessierter an, dessen Schmerzen auch meine Schmerzen sind. Und hat er sein Auge verloren, dann fehlt es auch mir …“

      „Du gehst mir auf den Geist!“ fauchte der Kutscher. „Du – du Leidender! Statt Feldscher und Koch hättest du Heulsuse werden sollen, du Saufaus! Der Kapitän wartet auf den Bericht der beiden, verdammt noch mal! Wo sind wir hier eigentlich, he?“

      „So wird man verkannt“, sagte Mac Pellew mit seiner Saure-Gurken-Miene. „So wird unsereiner in den Tod getrieben, bis man freiwillig nach dem Strick greift, um dahinzuscheiden …“

      „Das kannst du hinterher erledigen“, sagte der Kutscher grob. „Aber paß auf, daß der Strick nicht reißt. Ich werd Will Thorne Bescheid sagen, daß er dir einen guten gibt. Am besten hängst du dich an der Großrah auf, damit auch alle sehen, was da für ein Idiot dahingeschieden ist. So ein verdammter Scheiß!“ Und der Kutscher fluchte derart, daß sogar Carberry die Ohren spitzte und sich wunderte. Und als der Kutscher dann nach der Kruke griff und kräftig einen weggurgelte, wunderte er sich noch mehr.

      Was der nur hatte?

      „Laß mal sehen, Ed“, sagte der Kutscher und rülpste. „Leg den Kopf ins Genick. Mac, leuchte mal!“

      Mac nahm die Lampe mit der starken Blende und leuchtete Carberry an, während der Kutscher Ober- und Unterlid auseinanderdrückte.

      „Auge reagiert auf Licht“, sagte der Kutscher sachlich, atmete aber erleichtert aus.

      „Und was heißt das?“ fragte Carberry leicht beklommen.

      „Das heißt“, sagte der Kutscher, „daß wir weiter mit einem zweiäugigen Profos zur See fahren werden, keinem einäugigen!“

      „Arwenack!“ grölte der Profos und sprang auf. Er nahm den Kutscher einfach in die Arme und tanzte mit ihm durch den Krankenraum.

      Der Kutscher fühlte sich an der breiten Profos-Brust sehr geborgen, auch wenn ihn der Profos wild durch die Gegend schwenkte.

      Dann klopfte er an der Brust an und schrie: „Langsam, Ed, ich muß dir aber über dem Auge noch einen Verband anlegen!“

      „Tu das, Kutscherlein, tu das!“ röhrte der Profos. „Aber laß uns erst einen gluckern, mein Junge!“

      Und sie gluckerten mehrere – alle, auch Mac Pellew, der keineswegs den Eindruck erweckte, demnächst „dahinscheiden“ zu wollen. Bewahre!

      Carberrys Bombe auf dem linken Auge wurde mit einer Kräutersalbe bestrichen und mit einem sauberen Verband überdeckt. Der Verband veränderte ihn gewaltig, aber zu seinem Vorteil. Dieses blau-schwarz schillernde, fürchterliche Ding verschwand darunter, und er sah aus wie ein tapferer Kriegersmann, der fürs Vaterland den Kopf hingehalten hatte.

      Auch Eike und der Boston-Mann wurden gesalbt, ein Verband erübrigte sich, vor allem beim Boston-Mann, aber auch bei Eike, dem der Kutscher ja nicht den Mund zupflastern konnte, den er, wie jetzt, zum „Gluckern“ brauchte.

      Die Kruke schafften sie spielend, diese fünf Kerle.

      Als Mac noch eine holen wollte, erschien Dan O’Flynn und sagte grinsend, daß er es sehr bedaure, stören zu müssen, aber der Kapitän erwarte sie in der Messe.

      „Seit einer Stunde seid ihr im Gange“, sagte er und peilte auf die Kruke. „Habt ihr sie geschafft?“

      „War Befehl des Kapitäns“, sagte Mac Pellew und hatte Schluckauf.

      „Weiß ich“, sagte Dan. „Ich wundere mich nur, daß ihr nicht gleich ein ganzes Faß genommen habt.“

      Mac Pellew klatschte sich die Hand vor die Stirn. „Ich Idiot!“

      „Sag ich doch“, erklärte der Kutscher grinsend.

      „Na, da seid ihr ja endlich“, sagte Hasard, als die fünf Männer, betont steif, in die Messe stelzten und Platz nahmen, als gelte es, jetzt ein frommes Lied zu singen und den Herrn zu loben. Dabei hatten sie alle sehr blanke Augen – Carberry natürlich nur eins – und gerötete Gesichter.

      „Sir“, sagte Carberry und versuchte, gemessen dreinzuschauen, „wir haben deinen Befehl befolgt und uns an dem Wässerchen aus Bornholm gestärkt …“

      „Hicks!“ äußerte sich Mac Pellew.

      „Mäßige dich, Mac“, sagte Carberry und warf ihm einen einäugigen scharfen Blick zu. Und entschuldigend sagte er zu Hasard: „Er teilte uns mit, daß er sehr viel leiden müsse, angesichts unserer Blessuren, wegen denen er außerordentlicher Stärkungen bedürfe.“ Er redete genauso gestelzt, wie er in die Messe marschiert war, der alte Carberry. Und so fuhr er auch fort: „In Anbetracht seiner Leiden, so teilte uns Mac mit …“

      „Hicks!“

      Carberry runzelte unter dem Verband die Stirn. „… teilte uns Mac mit, daß er in den Tod getrieben werde, behufs dessen er nach dem Strick greifen werde, um dahinzuscheiden, welchselbiges wir verhindern konnten, indem wir ihm weitere Stärkungen zuteil werden ließen.“

      „Aha“, sagte Hasard. „Ich finde, das war eine gute Idee, Ed.“

      „Nicht wahr?“ Carberry nickte. „Darum mußt du entschuldigen, wenn er durch Schluckauf stört.“ Er linste seinen Kapitän an. „Meinst du, daß es ihm guttut, wenn wir ihm vielleicht noch weitere Stärkungen zuteil werden lassen, Sir?“

      „Du meinst, uns allen, Ed?“

      „Äh – so direkt wollte ich …“ Der Profos verhaspelte sich ein bißchen, fing sich aber wieder und sagte treuherzig: „Sir, das ist wirklich eine gute Idee von dir. Sicher wird uns allen eine Stärkung guttun, um allen Schicksalsschlägen gegenüber gewappnet zu sein.“

      Das waren zwar des Kutschers Worte, aber Carberry hatte sie in seinem Herzen bewegt und fand sie durchaus passend. Dabei ahnte er nicht, daß er tatsächlich weise Worte sprach und sie eine knappe Viertelstunde später wahrhaftig „der Stärkung bedurften“.

      „Mac, hol Wässerchen“, sagte Hasard lächelnd.

      „Ein Fäßchen, Sir?“ fragte Mac.

      Hasard blickte in die Runde. „Wer dagegen ist, möge die Hand heben. Ah, ich sehe, daß ist nicht der Fall, also wurde einstimmig beschlossen, daß Mac ein Fäßchen holt.“

      Mac flitzte davon.

      Die Arwenacks – bis auf den Posten Stelling waren alle versammelt, auch die Zwillinge – grinsten und tuschelten und freuten sich. Dabei waren sie alle gespannt, was Eike und der Boston-Mann berichten würden.

      Hasard sagte: „Das Wässerchen ist zwar wichtig, aber viel wichtiger erscheint mir die Frage, wie es deinem Auge geht, Ed.“

      Carberry senkte verschämt das rechte Auge und sagte: „Sir, ich bleibe euch erhalten. Der Kutscher hat in mein Auge geleuchtet und nachgeguckt. Ich weiß zwar nicht, was er da gesehen hat, aber er meinte, daß ich weiter als zweiäugiger Profos mit euch zur See fahren werde.“ Er schielte zum Kutscher. „Hast du doch gesagt, nicht?“

      „Alles klar“, sagte der Kutscher. Er hatte eine etwas schwere Zunge. Es klang wie „Alles-lar.“

      Hasard verbarg seine Heiterkeit. „Das ist eine feine Nachricht. Außerdem siehst du mit dem Verband prächtig aus, Ed.“ Er schaute wieder zum Kutscher: „Und was ist mit Eike und dem Boston-Mann?“

      „Auch alles klar“, sagte der Kutscher und nuschelte genauso wie Eike. „Nur muß ich darauf hinweisen, daß Eike Sprechschwierigkeiten hat, so daß es geraten erscheint, ihn tunlichst vom Sprechen – äh – zu beurlauben, damit seine Lippen der Ruhe pflegen können …“ Er verstummte irritiert, weil Old O’Flynn ziemlich laut kicherte. Dann sagte er pikiert: „Wüßte nicht, was es da zu kichern gibt, Mister O’Flynn!“

      Breit grinsend erklärte Old O’Flynn: „Ich