Außerdem ließ sich der Feind im offenen Gelände viel leichter einschätzen, als zwischen den unübersichtlichen Klippen, wo hinter jeder Felsnase ein neuer Gegner lauern konnte.
Daß Arkana mit ihrem Ausweichen zum Strand genau das Richtige getan hatte, erkannte sie an dem unartikulierten Wutschrei, den die Negerin ausstieß und an dem wilden Gebrüll, in das ihre Kerle jetzt verfielen.
Arkana und ihre Kriegerinnen erreichten den Strand. Es gelang ihnen, als Deckung eine der Palmengruppen zu erreichen, mit denen der ganze Strand bestanden war.
Nur Augenblicke später erreichten auch die Negerin, ihr Unterführer und die anderen Kerle ihres Trupps den Strand. Verblüfft blieben sie stehen, als sie Arkana und ihre Schlangenkriegerinnen gewahrten, die sich bereits zum Kampf formiert hatten. Das Schlangendiadem in Arkanas schwarzem Haar funkelte in der Sonne, auch ihre goldenen Armreifen, ebenfalls Nachbildungen von sich um die Unterarme Arkanas ringelnden Schlangen, blitzten in den Strahlen der noch tief stehenden Sonne.
Die Schwarze starrte Arkana an. Dann aber schritt sie auf Arkana zu. Ihre Männer, die ihre Waffen bereits kampfbereit in den Fäusten hielten, stoppte sie mit einer einzigen knappen Handbewegung. Auch Caligula, ihr Unterführer, blieb zurück und beobachtete die Szene mit wachsamen Blicken, ließ aber die Schlangenkriegerinnen dabei nicht aus den Augen.
Arkana ging der Schwarzen mit der gleichen Furchtlosigkeit entgegen. Auch ihre Schlangenkriegerinnen, die Waffen in den Händen und jederzeit bereit, sich gegen diesen übermächtigen Gegner bis zum letzten Blutstropfen zur Wehr zu setzen, verhielten sich still. Sie beobachteten den so plötzlich und völlig unerwartet erschienenen Feind aus wachsamen Augen. Die Luft über der Bucht schien vor Spannung zu knistern. Jeder wußte, daß es ein erbarmungsloser, tödlicher Kampf werden würde, falls eine der beiden Seiten die Feindseligkeiten eröffnete.
Dicht voreinander blieben die beiden Frauen stehen. Braunhäutig, schlank, hochgewachsen und biegsam die eine – pechschwarz, muskulös und im ganzen herkulisch gewachsen die andere. Eine ganze Weile musterten sie sich schweigend – dann brach die Schwarze das Schweigen.
„Man nennt mich die ‚Black Queen‘ – was hast du in meinem Herrschaftsbereich zu suchen, und wer bist du?“
Arkana zuckte mit keiner Wimper.
„Wir stammen aus einem Land, das weit von hier im Süden liegt. Die Meere sind für jedermann frei“, sagte sie stolz. Sie vermied es zu lügen, aber sie verschwieg natürlich auch die Wahrheit. „Wenn du uns die Meere streitig machen willst, dann wirst du kämpfen müssen, Black Queen. Mein Volk ist daran gewöhnt, zu kämpfen.“
Die Black Queen musterte Arkana erneut.
„Deine Zunge ist stolz. Du sprichst von deinem Volk. Besteht dein Volk nur aus Weibern? Wo sind deine Krieger?“
Wieder rührte sich Arkana nicht.
„Mein Volk hat mehr Krieger als du zählen kannst“, erwiderte sie. „Sie werden kommen, wenn ich es will. Aber bei uns verstehen auch die Mädchen und Frauen zu kämpfen, so wie du es offenbar auch verstehst. Falls du uns angreifst, wirst du es bald erfahren. Aber üblich ist es bei meinem Volk, daß man Schiffbrüchigen Hilfe leistet, anstatt sie zu überfallen und zu bedrohen. Entscheide dich, Black Queen!“
Die Black Queen deutete mit einer Kopfbewegung auf die „Mocha II.“, die unweit von ihnen, aber halb im Wasser der Bucht, auf den scharfen Klippen hing.
„Das Schiff dort spricht nicht für dein Volk. Es ist alt, schwach bewaffnet und morsch. Und wenn dein Volk Hunderte solcher Schiffe hätte, damit könntest du mir keine Furcht einjagen. Aber wenn du so stolz bist, wie du tust, warum verschweigst du mir dann deinen Namen?“
Arkana blitzte die Schwarze an.
„Ich bin Arkana, die Hohepriesterin der Araukaner. Du wirst die Macht unseres Gottes zu spüren kriegen, denn er beschützt uns. Und jetzt entscheide dich. Wählst du den Frieden oder den Krieg?“
„Ich wähle den Kampf, denn für uns beide ist kein Platz in der Karibik. Noch nie hat jemand die Black Queen besiegt, und auch dir wird es nicht gelingen …“
Bei den letzten Worten stürzte sich die Schwarze auf Arkana. Ihr schweres Entermesser zuckte vor, aber es stieß ins Leere. Arkana war gedankenschnell zur Seite gewichen, und ihr Kriegsbeil, das sie blitzschnell aus dem Gürtel gerissen hatte, verfehlte die Black Queen nur knapp.
Neben und hinter ihnen wurde jetzt das Gebrüll der Piraten laut, die sich mit gierigen Blicken auf die Schlangenkriegerinnen stürzten.
Aber sie holten sich beim ersten Anlauf blutige Nasen. Wann immer sie eine der Schlangenkriegerinnen zu packen glaubten, griffen sie ins Leere. Die Streitäxte der Kriegerinnen rissen blutige Wunden, und dann lagen auch schon die ersten Toten im weichen Sand des Strandes.
Der Kampf wogte hin und her. Wieder und wieder versuchten die Piraten von ihren Pistolen Gebrauch zu machen, aber zu ihrer größten Wut versagte das feuchte Pulver ihnen den Dienst. So wurde es ein wilder Kampf Mann gegen Kriegerin, und auch Caligula, der riesige Unterführer der Black Queen, mußte verwirrt erkennen, wie hartnäckig diese kleine Gruppe von Schlangenkriegerinnen allen Versuchen der Piraten energischen Widerstand entgegensetzte, sie ins Wasser der Bucht oder aber zwischen die Felsen zu drängen.
Die Luft war erfüllt vom Gebrüll der Piraten, während Arkanas Kriegerinnen lautlos kämpften. Ihre Streitäxte wirbelten, ihre Messer blitzten, und manch einer der Angreifer sank blutüberströmt in den Sand der Bucht.
Zwischen Arkana und der Black Queen tobte der Kampf mit einer Heftigkeit, wie auch Arkana ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Sie spürte, eine wie gefährliche und unberechenbare Gegnerin diese Schwarze war, aber immer wieder gelang es ihr, die wilden Attacken der Queen zu unterlaufen, der sausenden Klinge ihres Entermessers auszuweichen.
Die Queen wurde mit jedem Hieb, mit jedem Angriff, der an den blitzschnellen Kontern der Schlangenpriesterin scheiterte, zorniger. Noch nie hatte es einen Gegner gegeben, der ihr so hartnäckig zu widerstehen verstand. Egal, was sie tat – diese Araukanerin war schneller. Und dann traf die Black Queen der erste Hieb der Streitaxt Arkanas. Sie spürte den Schmerz, der ihre Schulter durchzuckte, und sie spürte die Lähmung, die sich von ihrer linken Schulter über ihren Körper ausbreitete.
Die schwarzen Augen Arkanas tauchten vor ihr auf, während sich ihr eigenes Gesicht vor Schmerz verzog. Sie sah das Blitzen des Diadems, die grünen Augen der Schlange, die sie bösartig anzufunkeln schienen, und in diesem Moment traf sie der zweite Hieb.
Er hätte jeden Gegner gefällt, und auch die Black Queen taumelte unter der Wucht dieses Schlages. Sie fuhr sich über die Augen, um das Blut fortzuwischen, das ihren Blick verdunkelte.
Sie sah Arkana in diesem Moment nur noch als dunklen Schemen vor sich, der zurückzuckte und dann wieder auf sie zusprang. Aber da packte die Black Queen jener Zorn, den ihre Gegner kannten und den sie fürchteten. Er setzte geradezu unmenschliche Kräfte in ihr frei.
Mit einem wilden Satz warf sie sich Arkana entgegen. Sie sprang mitten in den Hieb, der schon auf sie herniedersauste und der ihr den Tod gebracht hätte.
Die Streitaxt Arkanas glitt an der Klinge des Entermessers ab, dann war die Black Queen über ihr, und ihre Hände, gespreizt wie die Krallen eines Leoparden, packten Arkana. Ihr Entermesser hatte sie fallen lassen.
Arkana brachte einen wilden und mit aller Kraft geführten Kopfstoß an, und er traf die Black Queen in den Leib.
Unter der Wucht dieses Stoßes ging die Black Queen in die Knie, aber sie riß Arkana, die sie gepackt hielt und nicht losließ, mit sich