Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-948-2
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Burt Frederick
Die Braut des Sultans
Sie ist verraten und verkauft – und hat ihr Herz an einen Sealord verloren
Diese beiden jungen Burschen waren das, was er lange gesucht hatte. Genau das Richtige.
Schlank, hochgewachsen, kräftig gebaut und obendrein intelligent aussehend. Genau das, was sich die feinen Haremsdamen für ein bißchen Abwechslung wünschten. Der mausgraue kleine Mann rieb sich insgeheim die Hände, während er durch das Menschengewühl im Basar von Sûr spähte. Sein Dienstherr würde zufrieden sein. Endlich brachte er Ware, die sich mit allerhöchster Gewinnspanne absetzen ließ. Reizvoll war, daß es sich um Zwillinge handelte. Die Damen würden geradezu darauf fliegen, war es doch prickelnd aufregend, nicht genau zu wissen, von welchem der beiden sie gerade betreut wurden. Der mausgraue Mann beglückwünschte sich im voraus …
Die Hauptpersonen des Romans:
Hasard und Philip Killigrew – Die beiden Söhne des Seewolfs geraten im Hafen von Sûr in eine Klemme, die ihnen keine Flucht mehr ermöglicht.
Bob Grey – Der harte Mann aus der Crew der Arwenacks hilft einem hübschen Mädchen aus der Bedrängnis und beschwört damit eine Verfolgung herauf.
Plymmie – Die Wolfshündin entwischt zwei Hundefängern und alarmiert die Arwenacks.
Radjif – Ein kleiner Mann, der aber gut mit Wurfmessern umgeht und ansonsten üble Geschäfte betreibt.
Asha Sharam – Das hübsche Mädchen soll von ihrem Vater verkauft werden – als 185. Frau des Sultans Mahmud Al-Amir. Aber sie hat etwas dagegen.
Inhalt
1.
„Hier könnte man sich verirren“, sagte Hasard junior und blickte in die Runde.
Man sah nichts als Menschen. Dazu gesellten sich Stimmengewirr vom Gemurmel bis zu anpreisendem Geschrei sowie tausend verschiedene Düfte, die vielgerühmten Wohlgerüche des Orients.
„Unmöglich“, entgegnete Philip und schüttelte den Kopf. Er kraulte Plymmies Nacken. Die Wolfshündin ging zwischen seinem Bruder und ihm. „Solange wir Plymmie dabeihaben, finden wir immer zurück.“
„Das weiß ich. Ich meinte auch nicht, daß wir uns verlaufen. Ich sagte, man könnte sich verlaufen.“
„Wo ist da der Unterschied?“ fragte Philip grinsend.
„Ich habe die Möglichkeitsform gewählt“, fauchte Hasard. „Und außerdem ist ‚man‘ ja wohl nicht auf eine bestimmte Person bezogen, oder?“
„Aber man kann es durchaus auf sich selbst beziehen“, widersprach Philip. „Denn du stellst eine Vermutung ja aus der eigenen Erfahrung heraus an, nicht wahr?“
„Schon, aber in diesem Fall bezog sich die Vermutung auf Personen, die dieses Chaos mit wesentlich schlechteren Voraussetzungen als wir betreten.“
„Dann mußt du deine Muttersprache auch so verwenden, daß du genau das sagst, was du ausdrücken willst.“
„Sieht so aus“, sagte Hasard junior zischend, „als ob ich meine angeborenen Körperkräfte gleich dazu verwenden werde, dir den Hals umzudrehen!“
Philip lachte.
„Weißt du, was sie in diesem feinen Land mit Brudermörder anstellen? Sie hacken ihnen …“
Philip unterbrach sich, denn jemand zupfte an seinem Ärmel. So sollte Hasard nicht mehr erfahren, welche Körperteile einem Brudermörder im südlichen Jemen kraft Gerichtsurteils abgehackt wurden. Wobei Hasard ohnehin nicht an die blutrünstigen Geschichten seines Bruders geglaubt hätte. Denn viel wahrscheinlicher war, daß sie jede Art von Mörder auch hier – wie fast überall auf der Welt – zum Tode verurteilten.
Jener, der Philip am Ärmel zupfte und nicht damit aufhören wollte, war einer von ein paar hundert Händlern im unüberschaubaren Gassengewirr.
Philip drehte sich um, und Hasard folgte seinem Beispiel. Dieser Händler war ein schmalgesichtiger Kerl mit krummem Rücken vom vielen Dienern. Unter einem kleinen Baldachin hatte er ein funkelndes Gewirr von Dolchen, Messern, Krummsäbeln und Schwertern ausgelegt.
Die Jungen erkannten auf den ersten Blick, daß es sich um billigen Plunder handelte. Nachgebildete Prunkwaffen für solche Leute, die sich keine echten Prunkwaffen leisten konnten.
Das schmale Faltengesicht des Arabers strahlte in gut einstudierter Freundlichkeit. Die Falten seines nicht mehr ganz weißen Kaftans bewegten sich bei jedem anbiedernden Verneigen.
Dann allerdings verschlug es den Jungen die Sprache.
„Wartet einen Moment, ihr blaßhäutigen Bastarde! Wartet einen Moment, damit ich euch das Fell über die Ohren und die Goldstücke aus der Tasche ziehen kann: Ihr seht so aus, als ob ihr Goldstücke habt, und bestimmt seid ihr dumm genug, für meinen wertlosen Kram einen phantastischen Preis zu zahlen. Bleibt einen Augenblick, ihr ungläubigen Hurensöhne! Laßt euch von einem erfahrenen Kaufmann hereinlegen.“
Philip und Hasard verdauten ihre Überraschung schnell.
„Sieh nur!“ rief Philip und deutete in scheinbarer Begeisterung auf den Blankwaffen-Tand. „Was für herrliche Handwerksarbeit!“
„Ja, wirklich“, erwiderte Hasard andächtig – auf englisch, wie sein Bruder. „Die Waffenschmiede dieses Landes sind für ihre Künste berühmt.“
Eilfertig nahm der Araber einen Krummdolch in die Hand, hob ihn hoch und tat, als preise er ihn mit blumigen Worten an.
„Seht ihr, ihr habt schon angebissen, ihr Einfaltspinsel!“ rief er und folgte mit dem Zeigefinger den imitierten Ziselierungen auf der Scheide des Dolches. „Jetzt werde ich aus euch herausholen, was herauszuholen ist.“
Hasard nahm den Krummdolch in die Hand, und der Araber beobachtete ihn mit großen, leuchtenden Augen.
„Nur zu, mein Junge, nur zu! Sei so blöd, dafür einen schönen Piaster zu berappen!“
Hasard wechselte einen Blick mit seinem Bruder. Beide betasteten