Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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Sie noch bei Trost?“ erwiderte er frostig. „Wollen Sie uns alle für dumm verkaufen – den Kommandanten, die Offiziere und die Mannschaft der ‚Orion‘?“ Bevor einer der beiden antworten konnte, schlug seine Stimme in eisige Verachtung um. „Sie hatten vor, die ‚Orion‘ in Ihre Gewalt zu bringen. Das ist ein so ungeheuerlicher Vorgang, daß er ein Nachspiel vor dem Kriegsgericht haben wird, wenn wir jemals nach England zurückkehren sollten.“

      Sir Robert wedelte beschwichtigend mit der Hand.

      „Hören Sie, Mister Corbett, Sie nehmen das alles ein wenig zu ernst. Ein Mensch muß in der Lage sein, die Vergangenheit zu begraben. Deshalb hatten wir um ein Gespräch mit Sir Edward gebeten, weil er aufgrund seines Alters über mehr Erfahrung verfügt. Das soll natürlich nicht gegen Sie gerichtet sein. Fassen Sie es um Himmels willen nicht so auf.“

      Corbett lächelte kalt.

      „Sie irren sich. Sir Edward hat nicht die Absicht, Galgenstricke auch noch mit Pulver zu versorgen. Glauben Sie im Ernst, wir helfen Ihnen, damit Sie noch einmal über uns herfallen können?“ Deutliche Ironie schwang jetzt in den Worten des Ersten Offiziers mit.

      Sir Robert Monk versuchte es trotzdem noch einmal.

      „Ich sagte Ihnen doch schon, Mister Corbett. Wir wollen uns nach einer größeren Insel umsehen. Dort müssen wir natürlich mit Wilden rechnen. Deshalb, und nur deshalb, brauchen wir das Schwarzpulver.“

      Corbett stieß ein verächtliches Lachen aus.

      „Wie können Sie erwarten, daß man Ihnen noch glaubt? Im übrigen gestatten Sie mir einen Hinweis. Hätte sich der sehr ehrenwerte Mister Stewart vor dem Untergang der ‚Dragon‘ um die Bergung des überlebenswichtigen Gutes gekümmert, dann brauchte er jetzt nicht um Pulver zu betteln. Wenn er seine Pflichten als Kommandant nicht vernachlässigt hätte, befänden Sie sich jetzt nicht in dieser Lage, Gentlemen.“

      Stewart konnte sich kaum noch zurückhalten.

      „Nein“, fuhr Corbett fort. „Für Sie war es wichtiger, zwei Goldkisten aus dem Besitz Sir Henrys zu stehlen. Um Schiff und Mannschaft kümmerten Sie sich einen Dreck. Was Sie sich jetzt hier leisten, ist ja wohl der Gipfel der Unverfrorenheit.“

      „Ich bettele nicht!“ brüllte Stewart wutentbrannt. „Verdammt noch mal, ich bin bereit, das lausige Pulver mit Goldbarren zu bezahlen!“

      Marc Corbett schüttelte fassungslos den Kopf.

      „Sind Sie noch bei Trost, Mann? Sie glauben doch wohl nicht, daß wir unser Schießpulver an Lumpen, Verräter und Betrüger verkaufen, die auch noch mit geraubtem Gut bezahlen wollen!“

      Stewart stieß einen dumpfen Knurrlaut aus. Es war wie ein Signal.

      Jäh griffen Sir Robert und er zum Degen.

      Doch bevor sie die Klingen blankgezogen hatten, ertönte ein mehrfaches scharfes Knacken, das sie erstarren ließ.

      Insgesamt acht Musketen waren es, deren Hähne die Männer hinter Corbett blitzschnell gespannt hatten. Sir Robert und Charles Stewart erbleichten. Ernüchtert stießen sie die Degen in die Scheiden zurück. Dieser verfluchte Erste Offizier und seine Kerle waren auf der Hut. Wahrscheinlich wäre es bei Tottenham eher geglückt, ihn gefangenzunehmen und als Geisel zu benutzen. So hatten sie es geplant, um dann all das zu erpressen, was sie an Ausrüstung brauchten.

      „Anders habe ich das von Ihnen nicht erwartet“, sagte Corbett verächtlich. „Dieses Verhalten paßt zu Ihnen, Gentlemen. Sie bestätigen damit nur die schlechte Meinung, die ich von Ihnen habe.“

      „Das wird Ihnen noch leid tun“, sagte Sir Robert zähneknirschend.

      „Ich glaube kaum“, widersprach Corbett spöttisch. „Im übrigen halte ich es für sehr begrüßenswert, wenn sich die Gentlemen nach einer größeren Insel umsehen. Für uns wäre der Aufenthalt auf dieser Insel in der Tat angenehmer, wenn wir Sie nicht mehr in der Nähe wüßten. Auf Pulver können Sie übrigens verzichten. Denn wenn Sie wirklich auf Wilde stoßen, dann ist es ohnehin empfehlenswert, sich mit ihnen friedlich zu einigen.“

      Charles Stewart hatte die Hände zu Fäusten geballt. Es sah aus, als wolle er sich trotz der Musketen auf den so unerwartet widerborstigen Ersten Offizier der „Orion“ stürzen.

      „Corbett, ich warne Sie“, sagte er mit vor Wut klirrender Stimme. „Im Augenblick mögen Sie in der günstigeren Lage sein. Aber es kommen auch andere Zeiten, darauf können Sie Gift nehmen.“

      Corbett lächelte, scheinbar gelassen.

      „Richtig“, sagte er, „damit bringen Sie mich auf einen weiteren Punkt. Ich muß Sie meinerseits davor warnen, sich das Pulver mit Gewalt anzueignen – beispielsweise in der Art, wie Sie es mit dem Überfall auf die ‚Orion‘ versucht haben. Das Lager wird strengstens bewacht. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren. Auf jeden, der sich in feindlicher Absicht nähert, wird sofort geschossen. Dabei kann es auch passieren, daß die Männer ohne Warnung das Feuer eröffnen. Niemand kann es ihnen verdenken, wenn ihre Nerven angespannt sind. Es ist zwar bedauerlich, ausgerechnet in einer Notsituation solche Maßnahmen ergreifen zu müssen. Aber nach den jüngsten Ereignissen sind wir leider dazu gezwungen. Wir haben eben erkennen müssen, daß wir es nicht mit Ehrenmännern, sondern mit Schurken zu tun haben. Diesen Umstand haben Sie sich letzten Endes selbst zuzuschreiben, Gentlemen.“

      Minutenlang starrten Monk und Stewart den Mann an, dessen Entschlossenheit keineswegs nur gespielt war. Sie hatten begriffen, daß sie hier auf Granit bissen. Die acht Musketen, die noch immer auf sie gerichtet waren, sprachen eine allzu deutliche Sprache. Corbett brachte es fertig und gab tatsächlich den Feuerbefehl, wenn man ihn zu sehr reizte.

      Marc Corbett spielte unterdessen mit dem Gedanken, die beiden Halunken kurzerhand festnehmen zu lassen. Aber irgend etwas, das er selbst nicht begriff, ließ ihn zögern. Lag es daran, daß Sir Edward einen solchen Befehl nicht ausdrücklich gegeben hatte? Nein, das konnte nicht der Grund sein. Ebensowenig hatte es damit zu tun, daß eine Festnahme von Monk und Stewart die Probleme nicht vom Tisch brachte.

      Nein, es war ein sicherlich illusionärer Gedanke, bei dem Mark Corbett sich ertappte. Tief in seinem Inneren verbarg sich die Hoffnung, daß dieser Stewart als Offizier der königlichen Marine irgendwann doch noch erkennen würde, wie falsch er gehandelt hatte. Und im Falle einer solchen Erkenntnis mußte ihm die Chance zugebilligt werden, sich zu rehabilitieren.

      Vorerst schien Charles Stewart derartiges nicht im Sinn zu haben. Er knurrte einen lästerlichen Fluch und wandte sich ab. Ohne auf seinen Begleiter zu achten, marschierte er los. Sir Robert folgte ihm notgedrungen, doch er hatte ohnehin nicht mehr vorgehabt, noch einen Überredungsversuch zu unternehmen.

      Stewart fluchte noch, als er schon fünfzig Yards entfernt war.

      Marc Corbett schickte dem Posten einen weiteren Mann zur Verstärkung, nachdem die Männer zum Kochfeuer zurückgekehrt waren. Dann begab er sich in das entstehende Lager und berichtete Sir Edward über den Wortwechsel mit Monk und Stewart. Tottenham war sofort mit Corbetts Vorschlag einverstanden, rings um das Lager zusätzliche Wachen aufziehen zu lassen.

       6.

      Geoff Kearney, Decksmann von der „Dragon“, ließ die Blätter der Schlingpflanze vorsichtig zurückgleiten. Die Lücke im grünen Vorhang des Dickichts, durch die er mit seinem Gefährten gespäht hatte, schloß sich wieder.

      „He, hast du plötzlich die Hosen voll?“ flüsterte Thomas Haddock, der neben ihm ausharrte und das Geschehen beim Lager der „Orion“ mitbeobachtet hatte. „Die sind doch noch weit weg.“

      Die Rede war von Sir Robert Monk und Charles Stewart, die mit verkniffenen Gesichtern am Rand des Dickichts entlangmarschierten. Daß sie sich bei Corbett eine Abfuhr geholt hatten, war deutlich zu verstehen gewesen.

      „Ich bin nur vorsichtig“, sagte Geoff Kearney leise. „Unser Kommandant hat Augen wie ein Luchs, das weißt du. Sollte