Seewölfe Paket 20. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397792
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auf, du Drecksack!“ brüllte er ihn an. Dann schüttelte er ihn.

      Cámaras Kopf pendelte bedenklich hin und her. Joanna war die erste, die darauf aufmerksam wurde. Sie trat zu Caligula und bedeutete ihm, den Mann wieder zu Boden sinken zu lassen. Keiner glaubte, daß er es wirklich tun würde. Und doch gehorchte er. Sein Gesicht war verzerrt, die Augen weit aufgerissen, so daß das Weiße zu sehen war, aber Joannas Einfluß auf ihn war erstaunlich.

      Sie untersuchte Diego Cámara und richtete sich wieder auf.

      „Er ist tot“, sagte sie. „Du hast ihm das Genick gebrochen, Caligula.“

      Drei Gendarmen stürmten in die Kaschemme, begleitet von Libero, der sogleich hinter der Theke in Deckung ging.

      Lopez war auf den Beinen, deutete außer sich vor Zorn auf Caligula und schrie: „Er hat Cámara umgebracht! Legt ihn in Ketten!“ Vergessen war das gute Geschäft, jetzt galt nur noch eins: Der Schwarze war ein Mörder und mußte eingesperrt werden.

      Die Gendarmen stürzten zu Caligula, und einer von ihnen rief: „Die Hände hoch! Du bist verhaftet, Kerl!“

      Caligula griff ihn als ersten an und fällte ihn durch einen einzigen Hieb. Die beiden anderen versuchten, ihn zu packen, aber seine Arme waren wie Windmühlenflügel. Sie wirbelten durch die Luft, und die Fäuste trafen ihr Ziel. Stöhnend ging der zweite Gendarm in die Knie.

      Der dritte richtete die Muskete auf Caligula, doch Caligulas Fuß flog hoch. Er trat ihm die Waffe aus den Händen, sie polterte zu Boden. Der Gendarm wollte seine Pistole zücken. Er schrie: „Im Namen des Gesetzes, ergib dich!“

      „Das Gesetz bin ich!“ brüllte Caligula. Wieder schlug er zu.

      Lopez kauerte hinter der Theke neben Libero.

      „Lauf!“ zischte er. „Hol einen Trupp Soldaten. Direkt aus der Residenz. Alles andere hat keinen Sinn!“

      Wieder rannte Libero los. Er war froh, daß er die Kaschemme verlassen durfte. Wie der Blitz sauste er durch die Stadt, verfolgt von den erstaunten Blicken der Passanten. Er stoppte vor einem Posten am Hauptportal des Gouverneurspalastes und brachte hastig seine Alarmmeldung vor.

      Caligula hatte den dritten Gendarmen niedergeschlagen und packte jetzt einen Stuhl. Er drosch damit auf die Tische ein. Die Huren kreischten, die Zecher wichen vor ihm zurück.

      „Wo ist der Wirt, dieser Hurensohn?“ brüllte er. „Er will mich in Ketten legen lassen! Ich breche auch ihm die Knochen!“

      Lopez begann zu zittern. Nie hatte er größere Angst gehabt. Sie war nackt, kalt und grausam, sie lähmte ihn und schnürte ihm die Kehle zu. Er kroch unter die Theke, aber er wußte, daß er auch dort nicht in Sicherheit war. Caligula würde hier nachsehen und ihn finden.

      Joanna stellte sich vor Caligula hin und hob beide Hände.

      „Sei doch vernünftig!“ rief sie. „Du hast schon genug angestellt! Los, wir gehen zu mir nach Hause!“

      Den Kopf leicht gesenkt, das Gesicht immer noch verzerrt, blieb er vor ihr stehen.

      „Das hier – das ist meine Angelegenheit“, sagte er. „Bring dich in Sicherheit. Nimm die anderen Weiber mit. Wir sprechen uns später.“

      „Laß Lopez in Ruhe. Er hat dir nichts getan.“

      Caligula griff nach ihrem Arm und beförderte sie zum Ausgang. Die Dunkelhaarige, die Rothaarige und noch eine vierte Hure, die erst vor kurzem eingetroffen war, folgten ihnen. Caligula stieß alle vier ins Freie, dann rammte er die Tür zu, drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.

      „Lopez!“ brüllte er. „Zeig dich! Der schwarze Hurensohn hat noch ein Wörtchen mit dir zu reden!“

      Lopez gab keinen Laut von sich. Caligula war mit einem Satz zwischen den Tischen, riß einen Stuhl hoch und zertrümmerte ihn. Mit dem einen Bein drosch er auf alles ein, was ihm im Weg war – auf Tische und Menschen, Säulen und Lampen. Alles ging zu Bruch, systematisch arbeitete er sich auf die Theke zu.

      „Ich weiß, wo du bist!“ schrie er. „Los, leg mich in Ketten!“

      Draußen trappelten Schritte heran, ein zwanzigköpfiger Trupp Soldaten erschien. Der Anführer, ein Sargento, sah die vier Huren, die in einer Seitengasse verschwanden, schenkte ihnen aber weiter keine Beachtung. Er stieß die Tür zur „Malagena“ auf und drang als erster ein. Ein Stuhl flog ihm entgegen, begleitet von einem Fluch. Der Sargento ging in Deckung, aber jetzt stürmten seine Männer das Kellergewölbe.

      Caligula schrie und hieb auf sie ein. Ein Warnschuß krachte, der Sargento hatte ihn mit der Pistole in die Luft gefeuert.

      „Ergib dich, du Hund!“ schrie er. „Los, fesselt ihn!“

      Der Übermacht war Caligula nicht gewachsen. Schon hatten sie ihn eingekreist und wollten ihm Ketten anlegen. Aber mit einem pantherhaften Satz brachte er sich hinter die Theke, entdeckte Lopez, packte ihn und zerrte ihn zu sich hoch.

      „Ich dreh’ ihm den Hals um, wenn ihr nicht abhaut!“ brüllte er.

      Aber das Schicksal – oder Lopez’ Schutzengel – wollte es, daß der Wirt Glück hatte. Er riß sich mit einem Ruck los und lief weg. Schon waren die Soldaten wieder heran. Diesmal richteten sie Musketen auf Caligula.

      Der wollte denn doch nicht sterben. Er räumte noch ein paar Flaschen und Becher von der Theke und aus den Regalen ab, dann ergab er sich.

      „Wenn ich wieder frei bin“, sagte er noch, als sie ihm die Hand- und Fußketten anlegten, „rechnen wir miteinander ab, Lopez. Du hast diese Hunde hergeholt. Dafür wirst du büßen.“

      „Nein“, sagte der Sargento. Er hatte Cámara und die Gendarmen untersucht. „Du wirst hingerichtet. Öffentlich. Du hast nicht nur den Fischhändler, sondern auch einen der Gendarmen getötet.“

      „Mein Gott“, stammelte Lopez und rang die Hände. „Allmächtiger, wie konnte das nur geschehen?“

       5.

      Jussuf hatte den Schuß und das Geschrei vernommen und beschleunigte seine Schritte. Als er vor der „Malagena“ eintraf, sah er als erstes eine große Menschenmenge, die sich vor dem Eingang versammelt hatte. Besorgt mischte er sich unter die Männer und Frauen und blieb unmittelbar neben Libero stehen, der Unverständliches vor sich hinmurmelte und schweiß überströmt war.

      „Was ist denn hier los?“ fragte Jussuf.

      Libero drehte sich zu ihm um.

      „Der Teufel“, sagte er. „O Jesus, so was habe ich noch nicht erlebt. Fast hätte er uns alle totgeschlagen.“

      „Wer?“

      „Na, der riesige Neger, dieser – Caligula. Cámara, der Fischhändler, hat ihn einen schwarzen Hurensohn genannt. Da hat er ihn umgebracht. Und einer der Gendarmen ist auch tot.“

      „Unfaßbar“, sagte Jussuf. Sofort begriff er, daß dieses Ereignis eine entscheidende Wende brachte. Vielleicht konnten Arne, Jörgen und er das Kapitel Caligula jetzt bereits abhaken und abschließen. „Arbeitest du nicht hier?“ fragte er Libero wie beiläufig. „Ich glaube, ich habe dich schon mal gesehen.“

      „Ich bin Libero, der Schankgehilfe.“

      „Wo ist der Wirt?“

      „Lopez? Drinnen. Hoffentlich hat dieser Wilde ihn nicht auch totgeschlagen. Santissima Madre, er ist ja schlimmer als ein Tiger – oder ein Wolf. So jedenfalls hat er sich gebärdet. Er hat wie ein Wüterich gehaust und alles kurz und klein geschlagen. Erst habe ich die Gendarmen rufen müssen, dann die Soldaten.“

      So erfuhr Jussuf alles, was er wissen wollte, sämtliche Einzelheiten. Dann erlebte er das Ende des Dramas mit: Caligula wurde in Ketten abgeführt. Er blutete aus mehreren Wunden und war selbst mehr tot als lebendig, weil die Soldaten ihn mit