Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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Natur ihnen liefert. Es gab auch schon Jahre, in denen Allah viel milden Regen geschickt hat. Dadurch ist dann die Ernte so gut ausgefallen, daß man sogar Überschüsse auf den Märkten weiter im Landesinneren verkaufen konnte.

      „Interessant“, sagte Dan O’Flynn, „zumal das Dorf den Eindruck erweckt, als sei es völlig von der Welt abgeschnitten.“

      „Das ist es in gewissem Sinne auch“, erklärte Sobocan. „Die Bewohner erzeugen alle Nahrungsmittel, die sie brauchen, selber. Auch Decken und Kleider fertigen sie selbst aus der rauhen Naturwolle ihrer Schafe. Und will sich jemand ein Haus oder eine Hütte bauen, dann findet er hier genug Steine, die er auf seinem einfachen Holzkarren ins Dorf schaffen kann.“

      Kurze Zeit später waren die drei Männer am Haus Mehmet Yigals angelangt. Während Sobocan dem alten Mann mit dem verwitterten Gesicht und dem grauen Bart mit vielen Worten und Gesten den Grund ihres Kommens erklärte, wurden Dan O’Flynn und Batuti von den zahlreichen Familienangehörigen des Bauern bestaunt. Besonders der schwarze Herkules aus Gambia erregte Aufsehen, zumal er mit Sicherheit der erste schwarze Mann war, der das winzige Bergdorf je betreten hatte.

      Mehmet Yigal nickte freundlich.

      „Willkommen in meinem Haus“, sagte er über Sobocan als Dolmetscher. Dann forderte er die Männer durch Gesten zum Eintreten auf. „Allah sei Dank, daß es euch gelungen ist, Salih, diesem habgierigen Geier zu entrinnen. Ihr müßt euch zunächst stärken und etwas ausruhen, dann möge euch Allah einen Weg zeigen, wie ihr euren Kameraden helfen könnt. Salih ist ein Schnapphahn, dem ein Menschenleben nicht viel bedeutet. Glaubt mir, wir haben ihn und seine Meute schon zur Genüge kennengelernt, und es hat uns einige Mühe gekostet, ihn von unserem Dorf fernzuhalten. Sorgen bereitet uns in letzter Zeit nur dieser Pirat Barabin, mit dem sich Salih verbündet hat. Sollten die Derwische zusammen mit diesem Beutelschneider gegen unser Dorf losziehen, dann sehen wir uns einer Übermacht gegenüber, der wir wahrscheinlich nicht gewachsen sein werden.“

      „Habt ihr schon öfter Ärger mit Piratengesindel gehabt?“ fragte Dan.

      „Eigentlich nicht“, erwiderte Mehmet Yigal. „Unser Dorf liegt zwar nicht sehr weit von der Küste entfernt, aber wer es nicht kennt, findet es nicht. Es ist euch sicher aufgefallen, welch versteckte Wege euch Sobocan geführt hat, um es zu erreichen.“

      „Das kann man wohl sagen.“ Dan O’Flynn lächelte und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die irdenen Teller und Schüsseln, die von zwei Töchtern Yigals gebracht wurden.

      „Heute war Backtag gewesen“, erklärte der grauhaarige Bauer. „Die Frauen haben viel frisches Brot gebacken. Greift zu und stärkt euch. Auch der Ayran wird euch schmekken, denn unsere Schafe und Ziegen geben viel gute Milch.“

      Die Männer ließen sich kein zweites Mal auffordern und langten kräftig zu.

      Das frische, aus Weizenmehl gebackene Brot, das die Form flacher Fladen hatte, schmeckte vorzüglich zu dem würzigen Schafskäse, den man auf einem Steingutteller angerichtet hatte. Der Ayran bildete dazu eine nahrhafte Erfrischung. Es handelte sich um ein buttermilchartiges Getränk, das man täglich frisch aus Joghurt und Wasser herstellte.

      „Wir sind dir sehr dankbar für deine Hilfe“, sagte Dan O’Flynn kauend. „Wenn es uns gelingt, unsere Kameraden aus der Hand der Derwische zu befreien, wird Philip Hasard Killigrew, unser Kapitän, mit Sicherheit auch dafür sorgen, daß dein Dorf von Salih und diesem Barabin in Ruhe gelassen wird.“

      „Möge Allah ihm Gelingen dabei schenken“, erwiderte Mehmet Yigal mit ernstem Gesicht. „Doch was werdet ihr unternehmen? Ihr seid nur wenige. Könnt ihr Hilfe von eurem Schiff holen?“

      Dan schüttelte den Kopf. „Es sind nur wenige Männer auf der ‚Isabella‘ zurückgeblieben. Sie werden dort gebraucht, um das Schiff vor Überraschungen zu schützen. Außerdem glaube ich, daß wir zu dritt mehr Aussichten haben, ungesehen an die Felsenmoschee heranzupirschen, als wenn ein ganzer Trupp aufmarschiert.“

      „Am besten, wenn wir dunkles Nacht abwarten“, ließ sich Batuti vernehmen. „Wenn Sobocan uns durch Felsen zurückführt, werden wir Kameraden befreien und Derwischen schlimmes Denkzettel verpassen.“

      „Natürlich werde ich mit euch zurückgehen“, erklärte Sobocan. „Ihr könnt weiterhin voll mit mir rechnen.“

      „Das hört man gern“, sagte Dan, „denn ohne dich würden wir wahrscheinlich kaum zurückfinden. Zumindest nicht bei Nacht. Vielleicht wird es gut sein, wenn wir schon eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit aufbrechen. Ich werde nämlich das verdammte Gefühl nicht los, daß unsere Leute ganz schön in der Zwickmühle sitzen, und ich würde mir nie verzeihen, zu spät etwas unternommen zu haben.“

      „Du hast recht“, bemerkte Sobocan in seinem holprigen Spanisch. „Man wird sie in jenes dunkle Verlies gesperrt haben, aus dem ich entwischt bin. Dieses feuchte Loch gilt als ausbruchssicher. Mir ist es nur durch eine List gelungen, den Wächter zum Zurückschieben des Riegels zu veranlassen. Er wird es mit Sicherheit kein zweites Mal tun.“

      „Das ist anzunehmen“, sagte Dan O’Flynn. Seinen Gesichtszügen war anzusehen, wie sehr es hinter seiner Stirn arbeitete. „Ich sehe ihm Moment nur die Möglichkeit“, fuhr er fort, „daß wir ungesehen bis zu diesem Verlies vordringen. Dabei wird alles davon abhängen, daß wir nicht zu früh von den Derwischen bemerkt werden.“

      Sobocan und Batuti nickten zustimmend.

      Bereits zwei Stunden später begaben sie sich unter der geländekundigen Führung Sobocans auf den Weg zurück zur Küste. Viele guten Wünsche von Mehmet Yigal und seiner weitverzweigten Familie begleiteten sie dabei. Und die Männer hofften inbrünstig, daß sie in Erfüllung gehen würden, denn der geringste Fehlschlag konnte den sicheren Tod für sie und ihre gefangenen Kameraden bedeuten.

      7.

      Wie das Wahrzeichen auf dem Kuppeldach einer Moschee stand die gelbe Sichel des Mondes am nächtlichen Himmel. Das fahle Licht verlieh den bizarren Felsformationen der Küstenlandschaft ein schattenhaftes, bedrohliches Aussehen.

      Von den dunklen Flächen der See wehte ein kühler Wind herüber, der sich jedoch rasch in den mächtigen, festungsähnlichen Ausläufern des Taurus verlor. Nur selten wurde die Stille der Nacht durch den Ruf eines Vogels oder durch ein Rascheln im spärlichen Gestrüpp unterbrochen.

      Philip Hasard Killigrew und seine Männer lagen oder hockten auf dem feuchten Boden eines dunklen Verlieses. Nachdem man Stenmark als Geisel genommen hatte, waren die Seewölfe gefesselt und hierhergebracht worden. Dann hatte man ihnen noch die Füße zusammengebunden, bevor die dicke Holztür von außen verriegelt worden war.

      An ein Entkommen aus eigener Kraft war im Moment nicht zu denken. So blieb den Männern keine andere Wahl, als das abzuwarten, was die Derwische ihnen zugedacht hatten. Und das schien, wie die haßerfüllten Gesichter der Fanatiker bereits angedeutet hatten, nichts Gutes zu sein.

      „Wir scheinen uns hier im selben Loch zu befinden, in dem man Sobocan gefangen gehalten hat“, flüsterte Stenmark, den man nach seiner Verwendung als Geisel zusammen mit den anderen Männern hier eingesperrt hatte.

      „Loch ist das richtige Wort“, knurrte Edwin Carberry. „Dagegen ist die Bilge der ‚Isabella‘ die reinste Kapitänskammer. Himmel, Arsch und Wolkenbruch – gelegen habe ich auch schon wesentlich besser als hier!“

      „Du kannst ja mal an die Tür klopfen und nach dem Wirt rufen“, sagte Matt Davies aus einer dunklen Ecke. „Vielleicht bringt er dann für jeden eine volle Muck Rum. Das wär gar nicht zu verachten bei der lausigen Kälte, die hier drin herrscht.“

      Der Profos knurrte wie ein gereizter Löwe.

      „Paß nur auf, daß du dir nicht deinen zarten Achtersteven erkältest“, erwiderte er. „Frostbeulen auf kariertem Untergrund sind kein schöner Anblick.“

      Die Männer lachten unterdrückt.

      „Seid etwas leiser“, mahnte der