Seewölfe - Piraten der Weltmeere 258. Fred McMason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred McMason
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395941
Скачать книгу
Neger. „Nimm nachher Tuch vor Gesicht und zeig Haboob Achtersteven. Vorher noch trinken oder essen, denn Haboob kann lange dauern.“

      „Hunger habe ich keinen“, sagte Dan, aber er befolgte Batutis Rat und trank noch einmal. Auch eine Ecke des Tuches benetzte er mit Wasser.

      Das leise Winseln, Flüstern und Wispern wurde zum Fauchen. Der Himmel verdunkelte sich noch mehr. Die Sonne sah jetzt aus wie eine diesige Scheibe, vor der Staub aufwirbelte.

      Der Wind war heiß und brachte die ersten Staubschleier mit. Zuerst war es nur feiner rötlichgelber Staub, der über sie hinwegzog, dann wurde der Wüstensand zu feinem Schmirgelpapier.

      Weit links von ihnen tobte eine dichte Wand heran, ein wilder Wirbel entstand, ein unheimlich heulender Sog, der durch die Düne furchte und sie tonnenweise abtrug. An einigen Stellen schien der Sand zu kochen und zu brodeln. Sandhosen stiegen auf und wurden blitzschnell in die Höhe gerissen.

      Das Fauchen wurde lauter, wilder, und dann hatte Dan das Gefühl, als würde kübelweise Sand über ihn geschüttet.

      Dicht an die Kamele gepreßt, kauerten sie im heißen Sand, vergruben die Gesichter in dem Tuch und schlossen die Augen.

      Da fühlte Dan plötzlich einen heftigen Stoß. Etwas knallte ihm vor die Brust, warf ihn herum. Er hörte Batuti brüllen und sah ihn als unförmigen Schemen aufspringen.

      „Die Kamele!“ schrie Batuti. Er mußte laut brüllen, um in dem wilden Heulen und Fauchen verstanden zu werden.

      Urgewalten brachen auf, gewittergleich brauste es heran. Der wirbelnde heulende Sand nahm Dan den Atem, er fand sich nicht mehr zurecht und sprang ebenfalls auf.

      Undeutlich, es war jetzt fast dunkel geworden, sah er die Kamele. Sie spielten verrückt, schnappten nach Batuti, trampelten auf ihn zu. Batuti verlor das Tuch, Sand biß in seine Augen, drang in seine Nase, fauchte ihm in die Augen und nahm ihm den Atem.

      Dan versuchte, wenigstens eins der durchgehenden Tiere noch zu halten, aber das erwies sich als unmöglich. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Eine bösartige Sandwehe riß ihn von den Beinen, warf ihn um und rollte ihn vor sich her.

      Er wollte schreien, hörte durch das wilde Heulen ein Trappeln und Klagen und krallte sich in dem nachgebenden Sand fest.

      Die Kamele stoben davon, als wäre der Scheitan hinter ihnen her.

      Dan konnte nichts mehr denken, er schnappte nach Luft, hieb um sich wie ein Ertrinkender und erstickte fast.

      Ein undeutlicher, kaum erkennbarer Schatten warf sich auf ihn und begrub ihn unter sich. Der Schatten preßte ihm eine riesige Hand vor das Gesicht, und er hörte eine brüllende Stimme, doch die Worte verstand er nicht.

      In gewisser Weise war es wie bei einem Orkan auf dem Meer. Da heulte und jaulte es heran, da blies ihn der Sturm fast fort, und man konnte sich kaum noch verständigen. Auf dem Meer war es das Wasser, das gischtend, brausend und orgelnd heranstob. Hier war es der Sand, der ihn wie eine Walze aus heißem Feuer überrollte.

      Er blieb liegen, von einer eisenharten Faust dicht in den Sand gepreßt, und glaubte, jeden Moment, elend zu ersticken.

      Das Heulen und Kreischen einer entfesselten Natur schwoll mal an, dann ließ es wieder nach, und jedesmal, wenn er glaubte, jetzt endlich wieder Luft zu kriegen, dann bohrten tausend glühende Nadeln in seinem Gesicht, drang ihm brennender Sand in die Nase, in den Mund, in Augen und Ohren.

      Es gab keine Zeit mehr, es gab nur noch Sand, heißen Sand, vermischt mit ekelhaftem Staub, der die Poren verklebte und dadurch die Atmung noch mehr erschwerte.

      Und es war Nacht und heiß zum Ersticken. Dan O’Flynn merkte nicht, daß er winselte, er spürte nur die Last auf seinem Körper und die gewaltige Hand. Diese Hand hielt ihm den in dichten Schwaden heranwirbelnden Sand fern, und diese Hand bewirkte, daß er nicht erstickte und noch mühsam Luft kriegte. Aber das verspürte er nur irgendwo tief im Unterbewußtsein.

      Batuti ging es noch schlechter. Er spuckte Sand, er sah ebenfalls nichts mehr, aber die Sorge um seinen Freund Dan – kleines Dan, wie er ihn früher immer genannt hatte – ließ ihn eisern durchhalten. Ein Mann wie Batuti gab nicht auf, er hatte zwei höllische Sandstürme überlebt, und er war sich sicher, auch noch den dritten zu überleben.

      Dieser Haboob oder Chamsin setzte ihm schwer zu, er schmirgelte ihm die Haut vom Körper, er drückte sein Gesicht tief in den Sand, er wehte aus allen Himmelsrichtungen gleichzeitig, und er veranstaltete ein Höllenkonzert, als seien mehr als tausend Teufel aus den schwefligen Schlünden der Hölle gefahren.

      Das ging stundenlang so. Mal wurde es ein wenig heller, dann begann sich wieder Finsternis über die Wüste zu senken. Mal sank das wilde Gebrüll des Sandsturmes zu einem Winseln ab, dann schwoll es wieder orkanartig an.

      Immer wieder aber wurde ihre Lage lebensbedrohend, und es gab weit und breit keinen Schutz gegen diesen Sturm der Hölle.

      Dan O’Flynn war fast bewußtlos, als eine brüllende Stimme dicht an seinem Ohr explodierte. Diesmal übertönte sie das bestialische Fauchen und Kreischen, diese Kakophonie disharmonischer Töne.

      „Du noch leben, Dan?“

      Ja, wollte Dan schreien, doch die Stimme versagte ihm den Dienst. Er keuchte, begann zu strampeln, spukte Sand aus und inhalierte ihn beim nächsten Atemzug wieder.

      „Alles gut!“ brüllte wieder diese Donnerstimme.

      Nichts ist gut, zum Teufel, dachte Dan betäubt. Was dieser dunkelhäutige Gigant als gut bezeichnete, war nur die Fortsetzung des höllischen Konzertes, das jetzt wieder orgelnd und brausend anschwoll und über sie hinwegtobte.

      Stundenlang ging es weiter. Der Vorhang aus Sand und Staub riß auf, die Sonne schien für Augenblicke heiß und erbarmungslos nieder. Die jaulenden und kreischenen Höllenhunde beruhigten sich, aber anscheinend nur, um ihre giftigen Lungen mit gewaltigen Sandmassen zu füllen und sie dann kreischend auszuspeien.

      Mein Gott, dachte Dan O’Flynn. Einmal muß doch auch dieser höllische Sturm vorübergehen, er konnte doch nicht ewig und drei Tage wehen! Das gab es doch gar nicht.

      In seinen Lungen brannten Feuerlanzen, sein Schädel drohte zu zerspringen, seine Knochen waren längst abgefallen und lagen irgendwo in der Wüste herum, und sein Gehirn bestand nur noch aus einer trokkenen Masse aus Staub, Sand und Geröll.

      Dabei lag er noch relativ gut geschützt im Sand! Batuti hatte er es zu verdanken, daß dieser heiße Sand ihn nicht längst aufgesogen hatte wie ein Schwamm das Wasser. Was mußte der Riese aus Gambia erst alles erdulden. Er wollte sich herumwälzen, um seinerseits den Mandingo zu schützen, doch sobald er es versuchte, war wieder diese große Pranke da mit so dicht zusammengepreßten Fingern, daß kaum noch Sand hindurchdrang.

      Irgendwann war auch das einmal vorbei. Es wurde heller, nur noch vereinzelte Sandwehen fauchten über sie weg.

      Batuti wälzte sich zur Seite, Dan ebenfalls. Seine Augen waren verklebt, er sah nichts, er hörte kaum etwas, und als er sich den rötlichgelben Puder aus den Augen wischte, konnte er endlich wieder etwas von seiner Umgebung erkennen.

      Wirbelnde Fontänen krochen noch durch die Dünen. Die Sonne war tiefer gesunken, wesentlich tiefer. Demnach hatte der Sandsturm wenigstens vier oder fünf Stunden gedauert.

      Er blickte Batuti an und nickte erschöpft. Vor seinen Augen hingen immer noch Schleier oder Spinnweben, oder er glaubte durch das falsche Ende eines Spektivs zu blicken. Mitunter schien Batuti sich rasend schnell von ihm zu entfernen und wurde ganz klein, als wäre er in weiter Ferne verschwunden, dann wieder sah er ihn klar und deutlich vor sich im Sand hocken.

      Der Neger blutete aus der Nase. Eine Staubschicht bedeckte sein Gesicht, seine Lippen waren aufgeplatzt, und er hustete sich eine ganze Weile die Lungen frei.

      Dan O’Flynn starrte ihn an. Wenn Batuti schon so aussah, wie mochte er selbst dann wohl aussehen?

      Aber das spielte jetzt keine Rolle. Sie hatten überlebt, auch wenn ihnen alle Knochen