Seewölfe - Piraten der Weltmeere 258. Fred McMason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred McMason
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395941
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so, und nachts wurde es so lausig kalt; daß einem die Zähne klapperten.

      Mit gesenktem Kopf ritt Dan weiter. Hin und wieder warf er einen Blick auf den Kompaß, auf das lebenswichtige Utensil, das ihnen zwar nicht die Rückkehr, aber wenigstens die Richtung garantierte.

      Immer weiter ritten sie, in ekelhaft schaukelnder Bewegung, mal an den Seiten hochgehievt, dann wieder von vorn und achtern, immer dem Trott der Wüstentiere angepaßt, die so schaukelten wie ein angeschlagenes Schiff bei hart rollender Dünung.

      Dan O’Flynn wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Zeit? Die spielte hier ohnehin keine Rolle. Es schien keine Zeit zu geben, nur sengende Sonne, brüllende Hitze und knisternden Sand.

      Dan bemerkte jedoch, daß sich irgend etwas geändert hatte. Er vermochte nur nicht zu sagen, was das war. Etwas irritiert sah er sich nach allen Seiten um.

      Nein, nichts hatte sich verändert. Oder doch? Da waren die langgestreckten berghohen Dünen, da war …

      Ja, die Sonne war es, die sich verändert hatte. Sie stand immer noch am Himmel, als wollte sie sich jeden Augenblick mit ihrem kochendem Atem auf die Erde stürzen und alles verbrennen. Aber um die Sonne hatte sich ein kaum sichtbarer Schleier gelegt, der sie leicht dunstig erscheinen ließ.

      „Mächtig viel warm“, sagte Batuti in die tödliche Stille hinein.

      Dan bemerkte, daß sich auch der Gambiamann immer wieder nach allen Seiten umdrehte, als erwarte er eine Gefahr.

      „Fast so warm wie in England“, sagte Dan anzüglich und grinste den titanenhaft wirkenden Herkules aus rissigen Lippen an.

      Sein Gaumen war schon wieder ausgetrocknet, die Zunge hing ihm wie ein trockener Schwamm im Hals, und von seinem Körper troff das Wasser, als hätte er ein Bad genommen.

      Der schwarze Riese aus Gambia ging auf Dans Worte nicht ein. Der Blick seiner dunklen Augen wanderte unruhig hin und her. Zwischen seinen Augen bildete sich eine senkrechte Falte.

      „Ist was?“ fragte Dan. „Vielleicht gibt es Regen, was?“

      „Hier nicht regnen, Dan. Viele Jahre kein Regen“, sagte Batuti ernst. „Aber Allah machen viel warm und Sonne dunkel.“

      „Fängst du jetzt auch schon mit Allah an?“ fragte Dan gallig. „Der lacht sich doch halbtot über uns.“

      Batuti hob die Hand und deutete auf den glosenden, jetzt von einem feinen Schleier umgebenen Sonnenball. Das rosige Innere seiner Handflächen hob sich stark von der dunklen Haut ab.

      „Batuti nicht gefallen. Nix gut, wenn Sonne dunkel.“

      Dan zuckte mit den Schultern. Er kannte sich zwar mit dem Wetter gut aus, doch das galt für das Meer, nicht aber hier in der lausigen heißen Wüste, wo andere Gesetze herrschten. Andererseits konnte er sich darauf verlassen, daß Batuti Bescheid wußte. Der Mann aus Gambia spürte sogar schon ein Erdbeben lange im voraus. Seine Instinkte waren immer hellwach, und er reagierte auf jede noch so kleine Veränderung in der Natur.

      „Was, glaubst du, hat das zu bedeuten?“ fragte Dan nach einer Weile.

      „Kamele schon unruhig“, sagte Batuti.

      „Davon habe ich noch nichts bemerkt.“

      „Batuti schon lange merken.“

      „Du hast meine Frage nicht beantwortet“, erinnerte Dan.

      Der muskelbepackte Herkules deutete stumm nach oben.

      Dan kniff die Augen zusammen, musterte den immer milchiger werdenden Feuerball und stellte fest, daß sich da etwas entwickelte, das nach Regen aussah. Die Sonne zog Wasser, so schien es jedenfalls, und so hätte man auf See auch dazu gesagt. Schleier wirbelten in der Atmosphäre, und über den Sonnenrand legte sich ein etwas dunklerer Punkt. Minutenlang hatte es den Anschein, als stünde eine partielle Sonnenfinsternis bevor. So etwas hatte Dan schon einmal im Land des Großen Chan erlebt.

      „Ah, du meinst eine Sonnenfinsternis?“ fragte Dan.

      „Batuti meinen Sandsturm. Schlimmes Sandsturm.“

      Dan sah seinen langjährigen Freund und Bordkameraden ungläubig von der Seite an und verzog das Gesicht.

      „Ein Sandsturm? Verdammt, das fehlt uns noch.“

      Für Augenblicke flackerte es in Dans Augen auf, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. Er hatte zwar noch keinen Sandsturm in der Wüste erlebt, aber er konnte ihn sich ungefähr vorstellen. Und wenn er Batutis besorgtes Gesicht sah, dann konnte er sich einen Sandsturm schon wesentlich besser vorstellen, denn er sah, wie der Neger die Farbe wechselte. Sein Gesicht wirkte älter und wurde leicht grau.

      Jetzt spürte auch Dan die innere Unruhe der beiden Kamele. Sie schnaubten laut und gaben ein paar merkwürdige Schreie von sich wie Tiere, die man zur Schlachtung führt, und die das Blut ihrer getöteten Artgenossen schon riechen.

      Sie liefen schneller, sie rannten und trampelten über den heißen Sand, und sie wollten nach links ausbrechen. Dort aber gab es nur noch mehr Wüste. Doch voraus lag der Nil.

      Dan riß sein Tier herum und zwang es in die alte Richtung.

      Gleich darauf hüllte sich der Sonnenball in noch dichtere Schleier, und aus dem Sand erklang ein leises Fauchen. Ein glühend heißer Luftzug wehte in ihre Rücken, und am Horizont tauchte weit achteraus ein feiner Schleier auf, der spielerisch über die Dünen tanzte.

      Er trieb auf sie zu, legte sich dann aber wieder, und Dan wollte schon befreit aufatmen.

      Ein leises Winseln erklang, wieder ein Gluthauch, der sie diesmal frösteln ließ und sogar den Schweiß von Dans Körper fast schlagartig vertrieb.

      Die ersten Vorboten des nahenden Unheils waren da, aber mit ihrer Entfaltung ließen sie sich noch reichlich Zeit. Wie die sieben Schleier der Tänzerinnen sah dieses Spiel aus, fast neckisch und herausfordernd. Mal ein Winseln, ein sanftes Klingen, dann wieder ein klagendes Seufzen.

      Glühend heißer Wind blies vom Roten Meer herüber, der die scheinbar tote Wüste zu unheimlichen Leben erweckte.

      2.

      Batuti verhielt sein Kamel und zwang es zu Boden. Er bedeutete Dan, das gleiche zu tun. Die Tiere wurden immer unruhiger, schnappten mit aufgerissenen Mäulern und gelben Zähnen nach den beiden Männern und wollten wieder aufspringen.

      „Gut festhalten, Dan“, sagte Batuti. „Gleich Haboob da.“

      „Haboob?“ fragte Dan O’Flynn.

      „Sandsturm“, erklärte Batuti. „Im Sudan man sagt Haboob, hier in Ägypten Leute sagen Chamsin.“

      „Hast du schon mal einen Sandsturm erlebt, Batuti?“

      „Zweimal, aber schlecht.“

      „Und was tun wir jetzt? Wir hätten doch noch ein Stück weiterreiten können.“

      Der Neger schüttelte den Kopf. Seine Nasenflügel waren gebläht, und seine Augen rollten.

      „Nicht gut. Wenn Sandsturm erwischen beim Reiten, dann aus. Alle sich verirren, kommen um.“

      „Dann laß uns doch hinter die nächste Düne reiten, da sind wir besser geschützt.“

      Wieder schüttelte Batuti energisch den Kopf.

      „Nix gut. Viel Wind tragen Sandberg ab, dann wir gleich lebendig begraben.“

      „Du mußt es ja wissen.“

      Dan verließ sich auf seinen Freund und dessen Anordnungen, denn Batuti verfügte in dieser Hinsicht über die besseren Erfahrungen.

      Die Kamele taten schon rein instinktiv das, was die Naturgesetze ihnen befahlen. Sie drehten die Schädel aus der Windrichtung, wölbten ihre Rücken und boten dem sich nahenden Unheil die Rückseite.

      Ihre Körper zitterten,