Seewölfe Paket 19. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397785
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mich nicht an diese Bastarde, Jaime! Wenn ich nur an sie denke, könnte ich rasend werden. Das wird sich erst ändern, wenn mir diese Hunde winselnd aus der Hand fressen. Und das wird bald der Fall sein, das schwöre ich euch.“

      Niemand sagte etwas darauf, selbst der geschwätzige Emile Boussac nicht. Sie wußten alle, was es für Folgen haben konnte, wenn die Black Queen innerlich kochte. Da genügte mitunter ein verkehrtes Wort oder ein schräger Blick, und sie riß ihr Entermesser aus dem Gürtel und stieß zu. Das aber wollte keiner riskieren, denn die Aussicht, halbtot oder tot über die berüchtigte Totenrutsche von Tortuga ins Wasser zu gleiten, wo eine Schar gefräßiger Haie ständig auf Nachschub lauerte, war alles andere als verlockend.

      Bald war die Felsenkneipe „Zur Schildkröte“ erreicht. In der Grotte herrschte buchstäblich dicke Luft, es roch nach Bier, Wein, Rum und Schweiß. An den Tischen im Schankraum und in den zahlreichen Felsnischen verstummten sofort alle Gespräche, als die Black Queen mit ihrem Gefolge eintrat und sich mit prüfenden Blicken umsah. Es fiel den Zechern sehr wohl auf, daß sie dabei stets die Hand am Griff ihrer silberbeschlagenen Pistole hatte.

      Lediglich Diego glaubte es dem Ruf seiner Kneipe schuldig zu sein – und wohl auch ein bißchen dem eigenen Hals –, die neuen „Gäste“ überschwenglich zu begrüßen. Er ahnte zwar instinktiv, daß es irgendwann Ärger geben würde, aber Geschäft war eben Geschäft.

      „Welch eine Überraschung, dich in meiner bescheidenen Schenke zu sehen, Black Queen“, sagte er dienernd. „Wo möchtest du dich mit deinen Leuten niederlassen? Wenn euch der Trubel stört, lasse ich natürlich einige Trunkenbolde rauswerfen.“

      Diego deutete eine leichte Verbeugung an, nicht ohne einen flüchtigen Blick auf die festen, nackten Brüste der Piratin zu werfen.

      „Nicht nötig“, erwiderte die Queen. „Wenn mir eine Visage nicht paßt, werfe ich den dazugehörigen Kerl schon selber raus. Doch vielleicht hast du eine ruhige Ecke für uns, von der aus man die Grotte überblicken kann.“

      „Natürlich!“

      Diego eilte dienstbeflissen zu einer Felsennische, um einen hageren Kerl, der dort mit glasigem Blick hockte und wie hypnotisiert auf die halbnackte Black Queen starrte, zu verscheuchen.

      „Verschwinde, Pedro!“ sagte er mit gedämpfter Stimme. „Dieser Platz wird gebraucht.“

      Doch der hagere Mann, dem man den Schnapphahn auf den ersten Blick ansah, zeigte keine Anstalten, sich zu erheben. Seine gierigen Blicke hatten sich an der Negerin, die mit ihren Begleitern langsam auf die Nische zuging, festgesaugt.

      „Du sollst verschwinden, Pedro!“ drängte Diego und packte den Hageren an der Schulter.

      Doch der schüttelte die Hand des dicken Wirts ab.

      „Ich – ich denke nicht daran!“ stieß er mit schwerer Zunge hervor. „We-wegen einer hergelaufenen Hafenhure stehe ich nicht auf. Bring mir noch einen Humpen Bier, Diego!“ Auf dem zernarbten Gesicht des Mannes erschien ein anzügliches Grinsen. Er schien nicht zu begreifen, mit wem er es zu tun hatte. Lallend fuhr er fort: „Die geht aber ran, he? Ist schon fast nackt. Teufel, was für ein Weib! We-wenn sie Platz braucht, soll sie sich doch zu mir setzen! Meine Knie sind noch frei.“

      Diego erbleichte, und plötzlich war es in der Grotte so still, als befände man sich auf einem Friedhof.

      Die Black Queen verhielt ihre Schritte, ihre pechschwarzen Augen funkelten böse.

      „Du scheinst mich mit jemandem zu verwechseln, du Mistkerl“, sagte sie mit gefährlich leiser Stimme. „Deshalb wird es Zeit, daß du mich kennenlernst. Ich mag es nämlich nicht, wenn mich ein stinkender Ziegenbock als Hafenhure bezeichnet.“

      Wie durch Zauberei lag plötzlich die doppelläufige Pistole in ihrer Hand. Ein Schuß krachte, und aus einem der beiden Läufe stach eine grelle Mündungsflamme hervor. Ohne noch einen Laut von sich zu geben, kippte der hagere Kerl von der Holzbank. Auf seiner Stirn klaffte ein Loch.

      Die Queen drehte sich mit steinernem Gesicht um, immer noch die Pistole in der Hand haltend.

      „Möchte noch jemand ein anzügliches Kompliment loswerden?“ fragte sie, und ihre Stimme klang unsagbar kalt und böse. „Ich habe noch eine Kugel im zweiten Lauf, und die Haie, die unter der Totenrutsche warten, vertragen bestimmt noch einen zweiten Happen.“

      Es herrschte noch immer Totenstille. Niemand rührte sich. Selbst diejenigen, die nach ihren Humpen gegriffen hatten, führten sie nicht zum Mund.

      Die Black Queen selber löste die allgemeine Verkrampfung.

      „Laß den Toten wegschaffen, Diego“, sagte sie und schob die Pistole in den Gürtel zurück.

      Noch während der Wirt dafür sorgte, daß die Schankknechte die Leiche hinaustrugen, ließ sich die schwarze Piratin, als sei nicht das geringste vorgefallen, mit Caligula, Willem Tomdijk, Jaime Cerrana und Emile Boussac in der „frei gewordenen“ Nische nieder.

      „Bring uns Wein, Diego“, sagte Caligula, „aber den besten Tropfen, den du im Keller hast.“

      Diego, der heftig schwitzte, eilte zum Schanktisch und griff sich einige der bereitstehenden Kruken. Einen Helfer beauftragte er damit, die Humpen zu tragen.

      Inzwischen wanderten die Blicke der Queen und ihrer Begleiter durch die Grotte. Eine ganze Reihe von Zechern hatte es plötzlich eilig mit dem Verlassen der „Schildkröte“, viele aber wagten nicht einmal, sich von ihren Plätzen zu erheben.

      Den dicken Diego störte es nicht, wenn zahlreiche Holzbänke frei wurden, denn er erwartete noch jede Menge Gäste von den vier Schiffen.

      Nachdem die Humpen mit funkelndem Rotwein gefüllt waren, trank die Black Queen einen Schluck und stellte den Humpen auf den Tisch.

      „Setz dich, Dicker“, erklärte sie. „Ich habe dir einiges zu sagen.“

      Diego verspürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Was hatte diese Aufforderung zu bedeuten? Was wollte die Black Queen von ihm? Hatte sie gar etwas an seinem Wein auszusetzen? Du lieber Himmel, er hatte wirklich den besten Tropfen aus dem Keller holen lassen!

      Der dicke Wirt setzte sich.

      „Was – was gibt es?“ fragte er. Er konnte seine Erregung kaum verbergen. Sein Blick wirkte unruhig, und auf seiner Stirn glänzten dicke Schweißtropfen.

      „Du kennst doch eine Menge Leute“, begann die Piratin. „Und du hast einige Bedienstete, nicht wahr?“

      „Ja-ja, natürlich“, erwiderte Diego und nickte eifrig. „Ich habe einige. Schankknechte – faule Kerle übrigens, denen man öfter mal in den Hintern treten muß.“

      „Das ist deine Sache“, fuhr die Queen lächelnd fort. „Jedenfalls könntest du einige davon losschicken, damit sie eine Nachricht über die Insel verbreiten.“ Die Frau lächelte immer noch. Nach einer kurzen Pause, in der sie in langen Zügen von dem guten spanischen Rotwein trank, von dem niemand so recht wußte, wie Diego ihn beschaffte, fuhr sie fort: „Ich werde nämlich ab sofort die Herrschaft über Tortuga antreten, damit dem regierungslosen Zustand auf der Insel ein Ende bereitet wird. Ab sofort bestimme ich, was hier geschieht, ich bin sozusagen das Gesetz. Hast du mich verstanden, Diego?“

      Der Wirt war bestürzt, aber er verstand es, diesen Zustand weitgehend zu verbergen.

      „Ich – ich habe dich verstanden“, sagte er Hastig. „Du – du wirst die Königin von Tortuga …“

      „Irrtum“, sagte die Schwarze. „Ich werde es nicht, ich bin es schon, damit das klar ist!“

      „Ganz klar“, bestätigte Diego. „Ich werde dafür sorgen, daß jeder auf Tortuga es erfährt.“

      „Das hoffe ich“, sagte die Queen, „denn du bist ab sofort mein Vertrauensmann auf dieser Insel. Deshalb hast du auch als erster von meiner Machtübernahme erfahren.“

      „Oh, das ist mir eine Ehre“, beteuerte Diego, obwohl ihm fast speiübel