Mein Dad beschrieb seinen ersten Alleinflug als einen der größten Spannungsmomente seines Lebens. Ich weiß genau, was er damit meinte. Es ist ein beglückendes Gefühl, in einem Cockpit zu sitzen, die Startbahn entlang zu beschleunigen und sich schließlich in die Lüfte zu erheben. Das Flugzeug kümmert es nicht, woher du kommst, wo du zur Schule gegangen bist oder wer deine Eltern sind. Alles, was zählt, sind deine Flugkenntnisse und dein Können. Tom Wolfe nannte das den »Stoff, aus dem die Helden sind«.
Im winterlichen Minnesota flog Fähnrich George Bush beinahe jeden Tag unter frostigen Bedingungen. Dort lernte er, sich in der Luft wohlzufühlen und auf Schnee und Eis zu landen – eine wertvolle Fähigkeit, aber keine, die im Südpazifik dann sonderlich gefragt ist.
Piloten sagen, dass man sich größer fühle, nachdem man zu fliegen gelernt habe. Im Falle meines Vaters traf das sogar buchstäblich zu. Als ihm sein kommandierender Offizier im Juni 1943 in Corpus Christi schließlich seine goldenen Flugabzeichen anheftete, war er seit seinem Eintritt in die Streitkräfte um sechs Zentimeter gewachsen und maß nun 1 Meter 88. Er war noch nicht ganz 19 Jahre und somit der jüngste Pilot in der United States Navy.
Nach der Fliegerausbildung bekam Dad noch einen kurzen Urlaub zugestanden, bevor er sich seinen nächsten Befehlen würde widmen müssen. Er verbrachte ihn mit seiner Familie in Maine. Seine Mutter hatte großzügigerweise noch einen besonderen Gast eingeladen: Barbara Pierce, die mittlerweile am Smith College studierte, aber gerade Sommerferien hatte. So waren meine Eltern zwei Wochen lang in Maine absolut unzertrennlich. Als der Urlaub zu Ende ging, fassten sie den Entschluss, sich heimlich zu verloben.
Lange ließ sich ihre Verlobung allerdings nicht geheim halten. Im Dezember 1943, kurz vor der Indienststellungszeremonie für den Flugzeugträger USS San Jacinto, der meinen Dad zum Kampfeinsatz transportieren sollte, beschlossen meine Eltern, ihre Familien über ihre Heiratsabsichten zu informieren. Zu ihrem großen Erstaunen schien jedoch bereits jeder Bescheid zu wissen. Ihre Liebe zueinander war einfach offensichtlich. Wie mein Vater meiner Mutter schrieb: »Ich liebe dich, mein Schatz, von ganzem Herzen, und zu wissen, dass du mich auch liebst, bedeutet mir alles. Wie oft habe ich schon an die unermessliche Freude gedacht, die uns eines Tages zuteilwerden wird. Wie glücklich sich unsere Kinder schätzen werden, dich zur Mutter zu haben.« (Diese Zeilen stammen aus einem ihrer wenigen noch erhaltenen Briefe aus Kriegszeiten. Die anderen gingen leider während ihrer etlichen Umzüge verloren.) Nach der Einweihungszeremonie für das Kriegsschiff steckte meine Großmutter meinem Dad einen Verlobungsring zu, der mit einem Sternsaphir besetzt war, den ihre Schwester Nancy beigesteuert hatte. Etwas später, noch am selben Tag, überreichte er ihn Barbara. Sie trägt ihn heute noch – obwohl sie gelegentlich vermutet, dass der Stein in Wirklichkeit nur aus Blauglas besteht …
* * *
IM JANUAR 1944, nachdem er ein intensives eineinhalbjähriges Trainingsprogramm durchlaufen hatte, meldete sich Fähnrich Bush schließlich zum Einsatz an Bord der USS San Jacinto. Das Schiff war nach jener Schlacht benannt, in der General Sam Houston den mexikanischen Caudillo Santa Anna bezwingen konnte. Als vage Vorschau auf das Leben, das meinen Dad noch erwartete, wehten auf dem Flugzeugträger sowohl das Sternenbanner als auch die Lone-Star-Flagge des Staates Texas.
Der junge Navy-Pilot schloss sich einer Reihe von Fliegern an, mit denen er gemeinsam das Geschwader VT-51 bilden sollte. Jack Guy kam aus dem ländlichen Georgia und hatte seinen Job als Bankkassierer hinter sich gelassen, um sich der Navy anzuschließen. Lou Grab war im kalifornischen Sacramento aufgewachsen, wo sein Vater eine Tankstelle besaß. Stan Butchart kam aus Spokane im Bundesstaat Washington und hatte schon immer vorgehabt, Pilot zu werden. Die Mitglieder des Geschwaders hatten alle wenig miteinander gemein. Im Internat hatte George Bush gelernt, wie er zu Mitschülern aus verschiedenen Teilen des Landes eine Beziehung aufbauen konnte. Beim Militär konnte er nun lernen, das Gleiche mit Menschen zu tun, die über einen anderen sozialen Hintergrund als er selbst verfügten.
Mein Vater brachte Leute liebend gern zum Lachen. So dachte er sich etwa auch Spitznamen für jeden aus. (Erinnert euch das vielleicht an jemanden?) Stan Butchart wurde »Butch« gerufen. Jack Guy wurde zu »Jackoguy«, was er seiner mittleren Initiale zu verdanken hatte. Auch mein Vater selbst erhielt einen speziellen Namen. Während eines Trainingsmanövers nahe der Küste Marylands flog er sehr niedrig über einen Strand und erspähte einen Zirkus, der unter ihm errichtet wurde. Offenbar hatten die Zirkustiere keine Erfahrung mit Kampffliegern. So versetzte der Flugzeuglärm die Elefanten in Panik, die sich daraufhin losrissen und durch die Stadt trampelten. Von da an riefen Dads Kumpels ihn »Ellie the Elephant«. Er reagierte, indem er anfing, das Trompetengeräusch eines Elefanten zu imitieren, was er im Verlauf des Krieges anscheinend immer weiter verfeinerte. Ich habe ihn das nie machen hören, obwohl es manchmal, als er Vorsitzender des Republican National Committee war, sehr gut gepasst hätte.
Das Flugzeug, mit dem er die Elefantenpanik auslöste, war eine TBF/TBM Avenger – ein Torpedobomber. Die Avenger war die größte einmotorige Maschine, die von einem Flugzeugträger aus zum Einsatz kam. An Bord fanden der Pilot, zwei Besatzungsmitglieder sowie vier über 200 Kilogramm schwere Bomben Platz. Um die Bewaffnung unterbringen zu können, hatte das Flugzeug einen ausgebeulten Bauch, was ihm den liebevollen Spitznamen »schwangerer Truthahn« einbrachte.
Die Avenger war ein schweres Fluggerät und nicht gerade einfach zu manövrieren. Die größte Herausforderung war dabei, den Flieger auf der schmalen, auf und ab schaukelnden Landebahn eines Flugzeugträgers zu landen. Eine ordentliche Landung verlangte Konzentration, Genauigkeit und Teamwork. Ein Pilot musste sich im richtigen Winkel nähern, sich an die Flaggensignale eines Landeoffiziers halten und dann einen der Fanghaken erwischen, damit man nicht am anderen Ende der Landebahn vom Schiff herunterrutschte. Als Präsident war ich selbst einmal als Passagier an Bord einer S-3B Viking bei einer Landung auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln dabei. Ich hatte seit jeher den größten Respekt vor den Piloten, die auf Flugzeugträgern dienten, aber nach dieser Erfahrung verdoppelte sich dieser Respekt sogar noch.
Im Frühling 1944 stach die San Jac mit Kurs auf den Pazifik in See. Mein Vater saß im Cockpit seiner Avenger für seinen ersten Katapultstart vom neuen Flugzeugträger. Wie er seiner Mutter schrieb, war er »äußerst froh darüber, dass die Maschine funktionierte«. Am 20. April war der Flugzeugträger bereits von Norfolk, Virginia, aus durch den Panamakanal und hinaus nach Pearl Harbor im Pazifischen Ozean gefahren. Die Crew sah dort die verbrannten Überreste der USS Utah sowie der Arizona, was den Männern in Erinnerung rief, warum sie sich überhaupt im Krieg befanden – und wer der Feind war, der ihnen schon bald gegenüberstehen würde.
Die Monate nach Pearl Harbor waren betrüblich gewesen, da die japanische Kriegsmaschinerie sich ihren Weg durch den gesamten pazifischen Raum bahnte. Ab dem Frühling 1942 waren überhaupt nur noch Australien und Neuseeland als alliierte Bollwerke übrig. Das Blatt begann sich im Mai dieses Jahres allerdings zu wenden, als amerikanische und australische Seestreitkräfte den Vormarsch der Japaner bei der Schlacht im Korallenmeer einen Dämpfer versetzten. Einen Monat später fuhren die USA schließlich ihren ersten großen Sieg bei der Schlacht um Midway ein. Von da an begann die Navy einen Feldzug von Insel zu Insel, um alle japanisch besetzten Gebiete zu befreien, mit dem ultimativen Ziel vor Augen, letztlich Japan selbst anzugreifen.
Die erste Mission der San Jac bestand darin, die japanischen Stellungen auf Wake Island anzugreifen. Der Einsatz verlief erfolgreich, aber die Gefechte forderten auch erste Opfer. Bei einem Patrouillenflug verschwand Dads Zimmerkumpel und bester Freund auf dem Flugzeugträger, Jim Wykes, vom Radarschirm. Auch Suchmannschaften konnten ihn nicht finden. Er und seine beiden Crewmitglieder wurde vermisst gemeldet, und schon bald war klar, dass sie nicht zurückkehren würden. Mein Vater litt unter dem Verlust seines Freundes. Er verstand, dass der Tod zum Krieg nun einmal dazugehörte, doch dies war eine sehr persönliche Angelegenheit.
Wenige Tage später verfasste er einen von Herzen kommenden Brief an Jims Mutter. »Ich kenne ihren Sohn gut und habe mich lange genug glücklich schätzen dürfen, mich zu seinen engsten Freunden zu zählen«, schrieb er. »Sein liebenswerter Charakter und seine uneingeschränkte Tugendhaftigkeit haben ihm den Respekt und die Freundschaft jedes Offiziers und jedes gemeinen Mannes im Geschwader