Ein Porträt meines Vaters. George W Bush. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: George W Bush
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854454861
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Stolz im Gesicht meines Vaters, wenn er seinen Freunden erzählte, dass sein Vater Senator gewesen sei. Ich gehe davon aus, dass er sich, unmittelbar nachdem er 1989 bei seiner Einführung in das Amt des Präsidenten den Eid ablegte, gewünscht hätte, diesen Moment mit seinem Vater teilen zu können. Daher war es umso erfreulicher für mich, meinen Dad bei meinen eigenen Vereidigungen 2001 und 2005 umarmen zu dürfen.

      ALS KLEINER JUNGE liebte es mein Dad, mit seinem älteren Bruder Pres (Prescott Bush Jr., benannt nach meinem Großvater) zu teilen. Jedes Mal, wenn er ein Geschenk oder ein neues Spielzeug bekam, rannte mein Vater zu Pres, bot es ihm an und sagte: »Nimm die Hälfte.« Als er ein neues Fahrrad bekam, wollte er Pres die Hälfte überlassen, indem er diesen in eines der Pedale treten ließ. Mein Großvater fing deshalb sogar an, ihn »Nimm die Hälfte« zu nennen.

      Prescott und Dorothy Bush bestanden auf einer rigorosen Schulausbildung für ihre Kinder. Dad verbrachte die ersten acht Jahre seiner Schullaufbahn an der Greenwich Country Day School, einer Privatschule, die von ortsansässigen Familien gegründet worden war. Seine frühesten Erinnerungen an die Schule stehen in starkem Kontrast zu meinen eigenen. An der Greenwich Country Day School wurden viele der Kinder am Morgen mit dem Auto, hinter dessen Steuer der Chauffeur der jeweiligen Familie saß, abgeliefert. An der Sam Houston Elementary im texanischen Midland hingegen gingen die meisten Kinder zu Fuß oder fuhren mit ihren Fahrrädern.

      Die Highschool, die Prescott und Dorothy Bush für ihre beiden ältesten Söhne aussuchten, war die Phillips Academy in Andover, Massachusetts. Meine Großeltern entschieden sich für diese Schule wegen ihres exzellenten akademischen Rufs und da es ihnen ein Anliegen war, dass ihre Söhne auch Jungs aus anderen Teilen des Landes kennenlernten.

      Andover stellte sich als wertvolle Erfahrung heraus, genauso wie auch für mich, als ich eine Generation später dort zur Schule ging. Sowohl mein Vater als auch ich profitierten von der Disziplin und der akademischen Herausforderung. Auch machten wir wichtige Erfahrungen abseits des Klassenzimmers. Als Teenager, die zum ersten Mal auf sich selbst gestellt waren, lernten wir, unabhängig zu sein, hart zu arbeiten und Freundschaften zu schließen.

      In Andover zeigte mein Dad seine ihm ureigenen Führungsqualitäten. Seine Mitschüler fühlten sich von ihm angezogen und wollten ihm folgen. Seine Teamkameraden wählten ihn zum Kapitän der Baseball- und Fußballmannschaften sowie zum Spielertrainer des Basketballteams. Er überwachte die Spendensammlungen der Schulkapelle und wurde in seinem Abschlussjahr zum Schülervertreter gewählt.

      Obwohl mein Vater auf dem Campus ein großes Tier war, ließ er sich seinen Ruf nicht zu Kopf steigen: Eines Tages wurde ein jüngerer Schüler namens Bruce Gelb von ein paar älteren Jungs schikaniert, möglicherweise sogar, weil er einer der wenigen jüdischen Schüler an der Schule war. Als mein Dad das mitbekam, befahl er ihnen, damit aufzuhören. Sie gehorchten ihm. George Bush ging seines Weges und dachte nicht weiter darüber nach. Bruce Gelb allerdings schon. Er erinnerte sich immer daran, dass einer der beliebtesten Jungs auf dem Campus gegenüber seinem Leid nicht die Augen verschlossen hatte. Er wurde später ein lebenslanger engagierter Unterstützer meines Vaters – und mein Vater berief ihn in einige wichtige Regierungsämter. So machte er ihn etwa zum amerikanischen Botschafter in Belgien und zum Direktor der United States Information Agency.

      DAS INTERNAT LEGTE großen Wert auf sein Motto »Das Ende hängt vom Anfang ab« – und George Bush war mit einem guten Anfang gesegnet. Seine Familie liebte ihn, bot ihm eine hervorragende Schulausbildung und vermittelte ihm gute Charaktereigenschaften. Er schloss viele Freundschaften, beeindruckte seine Lehrer und zeichnete sich im Sport aus. Er hatte bald auch seinen nächsten Schritt vor Augen, denn mein Dad war in Yale angenommen worden, wo er in die Fußstapfen seines Vaters treten würde.

      Dann, am 7. Dezember 1941, veränderte sich plötzlich alles. Dad und ein paar seiner Mitschüler überquerten gerade den Schul-Campus nahe der Kapelle, als sie erfuhren, dass die Japaner Pearl Harbor bombardiert hatten. Schon am nächsten Tag formierten sich vor den Rekrutierungsbüros des ganzen Landes lange Warteschlangen voller Freiwilliger.

      Jeder Junge im Alter meines Vaters stand vor der gleichen Entscheidung: sich zum Kriegsdienst zu melden oder den vorbestimmten Lebensweg weiter zu verfolgen. Die Ratschläge, die mein Vater erhielt, wiesen alle in dieselbe Richtung. In jenem Jahr hieß der Redner bei der Abschlussfeier in Andover Harry Stimson, Präsident Roosevelts Kriegsminister und ein Absolvent der Internatsschule. Er drängte die Schulabgänger, das College zu besuchen, und versicherte ihnen, dass ihnen auch später noch die Möglichkeit offenstehe, sich zum Militär zu melden. Prescott Bush war absolut der gleichen Meinung. Er empfahl meinem Dad, nach Yale zu gehen und einen Weg zu finden, die Kriegsanstrengungen von dort aus zu unterstützen.

      Und es gab noch einen weiteren triftigen Grund für meinen Dad, in der Heimat zu bleiben. Während der Weihnachtsferien in seinem Abschlussjahr hatte er in Greenwich an einer Tanzveranstaltung in einem Country Club teilgenommen. Als er sich gerade mit Freunden unterhielt, stach ihm plötzlich die Schönheit eines Mädchens am anderen Ende des Raums ins Auge. Barbara Pierce war 16. Er selbst war 17. Er hätte sie gerne zum Tanzen aufgefordert, doch gab es da ein Problem: Er konnte keinen Walzer tanzen. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich bloß zu unterhalten. Er fand heraus, dass sie aus Rye im Bundesstaat New York stammte und ein Internat in South Carolina besuchte. Sie verstanden sich auf Anhieb und verabredeten sich für den darauffolgenden Tag bei einer Weihnachtsparty im Apawamis Club in Rye.

      An diesem Abend spielte die Band keinen Walzer, und so konnte George H.W. Bush Barbara auf die Tanzfläche bitten. Zwischen ihnen bestand sofort ein Gefühl der Zuneigung, und die beiden wollten in Kontakt bleiben. So trafen sie sich etwa beim Abschlussball der Internatsschule in Andover wieder. An diesem Abend gab er ihr dann zum Abschied einen Gute-Nacht-Kuss. Sie besteht darauf, dass es überhaupt ihr erster war. Keiner von beiden kann sich gut daran erinnern, über was sie sich damals unterhielten, aber sie wissen noch, dass sie sich gegenseitig zum Lachen brachten – und ehe sie sich versahen, verliebten sie sich ineinander.

      Ein Thema, das sie allerdings sehr wohl besprachen, war die Entscheidung meines Dads, sich dem Militär anzuschließen. Mein Vater erklärte meiner Mutter, wie sehr ihn die Attacke auf Pearl Harbor empöre. Der Mord an 2.400 unschuldigen Menschen schürte in ihm die gleiche redliche Empörung, wie sie viele Amerikaner – mich eingeschlossen – nach den Terroranschlägen vom 11. September verspürten. Auch empfand er ein Gefühl der Verpflichtung seinem Land gegenüber. Sein Vater hatte schließlich stets betont, dass die Annehmlichkeiten, die sie genießen durften, gekoppelt seien an die Verpflichtung, im Gegenzug auch wieder etwas zurückzugeben. Um die Bibel zu zitieren: »Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden.« George Bush erkannte, dass ihm sehr viel gegeben worden war. Er befand sich in der körperlichen Verfassung, seinen Dienst zu leisten, und verspürte die Verpflichtung, dies auch zu tun. So teilte er meiner Mutter mit, dass er sich als Flieger den Seestreitkräften anzuschließen gedenke.

      Bis zu diesem Zeitpunkt in seinem Leben hatte sich George Bush noch nicht mit vielen schweren Entscheidungen herumschlagen müssen. Auch hatte er noch nie gegen den Willen seines Vaters gehandelt. Aber Dad hatte seinen Beschluss gefasst und war sich ganz sicher. Nach der Abschlusszeremonie an seiner Highschool sah er seinem Vater in die Augen und sagte: »Ich werde mich melden.« Mein Großvater schüttelte ihm die Hand, da er seine Entscheidung respektierte. Von da an konnte mein Dad auf die volle Unterstützung seines Vaters zählen.

      George H.W. Bush verpflichtete sich am 12. Juni 1942, seinem 18. Geburtstag. Zwei Monate später begleitete ihn sein Vater zur Penn Station in New York, wo er einen Zug nach North Carolina bestieg, um seine militärische Ausbildung zu beginnen. Als mein Vater da am Bahnsteig stand, umarmte ihn der so strenge wie imposante Prescott Bush. Zum ersten Mal in seinem Leben sah Dad seinen Vater weinen.

      KRIEG

      JEDER PILOT ERINNERT SICH an seinen ersten Flug. In meinem Fall war das, als ich 1968 in einer Cessna 172 von der Moody Air Force Base in Valdosta, Georgia, abhob. Für meinen Vater fand dieser Moment 1942 in einer offenen Stearman N2S-3 auf der Wold-Chamberlain Naval Air Base in Minneapolis statt. Die Kadetten nannten dieses Flugzeug »die gelbe Gefahr«, weil es gelb angestrichen und es mitunter recht gefährlich war, es