Lady Wanda: Ich wage zu sagen, dass jeder Mensch mehr oder weniger starker Fetischist ist. Das heißt, es gibt Kleidungsstücke, die ihn faszinieren oder eher abturnen. Nachdem ich ausführlich dazu Stellung genommen habe, was du an innerer Einstellung herausarbeiten solltest, geht es nun um deine äußere Erscheinung. Du musst herausfinden, was dich begehrenswert macht, was deine Schönheit und Einzigartigkeit betont und hervorhebt.
Stelle dich dazu nackt vor den Spiegel und sieh dich genau an. Nun schließe deine Augen und stelle dir verschiedene Kleidungsstücke an dir vor. Dies dauert beim Mann in der Regel weniger lange als bei der Frau. Welches Outfit macht dich sexuell attraktiv? In welchem fühlst du dich besonders stark und sicher? Anregungen und Wünsche des Passiven solltest du dann berücksichtigen, wenn sie mit deinen eigenen Vorlieben übereinstimmen.
Willige als Domme nicht ein, eine Ledertanga zu tragen, wenn du dir darin lächerlich vorkommst, so sehr der Passive auch bettelt. Halte dir immer vor Augen, dass du es bist, die die Maßstäbe setzt. Trage als Dom niemals eine Uniform, weil deine Sklavin sich das so wünscht, während du selbst das blödsinnig findest. Du bist kein Kleiderständer, sondern eine Persönlichkeit!
Du kannst dein Opfer nur fetischistisch locken, wenn euer Fetisch übereinstimmt. Dann aber nutze diese Möglichkeit voll aus, denn optisch sein/ihr Fetischtraum zu sein vereinfacht die Erziehung auf äußerst angenehme Weise. Stimmen eure Fetische in keiner Weise überein, dann liegt es am Passiven, Kompromisse einzugehen oder aber weiter zu suchen.
Das heißt nicht, dass du keine Anregungen annehmen solltest. Aber achte strikt darauf, dass du nur Dinge annimmst, bei denen du mit dir selbst im reinen bleibst. Beispielsweise kann sich eine Domme in Heels wirklich schön finden, obwohl sie erst durch einen Sklaven auf die Idee gekommen ist, mal welche anzuprobieren.
Was nun deinen Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild des/der Sub angeht, so agiere, wie du es für angemessen hältst. Hast du eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sie/er dir gegenüberzutreten hat, dann sprich das deutlich aus und bestehe darauf. Sind dir die Äußerlichkeiten relativ gleichgültig, ziehe dir nicht irgendwelche Kleidungsregeln aus der Nase, deren Einhaltung du doch nicht wirklich streng überwachst.
Die meisten Subs erwarten in dieser Hinsicht Regularien, aber wenn du keine setzen möchtest, dann erkläre das unmissverständlich. Es ist dein gutes Recht, dich nicht mit Dingen zu befassen, dich für dich relativ gleichgültig sind. Sind diese Dinge dir wichtig, dann zeige auch dies unmissverständlich und sei sparsam mit Ausnahmegenehmigungen.
Auch hier gilt: Gehe keine Kompromisse ein aus Angst, keine(n) bessere Sub zu finden! Dies wäre kontraproduktiv, denn er/sie säße somit am längeren Hebel.
Sven: Es gibt nicht »die Kleidung« für eine Session. In der Kleidung drückt sich schon der Respekt für den Spielpartner aus, sei es nun ein Gothenoutfit, Leder schwarz, Straps und Mieder oder ein gepflegter Anzug. Der Effekt liegt sozusagen im Auge des Betrachters. Ich bin sicher, dass es auch Leute gibt, die als Dom im karierten Schlabberhemd, zertretenen Birkenstock-Imitaten und ausgebeulten grünen Breitcordhosen prima Stimmung erzeugen können (als Lehrer vielleicht).
Als Sub mag ich es, wenn meine Partnerin »herrisch« angezogen ist, nicht Spikes und Nieten, sondern eher klein, schwarz, elegant. Wenn ich toppe, mag ich sie in allem Möglichen sehen, je nach Stimmung, Strapse, nackig, Korsett, Kleid …
Werner: Ich selbst ziehe meistens nur eine Lederhose an und ein T-Shirt mit der Aufschrift »Zickenbändiger«. Es geht mir auch nicht um den Effekt des Auftretens, sondern darum, dass wir unseren Spaß haben.
Auch Lady Antigone hat Erfahrungen gesammelt, wie sie sich selbst möglichst dominant präsentieren kann:
Lady Antigone: Zunächst einmal halte ich nicht viel von dem ganzen Tamtam, das einige Damen und Herren an den Tag legen. Ich muss nicht meinen Weg mit Sklaven pflastern, damit nicht auffällt, dass ich schon längst den Boden unter den Füßen verloren habe (lacht). Das Einzige, woran ich anfangs arbeiten musste, war, ohne Zögern meinen Wunsch oder Befehl zu äußern. Ein klares »Ich möchte, dass du dieses und jenes tust/unterläßt«, ohne Zögern und Selbstzweifel ausgesprochen, wirkt Wunder. Dahinter steht allerdings auch, schnell das Für und Wider ebenso wie die Konsequenzen des Wunsches abwägen zu können. Im Übrigen pflege ich nicht zu befehlen, ich wünsche mir Dinge. Du weißt ja: »Ihr Wunsch sei mir Befehl« …
Was mir noch zugute kommt, ist ganz klar, dass ich keine schmächtige Erscheinung bin. Ich falle schon auf, wenn ich anwesend bin. Sicher gibt es auch kleinere mindestens ebenso dominante Menschen. Allerdings bin ich der Meinung, es durch meine Körpergröße ein wenig leichter zu haben.
Kleidung ist für mich keine Sache, über die ich mir Gedanken mache. Sie wähle ich nicht nach dominanten Gesichtspunkten. Allerdings ist es so, dass ich nahezu ausschließlich schwarz trage, gerne elegant, also Kostüme (von Leder, Latex bis Samt oder Leinen), Röcke, auch gerne Korsett drunter, insgesamt eher feminin. Nun ja, und um meine weiteren Fetische zu bedienen: eigentlich immer hohe Schuhe und Strümpfe.
Die Sprechweise und Wortwahl ändert sich – zumindest bei mir – von Situation zu Situation. Liegt ein Unterwerfungskontext vor, wähle ich meine Worte sorgfältiger, spreche langsamer und ruhiger. Eben so wie in einem Geschäftsmeeting. Denn hier wie dort ist es mir ein Anliegen, Probleme, die auf akustischen Missverständnissen beruhen, zu minimieren.
Was die Körpersprache angeht, bemühe ich mich immer, sie so klar zu halten, wie auch meine Wünsche und Ziele sind. Denn ganz klar ist: Wenn ich nicht weiß, wohin es geht und was ich will, kann ich nicht führen.
Chris: Man könnte alleine über die geschickte Selbstinszenierung ein Buch schreiben. Eine Frage ist zum Beispiel, ob man zu den Menschen gehört, die in einem Spiel eine andere Körpersprache verwenden, oder ob kein Bruch stattfindet und man einfach so bleibt, wie man ist. Ein mitleidig abfälliges Lächeln kann im Spiel zur Erregung führen, außerhalb des Spiels zur Ehekrise. Es gibt aber auch gar nicht so wenige Leute, die auch außerhalb des Spiels jemanden suchen, der streng und bestimmt wirkt, wo also keine Veränderung im Spiel stattfindet.
Es muss klar sein, dass dominante Selbstinszenierung weder notwendig noch besonders typisch für ein Spiel ist. Die Frage »Wenn du mit dominanter Selbstinszenierung spielst, was tust du dann?« kann ich aber zumindest für mich beantworten.
In einer Diskussionsgruppe erzählte eine Frau, dass das Zauberwort »Ich will!« heißt. Da ist etwas Wahres dran. Wenn man das, was man verlangt, wirklich will, ist die Frage der Glaubwürdigkeit und meistens auch die Frage des Ambientes geklärt. Das darf man natürlich nicht mit Rücksichtslosigkeit verwechseln. Es gibt Ausprägungen, die man immer wieder liest, zum Beispiel: »Wenn sie sich so daneben benimmt, dass sie offensichtlich bestraft werden will, dann bestrafe ich sie extra nicht.« Das empfinde ich als ein bisschen niedlich, aber es zeigt eine bestimmte Richtung an. Zwischen Partnern kommt oft die zusätzliche Schwierigkeit dazu, dass man sich zu gut kennt und einem die Rolle einfach nicht abnimmt oder dass zuviel Alltag das Spiel unmöglich macht. Eben noch der liebe zähneputzende Kuschelbär am Waschbecken und jetzt der peitschenschwingende Supersado in Leder. Kein einfacher Spagat. Die meisten Menschen, die ich ernst genommen habe, waren sehr weit weg vom »Geschichte-der-O«-Klischee, sondern eine sehr gelungene und zumeist höchst individuelle Mischung aus Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Authentizität. Da gibt’s einen Menschen, der einfach sehr nett lächelt, während er wirklich gerne und hart zuschlägt. Und er sagt »Ich finde Rohrstöcke einfach geil!« mit dem gleichen Grinsen, mit dem er sich über den neuen Kinofilm freut.
Ihm nehme ich sein Spiel einfach zu hundert Prozent ab. Mir ist es selbst passiert, dass in einer Kneipe eine Frau sehr bestimmt gesagt hat »und du holst mir jetzt einen Kaffee«, und der Kontext völlig eindeutig war. Das habe ich auch sofort geschluckt und bin den Kaffee holen gegangen (und fand es toll). Eine andere Begebenheit: Ich fand dieses Klischee vom Stiefellecken immer doof. Eine Frau, von der ich wusste, dass sie solchen Kram mag, wurde Spielpartnerin von mir, und ich sagte ihr, dass ich das wahrscheinlich schwierig und merkwürdig finde. Sie antwortete: »Sicher wirst du meine Stiefel lecken, da mach