Die Erfahrung lehrt, dass dieser Schritt nicht so einfach ist, wie er sich anhört. Sich selbst zu erkennen, bereitet immense Schwierigkeiten, da sich Grenzen und Ansichten beständig ändern und man sich neu definieren muss. Wichtig ist die Harmonie zwischen Rolle und dem inneren Befinden. Ist diese Harmonie nicht da, sollte kein Rollenspiel stattfinden.
Nach äußeren Gesichtspunkten kann solch ein Rollenspiel trotzdem gelingen, aber du wirst zurückbleiben mit einem schlechten Nachgeschmack.
Das darf nicht sein. Du bist der/die Dominante, und es geht darum, dass du nur tust, was dir gut tut. Versuche das zu verinnerlichen, wenn es auch profan klingt. Lasse dich nicht benutzen, weder vom drängenden Passiven, noch von einem falsch verstandenen Ehrgeiz deine dauerhafte dominante Präsenz betreffend.
Das Zauberwort »Authentizität« ist also keine in die Wiege gelegte Eigenschaft, die man hat oder eben nicht. Wenn du Lust auf dominante Rollenspiele hast, dann darfst du deine Dominanz auch ausleben – unabhängig davon, ob du das stundenweise tust oder dies die Hauptrolle in deinem Leben einnehmen soll. Lasse dich also nicht beirren von sogenannten Überdom(me)s, die vorgeben, den einzig wahren Weg gefunden zu haben. Finde deinen eigenen Weg, denn es gibt eine große Auswahl an Möglichkeiten! Für den gewählten Augenblick wirst du »echt« sein, weil du die Rolle gerne spielst, das ist es, was zählt.
Sven: Die Protagonisten eines solchen Spiels sollten sich beide über die Intentionen des jeweiligen Gegenübers klar sein. Hier ist, wie so oft, Reden angesagt. Mit »Ich tu alles für dich!« als alleiniger Erläuterung der eigenen Wünsche ist ein Scheitern in der Regel vorprogrammiert.
Ein weiterer Tip ist, sich nicht auf die reinen Praktiken zu beschränken. Dass die Wunschdomme liebend gern den Hintern versohlt und Sub sich mit Wonne bestrafen läßt, heißt noch lange nicht, dass beide spielkompatibel sind, geschweige denn für eine geeignet. Viele meiner Geschlechtsgenossen bleiben in der Szene solo, weil die die sockenwaschkompatible Erfüllungsgehilfin ihrer schmalspurigen Fantasien suchen statt einer menschlich geeigneten Partnerin, mit der man im Zweifel das Feld SM in aller Ruhe abgrasen kann.
Was ich auch schon in anderem Zusammenhang erwähnt habe: Zu hohe Erwartungen an die menschlichen und spielerischen Qualitäten des jeweils anderen können eine Beziehung sehr schnell in erheblichen Frust abgleiten lassen. Den Superdom, der das arme unglückliche Mausi nimmt und ihr für den Rest des Lebens alle Probleme aus der Welt schafft, gibt es ebenso wenig wie die dauergeile Dreilochstute mit Gewichts- und Permablondgarantie komplett mit Hausarbeitsfetisch.
Aber: Vor lauter Theoretisiererei sollte man (frau) sich den Spaß nicht verderben lassen! Der gesunde Menschenverstand, ab und zu eingeschaltet, weist ganz oft den richtigen Weg. Und dass mal etwas schief geht, lässt sich sowieso nie ausschließen. Die Entdeckungsreise ins Ich, die mit einem ersten Unterwerfungsspiel verbunden ist, ist fast immer spannend und lohnend!
Mir fällt auch noch ein Rat an potentielle Subs in Unterwerfungsbeziehungen ein: Es gibt Augenblicke, da ist man versucht, Kränkungen oder einfach die üblichen nervigen Kleinigkeiten in der Beziehung herunterzuschlucken, weil man ja Sub ist. Das geht auf Dauer garantiert schief. Sub hat hier in meinen Augen auf jeden Fall sowohl das Recht als auch die Pflicht, Laut zu geben, wie in jeder anderen Beziehung auch. Davon unberührt ist das Recht des Tops zu entscheiden, wie er damit umgeht. Ich persönlich finde es in der Sub-Rolle wahnsinnig schwierig, angemessen zu reagieren. Da sitzt der »Sie ist Top, sie darf das«-Reflex viel zu tief.
Umgekehrt muss Top hier natürlich auch ein waches Auge haben, damit Sub nicht irgendwas in sich hineinfrisst.
Natalia: Klärt vorher ab, ob die Regeln des »normalen« Umgangs gelten sollen, oder ihr euch im Unterwerfungskontext trefft. Trifft letzteres zu, so sollte die Domme von Anfang an klar und sicher auftreten
Baut keine zu hohen Erwartungen auf. Beim ersten Mal ist es vollkommen okay, »nur« Kaffee zu trinken oder einfach die kleinen Selbstverständlichkeiten des Unterwerfungsumgangs zu genießen.
Wie man im Unterwerfungskontext miteinander umgeht, kann sehr unterschiedlich sein. Üblicherweise wird die Domme eine Vorstellung haben, in welcher Art und Weise die Unterhaltung geführt werden soll. Die Art, wie sie sich gibt, ist also entscheidend.
Das erste Spiel ist jedenfalls etwas, wofür man sich Zeit lassen sollte. Man braucht eigentlich nicht viel Material. Mit einer Augenbinde, Massagebürste, Kerzen und einem Kochlöffel lässt sich schon viel anfangen. Wichtiger ist es, Zeit zu haben, einen ruhigen Ort, den Wunsch, sich einzulassen auf diese neue »Wirklichkeit«, die neue »Facette« der eigenen Persönlichkeit, die man erproben möchte. Nun sollte man eine angemessene Atmosphäre schaffen. Kerzen, gregorianische Gesänge oder andere gute Musik sowie eine erotische Bekleidung leisten da gute Dienste.
Im Reich der erotischen Herrschaft – wie man eine gelungene Szene gestaltet
Woran sollte man denken, wenn man einen Abend vorbereitet, in dessen Zentrum ein Unterwerfungsspiel steht?
Natalia: Ein gutes Spiel hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Nachdem man sich also entschieden hat, die Wirklichkeit zu wechseln und in die Unterwerfungsidentität zu schlüpfen, ist es gut, sich und dem Gegenüber diesen Wechsel und somit den Anfang des Spiels zu verdeutlichen, zum Beispiel indem die Domme dem Sub ein Halsband umlegt. Damit gelten nun nicht mehr die Regeln der normalen Welt, sondern »ihre« Regeln – wie auch immer die lauten mögen.
Ein guter Beginn ist es, dem Sub zu befehlen, sich vor eine Wand zu knien, um sich einzustimmen, und von selbst zur Domme zu kommen, wenn er innerlich in der Sub-Rolle angelangt ist. Oder er kniet vor der Domme und küsst ihr zur Begrüßung die Füße. Man kann ihn auch stehen lassen und ihm die Augen verbinden.
Wie es nun weitergeht, hängt von den Vorlieben der Domme ab. Vielleicht wird sie dem Sub die Handgelenke fesseln und ihn so einfache Aufgaben erledigen lassen: Kerzen anzünden, Wein holen und ähnliches. Die Aufgabe muss natürlich perfekt ausgeführt sein, sonst gibt es zumindest einen Tadel. Oder man verbindet ihm die Augen und »quält« ihn mit Kratzen und Kneifen, streichelt wohl auch mal oder tropft Kerzenwachs (kein Bienenwachs!) auf seinen Körper. Denkbar ist es natürlich auch, mit leichten Schlägen zu beginnen, die wiederum mit Streicheln abwechseln.
Es gibt noch so viele Möglichkeiten. Das Beste ist, einfach anzufangen und in sich hineinzuhorchen, was man gern tun würde – als Domme.
Die Aufgabe des Subs ist es, sich fallen zu lassen und mitzugehen. Es mag sein, dass die Domme das Spiel bestimmt, doch er muss mitspielen. Viele Subs neigen dazu, sich in Passivität fallen zu lassen. Das macht es der Domme dann sehr schwer. Auch der Sub kann das Spiel durch Vorschläge, Bitten, die Art und Weise, wie er gehorcht (oder auch nicht), Mimik, Gestik und Gebaren mitbestimmen.
Das Spiel sollte man mit einer entsprechenden Geste beenden. Das Abnehmen des Halsbandes bietet sich an oder der Handkuss zum Abschied. Werden anschließend die Kleider gewechselt, so ist man bald wieder in seinem Alltags-Ich angekommen. Nach harten oder sehr langen Spielen kann dieser Wechsel jedoch mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Später sollte es unbedingt noch ein Gespräch geben. Was war gut? Was hat sich toll angefühlt? Was war weniger schön? Welche Phantasien und Ideen sind hochgekommen? Was hätte ich gerne noch ausprobiert? Das Wichtigste für eine ist es, immer wieder zu reden, denn weder gute Subs noch gute Dommes fallen vom Himmel. Nur wenn man bei sich selbst nachspürt, was einem gut tut, kann man »seinen« Weg finden. Und nur durch Reden und Zuhören kann man dies dem Partner vermitteln und ihm selbst gerecht werden.
Deidra: Es sollte alles, was irgend gebraucht werden könnte, bereit liegen. Nichts sollte zwischendurch geholt werden müssen. Wenn noch ein Anruf erwartet wird, ruft man vorher dort an, sagt, dass man nicht erreichbar ist. Es sollte kein Zeitdruck herrschen: »Du, wir spielen, aber in zwei Stunden kommen unsere Freunde« … Allein die Vorstellung, sie könnten eine halbe Stunde zu früh kommen, lässt einen ganz sicher nicht in Fahrt kommen.
Ich