Um das Volk unter Kontrolle zu halten und Aufruhr möglichst im Keime zu ersticken, ließ Shi Huangdi privaten Waffenbesitz verbieten und große Teile der Bevölkerung seines Reiches umsiedeln, was allerdings zu Aufständen führte. Bei der Niederwerfung dieser Erhebungen ging der Kaiser rigoros vor und so sollen von etwa 30 Millionen Einwohnern Chinas mehr als zwei Millionen durch verschiedene Zwangsmaßnahmen des Herrschers umgekommen sein.
Um die Machtausübung des ersten chinesischen Kaisers nicht nur in negativem Licht erscheinen zu lassen, sei auf seine vielen Reformen und neuen Regelungen hingewiesen, die teilweise sehr lange Bestand hatten. So ließ er das Schriftsystem Chinas nach dem Beispiel Qins vereinheitlichen, führte eine allgemeine Währung in seinem Reich ein und schuf einheitliche Maße und Gewichte.
Die Normierungslust Qin Shihuangdis ging, bestärkt durch den Kanzler Li Si, aber noch viel weiter. Kennzeichnend für die nun alles umfassende Neuordnung wurden detaillierte Vorschriften zur Amtskleidung der Würdenträger und Beamten erlassen. Auch vor dem gemeinen Volk machte der Kaiser nicht Halt. Nicht nur die Größe der Wagen von Bauern und Händlern war exakt vorgegeben, sondern auch, wie die Haartracht und der Schnurrbart der männlichen Untertanen auszusehen hatte. Bei der Bekleidung gab es ebenfalls strikte Vorschriften. Zuwiderhandlung wurde streng bestraft, bis hin zur Todesstrafe.
Das gesamte Reich wurde unter Missachtung der bisherigen Fürstentümer in 36 Kommandanturen und 1.000 Landkreise eingeteilt, die von ausgesuchten kaiserlichen Beamten verwaltet wurden. Es gab dabei eine strenge Hierarchie, die sich über 18 Stufen erstreckte. Jeder dieser Beamten war gezwungen, dem Kaiser jährlich detailliert zu berichten, welche Veränderungen sich in seinem Gebiet ergeben hatten. Dabei wird besonders betont, dass der Kaiser wirklich fähige Leute mit der Funktion von Gouverneuren und Militärkommandanten betraute und keiner seiner Familienangehörigen aus Gefälligkeit hohe Ämter erhielt.
Der Kaiser ließ auch ein riesiges neues Straßensystem von fast 7.000 km Länge anlegen. Diese Straßen verliefen oft über hunderte Kilometer absolut gerade und waren an beiden Seiten mit Bäumen bepflanzt. Für die Erleichterung des Transports wurden auch viele Kanäle gebaut, die teilweise noch heute existieren.
Nachdem Qin Shihuangdi die Grenzen des neuen Reiches durch die große Mauer gesichert hatte, ließ er im Inneren alle Grenzbefestigungen der alten sieben Staaten abtragen und auch die Städte durften nicht mehr befestigt werden. Die vielen Waffen aus Bronze, die er in seinen Kriegen erbeutet hatte, wurden zu riesigen Statuen und Glocken verarbeitet, die vom Ruhm des Kaisers zeugen sollten.
Da er das vereinte China entsprechend repräsentieren wollte, ordnete der Kaiser 212 v. Chr. den Bau einer gigantischen Palastanlage in seiner Hauptstadt Xianyang an, die alle bisherigen Paläste in den Schatten stellen sollte. Allein die Terrasse der Haupthalle soll die Ausmaße von 675 mal 112 Metern gehabt haben. Der Palast wurde allerdings zu Lebzeiten des Kaisers nicht vollendet und nach seinem Tod wieder zerstört. Qin Shihuangdi hatte zudem Kopien von allen Herrscherpalästen der von ihm unterworfenen Reiche in der Hauptstadt errichten lassen. Auch diese sollten von seinen ruhmreichen Taten künden.
Qin Shihuangdi soll angeblich 270 weitere Paläste besessen haben, allerdings ist diese Zahl wohl eine Übertreibung. Der Kaiser verbrachte viel Zeit auf Reisen und legte dabei mit großem Gefolge viele tausend Kilometer zurück. Bei einer dieser Reisen wurden er und seine Begleiter von Aufständischen überfallen und er überlebte nur, weil diese versehentlich die falsche Sänfte attackierten. Bei einem im Jahre 216 v. Chr. von Qin Shihuangdi in Verkleidung unternommenen Rundgang durch seine nächtliche Hauptstadt wurde er von „Banditen“ überfallen und fast getötet; man nimmt an, dass es sich hierbei um eine Verschwörung gehandelt habe.
Trotz seines immer wieder bewiesenen Mutes hatte der Kaiser sehr große Todesangst und war auf der Suche nach dem ewigen Leben. Als er Erzählungen von einer „Insel der Unsterblichkeit“ hörte, sandte er eine große Expedition aus, um diese ausfindig zu machen. Er wollte unter allen Umständen an das „Elixier des Lebens“ gelangen. Die Expedition kehrte niemals zurück. Angeblich sollen die Männer in Japan gelandet sein und dort das japanische Kaisertum begründet haben. Auch eine zweite Expedition verlief erfolglos.
In seiner Todesfurcht beschäftigte sich der Kaiser auch mit allerlei Formen von Zauberei und Schamanismus. Er nahm quecksilberhaltige Essenzen zu sich, die ihm von Alchemisten bereitet wurden, um sein Leben zu verlängern; allerdings scheint er es dadurch eher verkürzt zu haben.
Irgendwann, so meinen viele, die sich mit dem Kaiser beschäftigt haben, sei Qin Shihuangdi von seiner eigenen Größe geblendet worden und in seinen Vorstellungen über jedes Maß hinausgegangen. Er ließ überall Verherrlichungen seiner Person und seiner Taten in Stein meißeln und aufstellen, in der Hoffnung, dass diese Zeugnisse seiner Größe die Zeiten überdauern würden. Auch duldete er schließlich keinerlei Widerrede mehr und ließ Kritiker unerbittlich töten, was dazu führte, dass er am Ende fast nur noch von Lügnern und Schmeichlern umgeben war und den Kontakt zur Realität völlig verlor.
Der große Eroberer und Einiger Chinas starb am 10. September 210 v. Chr. auf einer seiner Expeditionsreisen vermutlich an einer Quecksilbervergiftung. Bereits sterbend ernannte er seinen ältesten Sohn, Prinz Fu-su, der zuvor bei ihm in Ungnade gefallen war und den er sogar zur Zwangsarbeit an die Mauer geschickt hatte, zu seinem Nachfolger. Ein schriftliches Testament hinterließ er nicht.
Doch dieser letzte Wunsch des zuvor allmächtigen Kaisers wurde von seinen engsten Beratern nicht erfüllt. Sie trieben den Prinzen und dessen fähigsten General mittels einer Intrige zum Selbstmord. Auch verheimlichten sie zunächst den Tod des Kaisers und machten nach dessen verspäteter Bekanntgabe seinen jüngsten Sohn, Prinz Huhai, zum neuen Herrscher Chinas.
Der neue Kaiser nahm den Namen Qin Erh-huangdi an und bestattete seinen Vater in dem riesigem Grabmal, das dieser seit seinem 13. Lebensjahr hatte errichten lassen. Es war eine monströse Totenstadt, umgeben von Mauern und angefüllt mit Luxusgütern. Die Haremsdamen mussten ihrem Herrn, genauso wie viele Arbeiter, die um die Geheimnisse des Grabes wussten, in dieses folgen. Sie wurden lebendig eingemauert. Da eine Liebhaberei des Kaisers das Sammeln von Tieren gewesen war, wurde ihm auch dieser damals sicherlich größte Zoo der Welt mit ins Grab gegeben.
So geriet noch die Reise Qin Shihuangdis in die Ewigkeit zum großen Massaker. Immerhin schien er seinem Nachfolger ein geeintes und starkes Reich zu hinterlassen. Doch konnte sich Qin Erh-huangdi nicht lange an der Macht halten, da er in keiner Weise die Fähigkeiten seines Vaters besaß. Überall kam es zu Erhebungen und schon 207 v. Chr. wurden die Qin-Armeen von Aufständischen vernichtend geschlagen und der junge Herrscher getötet. Das prunkvolle Grabmal des großen Kaisers wurde verwüstet. 206 v. Chr. gelangte schließlich die Han-Dynastie an die Macht.
Der erste Kaiser Chinas wurde schon bald nach seinem Ende äußerst negativ beurteilt. Viele Jahrhunderte lang genoss er keinerlei Glorifizierung, wie sie anderen großen Eroberern zuteil wurde. Man sah ihn als blutrünstigen Despoten und Tyrannen, der durch seine Politik zum raschen Ende seiner Dynastie beigetragen habe. Später stellte man ihn mit Dschingis Khan auf eine Stufe. Erst in kommunistischer Zeit wurde er wieder positiver bewertet. Gewisse Ähnlichkeiten mit Mao Zedong sind ja auch durchaus gegeben.
Fest steht, dass der erste Kaiser Chinas eine sehr kraftvolle und energiegeladene Persönlichkeit war, die das Ziel der Einigung des Landes und der Schaffung eines mächtigen zentral regierten Reiches hartnäckig und kompromisslos verfolgte. Seine konsequente und rasche Eroberung aller Teilreiche beweist seine großen strategischen Fähigkeiten. Ohne ihn wäre die weitere Entwicklung Chinas wohl völlig anders verlaufen.
HANNIBAL BARKAS
(247 v. Chr.–183 v. Chr.)
Es gibt große militärische Führer, die ihre Karriere als Sieger beendeten, und solche, die am Ende ihrer Laufbahn unterlagen und letztlich scheiterten. Das heißt jedoch nicht, dass