Systemische Antibiotikagabe in der Therapie der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis
Systemische Antibiotikagabe wird als adjuvante Maßnahme zur mechanischen Biofilmbehandlung in der Therapie der periimplantären Infektionen eingesetzt. Die klinische Effektivität der systemischen Antibiotikagabe als Monotherapie wurde bislang nicht untersucht. Bei den meisten Studien zur Therapie der periimplantären Infektionen mit adjuvanter systemischer Antibiotikagabe handelt es sich um Fallserien oder retrospektive Studien ohne eine Kontroll- oder Placebo-Gruppe, die zur Bewertung der klinischen Effektivität dieser Maßnahme nicht geeignet sind69,70.
Bislang sind nur wenige kontrollierte, randomisierte Studien bekannt, die sich mit der Fragestellung „Wie ist die klinische Wirksamkeit einer adjuvanten, systemischen antimikrobiellen Therapie im Vergleich zu konventionellen Therapieverfahren der periimplantären Mukositis (nichtchirurgisches Therapieverfahren) und der Periimplantitis (nichtchirurgisches und chirurgisches Therapieverfahren)?“ auseinandersetzen50,71–74.
Systemische Antibiotikagabe in der Therapie der periimplantären Mukositis
Wird der Fokus auf die klinische Effektivität der adjuvanten systemische Antibiotikagabe bei der Therapie der periimplantären Mukositis gerichtet, so kann in der derzeit einzigen publizierten kontrollierten, randomisierten Studie keine Verbesserung bei Gabe von Azithromycin (500 mg an Tag 1 und 250 mg an den Tagen 2 bis 4) gegenüber einem mechanischen Debridement festgestellt werden72 (Tab. 1).
Tab. 1 Adjuvante systemische Antibiotikagabe zur Behandlung der periimplantären Mukositis (BL=Baseline, BOP=bleeding on probing/Blutung auf Sondierung, ST=Sondierungstiefe).
Systemische Antibiotikagabe in der nichtchirurgischen Therapie der Periimplantitis
Bislang ist eine kontrollierte, randomisierte Studie bekannt, die die klinische Effektivität einer adjuvanten systemischen Antibiotikagabe in der nichtchirurgischen Therapie der Periimplantitis untersucht74. Ein Therapieerfolg (ST < 5 mm, BOP-, kein Knochenabbau) konnte nach adjuvanter systemischer Gabe von 400 mg Metronidazol und 500 mg Amoxicillin (3/Tag für 14 Tage) zum subgingivalen Debridement mit Teflon-Küretten und professioneller Zahnreinigung im 3-monatigen Turnus nur zu 50 bzw. 65 % in der Test- bzw. Placebogruppe nach einem Jahr erreicht werden (Tab. 2).
Tab. 2 Adjuvante systemische Antibiotikagabe zur nichtchirurgischen Therapie der Periimplantitis (BL=Baseline, BOP=bleeding on probing/Blutung auf Sondierung, ST=Sondierungstiefe, MTX=Metronidazol, AMX=Amoxicillin).
Systemische Antibiotikagabe in der chirurgischen Therapie der Periimplantitis
Die klinische Effektivität einer adjuvanten systemischen Antibiotikagabe zur chirurgischen Therapie der Periimplantitis wurde nach derzeitigem Kenntnisstand nur in drei Studien untersucht50,71,73 (Tab. 3). Die Erfolgsrate in der Testgruppe mit chirurgischer Intervention und Azithromycin-Gabe von 250 mg täglich für 5 Tage ab dem Operationstag war 22 % höher als in der Kontrollgruppe mit alleiniger Lappenoperation. Eine vergleichbare Keimzahlreduktion konnte nach 2 und 4 Wochen sowohl mit als auch ohne systemische Antibiotikagabe verzeichnet werden, die nach 12 Monaten jedoch nicht mehr zu beobachten war. Dennoch waren die Ergebnisse dieser Studie nicht statistisch signifikant73.
Tab. 3 Adjuvante systemische Antibiotikagabe zur chirurgischen Therapie der Periimplantitis (BL=Baseline, BOP=bleeding on probing/Blutung auf Sondierung, ST=Sondierungstiefe, CHX=Chlohexidindigluconat).
In einer weiteren Vergleichsstudie wurde der Nutzen einer adjuvanten systemischen Antibiotikagabe und der lokalen antiseptischen Dekontamination der Implantatoberfläche zur resektiven Therapie der Periimplantitis untersucht. Bezogen auf die Gesamtzahl der Implantate lag der Therapieerfolg bei 45 %. Dieser betrug 79 % für die Implantate mit einer nicht modifizierten Oberfläche. Ein Nutzen der adjuvanten systemischen Antibiotikagabe konnte für die Implantate mit modifizierter Oberfläche nach einem Follow-up von 12 Monaten als positiv bewertet werden im Gegensatz zu den nicht modifizierten Implantatoberflächen (Odds ratio 0,27 %; P = 0,506 bzw. Odds ratio 38,69; P = 0,002)71. Die positiven Effekte einer adjuvanten systemischen Antibiotikagabe konnten allerdings in der Auswertung der 3-Jahres-Ergebnisse in der Folgestudie der gleichen Arbeitsgruppe nicht bestätigt werden50.
Zusammenfassung und Empfehlung zur adjuvanten systemischen Antibiotikagabe zur Therapie der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis
Die derzeitige Studienlage liefert nur wenige klinische, randomisierte und kontrollierte Studien, die die klinische Wirksamkeit einer adjuvanten, systemischen antimikrobiellen Therapie im Vergleich zu konventionellen Therapieverfahren der periimplantären Mukositis (nichtchirurgisches Therapieverfahren) und der Periimplantitis (nichtchirurgisches und chirurgisches Therapieverfahren) untersuchen. Die verfügbare Evidenzlage ist nicht ausreichend, um eine dezidierte Empfehlung zu geben. Zusammenfassend bietet eine adjuvante systemische Antibiotikagabe zur Therapie der periimplantären Mukositis und zur nichtchirurgischen Therapie der Periimplantitis nach der derzeit verfügbaren Evidenzlage keine Vorteile gegenüber dem mechanischen Debridement.
In der chirurgischen Therapie der Periimplantitis konnte ein positiver Effekt der adjuvanten systemischen Antibiotikagabe zur resektiven Therapie nur bei rauen im Vergleich zu maschinierten Implantatoberflächen und nur im ersten Jahr nach erfolgter Therapie beobachtet werden.
Weitere kontrollierte, randomisierte Studien sind notwendig, um den zusätzlichen Nutzen einer perioperativen Antibiotikagabe in der Therapie der periimplantären Infektionen zu bewerten.
Eine perioperative systemische Antibiotikagabe im Rahmen der Therapie der periimplantären Infektionen ist in Abhängigkeit vom allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten und dem perioperativen Infektionsrisiko abzuwägen. Die Auswahl des Präparats, die Dosis und die Dauer der Antibiotikagabe sollte nach strenger Indikation und unter der Berücksichtigung der Vermeidung von Resistenzen erfolgen.
Literatur
1. Derks J, Tomasi C. Peri-implant health and disease. A systematic review of current epidemiology. J Clin Periodontol 2015;42 Suppl 16: S158–171.
2. Schwarz F, Derks J, Monje A, Wang HL. Peri-implantitis. J Periodontol 2018;89 Suppl 1:S267–S290.
3. Lindhe J, Meyle J, Group DoEWoP. Peri-implant diseases: Consensus Report of the Sixth European Workshop on Periodontology. J Clin Periodontol 2008;35:282–285.
4. Berglundh T, Armitage G, Araujo MG, et al. Peri-implant diseases and conditions: Consensus report of workgroup 4 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Clin Periodontol 2018;45 Suppl 20:S286–S291.
5. Berglundh T, Lindhe J, Marinello C, Ericsson I, Liljenberg B. Soft tissue reaction to de novo plaque formation on implants and teeth. An experimental study in the dog. Clin Oral Implants Res 1992;3:1–8.
6. Pontoriero R, Tonelli MP, Carnevale G, Mombelli A, Nyman SR, Lang NP. Experimentally induced peri-implant mucositis. A clinical study in humans. Clin Oral Implants Res 1994;5:254–259.
7. Salvi GE, Aglietta M, Eick S, Sculean