Sie steigt in der Baixa aus der Straßenbahn und läuft durch die schnurrgeraden Straßen, die wie ein Schachbrett angelegt sind.
Stephanie setzt sich in eins der vielen Cafés in der Rua Augusta. Neben ihr versucht ein Paar aus Deutschland, etwas zu essen zu bestellen, und zwar auf Deutsch. Das Mädchen, das bedient, bleibt geduldig und bemüht sich vergeblich zu verstehen, was die Frau sagen möchte. Stephanie versteht es natürlich, es ist ja deutsch und nicht zu überhören. Die Frau und ihr Mann zeigen auf die Speisekarte. Die Bedienung schüttelt den Kopf und zeigt auf den Nebentisch. Dort isst eine Frau einen Käsetoast. Nun schütteln die Frau und ihr Mann wieder ihren Kopf und zeigen auf die Speisekarte. Die Bedienung zeigt auf den Käsetoast.
Das Paar schüttelt den Kopf, sie möchten was »Richtiges« essen. Aber wenn sie hier nichts essen können, nur weil gerade keine Essenszeit ist und keiner Deutsch kann, dann werden sie eben woanders hingehen. Was kosten das Wasser und der Kaffee? Fünf Euro, die Kellnerin hält die Finger hoch. Der Mann greift nach seiner Tasche, die er zwischen seine Beine auf den Boden gestellt hat. Aber der Platz zwischen den Beinen ist leer. Die Tasche verschwunden.
Was ist hier schiefgelaufen?
Ohne Panik machen zu wollen – Lissabon ist eine Großstadt mit internationalen Kongressen, vielen Besuchern und Reisegruppen aus aller Welt. 4,5 Millionen Besucher kommen pro Jahr in die Stadt, die zu den schönsten Hauptstädten Europas gehört. An manchen Tagen kommen durch die Kreuzfahrtschiffe, die direkt im Zentrum Lissabons anlegen, 6.000 Besucher an Land. Pro Tag! Oft zur gleichen Zeit. Lissabon ist toll. Das findet nicht nur Stephanie, das finden immer mehr Leute, und Lissabon wird immer voller und die Hochsaison der Taschendiebe immer länger. Die ausländischen Touristen erscheinen vielen Einheimischen reich und sind es im Grunde auch. Sie können es sich leisten zu reisen, haben teure Kameras und finden die Preise in portugiesischen Restaurants und Cafés günstig, während ein Großteil der portugiesischen Bevölkerung mit Gehältern zwischen 600 und 1.000 Euro brutto im Monat zurechtkommen muss.
Auf dem Land und in Kleinstädten gibt es eher wenig Kriminalität, aber in den Touristenzentren sieht das anders aus. Und in den Großstädten Porto und Lissabon sollte man sehr gut auf seine Sachen achten. In Lissabon betrifft das ganz besonders das Stadtzentrum, die Altstadt Alfama mit ihren engen Gassen und labyrinthartigen Treppen, und natürlich die öffentlichen Verkehrsmittel wie die Metro und ganz besonders die Linie 28 der berühmten Straßenbahn.
Auch auf der Seite des Auswärtigen Amtes wird vor den Taschendieben gewarnt. Aber insgesamt gilt Portugal nach wie vor als sicheres Land. Und zu den friedlichsten Ländern zählt es auch: Im Global Peace Index von 2019 liegt es auf Platz 3 der friedlichsten Länder der Welt.
Was können Sie besser machen
Beachten Sie einfach die üblichen Vorsichtsmaßnahmen. Dazu gehört, dass man Wertsachen zu Hause oder im Hotelsafe lässt. Es ist auf jeden Fall gut, von Ausweis, Führerschein und anderen wichtigen Papieren eine Kopie zu haben, die man im Hotel lässt. Wenn möglich, lässt man die Originale dort und hat nur die Kopien bei sich.
Generell gilt: Je voller und touristischer die Gegend, umso größer die Gefahr, dass Taschendiebe am Werk sind. Gutes Beispiel: die gelbe Straßenbahn der Linie 28, die Alfama und die Cafés auf dem Rossio und in der Rua Augusta. Eben überall dort, wo viele Menschen eng zusammen sind und wo es unübersichtlich ist.
Wie man sich schützen kann, ist eigentlich jedem bekannt. Geld nur so viel wie nötig mitzunehmen und an unzugänglichen Stellen aufzubewahren, ist eine Selbstverständlichkeit. Man sollte keine Wertsachen in Tagesrucksäcken transportieren und den Rucksack nicht auf dem Rücken tragen, sondern vorne. Außerdem sollte man die Handtasche immer eng am Körper tragen, eventuell sogar unter der Jacke.
Man sollte sich trotzdem nicht davon abhalten lassen, durch die vielen Gassen der Alfama bis hoch zum Castelo de São Jorge zu gehen, denn von dort hat man einen fantastischen Blick auf Lissabon: auf die große, am Flussufer gelegene Praça do Comércio (»Handelsplatz«), von vielen jedoch Terreiro do Paço (»Schloßplatz«) genannt, weil hier vor dem großen Erdbeben von 1755 der Königspalast stand, auf die Baixa, die nach dem Aufbau zum Nobelviertel Lissabons wurde und die auch heute noch Flanier- und Einkaufsmeile ist, die Alfama mit ihren alten Häusern, und auf das Kloster Convento do Carmo, das nie vollständig wieder aufgebaut wurde, sondern zum Gedenken an die große Katastrophe als Ruine belassen wurde.
LISSABON
Die Einwohnerzahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Jetzt wohnen noch knapp 507.000 Menschen in der Hauptstadt (Quelle Wikipedia, Zahl von 2019). Die Einwohnerzahl ist gesunken, weil viele Menschen aus dem Zentrum in die Vorstädte ziehen, auch weil die Mieten im Zentrum so gestiegen sind. Im Großraum Lissabon wohnen gut 2,8 Millionen Menschen – das sind mehr als ein Viertel der Einwohner Portugals.
Von der Burg – dem Castelo São Jorge – hat man einen fantastischen Blick über die Stadt. Auf der anderen Flussseite, dem Südufer des Tejo, ragt der Cristo Rei auf, eine 28 Meter hohe Statue auf einem 75 Meter hohen Sockel, und das ganze 113 Meter über Flusshöhe. Diese Christusfigur mit ausgebreiteten Armen erinnert nicht ohne Grund an die Christusstatue von Rio de Janeiro, denn diese war ihr Vorbild. Gebaut wurde die Statue in Lissabon in den 50er-Jahren, als Dank dafür, dass Portugal nicht in den zweiten Weltkrieg verwickelt wurde. Zur Einweihung der Statue im Jahr 1959 kamen 300.000 Menschen.
Die rote Ponte 25 de Abril, von der Bevölkerung einfach nur A Ponte (»die Brücke«) genannt, weil sie lange Zeit die einzige Brücke Lissabons war, erinnert an die Golden Gate Bridge in San Francisco. Erst durch den Bau der Ponte 25 de Abril in den 60er-Jahren konnte der Süden so richtig erschlossen werden.
Auf der Lissabonner Seite des Tejo sieht man die sogenannte Baixa. Die Straßen sind wie ein Schachbrett angelegt. Am Ufer liegt die große Praça do Comércio. Es ist das Gebiet des alten Lissabons, das im Jahr 1755 durch ein Erdbeben stark zerstört wurde. Die Baixa wird auch Baixa Pombalina genannt, nach Marquês de Pombal, der damals für den Aufbau der Stadt verantwortlich war.
Hier von der Burg aus sieht man auch den Elevador de Santa Justa, der seit mehr als hundert Jahren die Unterstadt mit der Oberstadt verbindet. Dort steht die Ruine des Convento do Carmo, dessen Dach bei dem Erdbeben einstürzte und nie wieder aufgebaut wurde.
Man sieht auch das Bairro Alto, das lange der Stadtteil von Lissabon war, in dem man nachts ausging, und das auch heute noch ein beliebtes Ausgehviertel ist.
Heraus ragt die weiße Kuppel der Basílica da Estrela, einer Basilika aus dem 18. Jahrhundert. Gegenüber der Kirche liegt der Jardim da Estrela, ein wunderschöner Park, der wie ein kleines Naherholungsgebiet ist.
Unterhalb der Burg liegt die Alfama, der Stadtteil, der damals bei dem Erdbeben nicht zerstört wurde. Hier sind noch kleine, enge Gassen und Treppen, die durch das Viertel führen. Und hier in der Alfama befindet sich auch die Sé de Lisboa, die älteste Kirche der Stadt.
DAS