Um die Rolle besser zu verstehen, die sowohl Saudi-Arabien als auch das Medienimperium Murdoch bei der Förderung der Verleumdungen und Lügen von Climategate gespielt haben, ist es durchaus erwähnenswert, dass es ein kurioses Verhältnis zwischen den beiden gibt. Prinz Alwaleed bin Talal von der saudischen Königsfamilie und Rupert Murdoch sind enge Verbündete, die beiden haben finanzielle Verbindungen. Bis vor kurzem hielt Prinz Alwaleed über seine Firma Kingdom Holding sieben Prozent der Aktien der News Corporation, wodurch er zum zweitgrößten Aktionär nach Rupert Murdoch und seiner Familie wurde. Alwaleed verkaufte seine Aktien erst, als er 2017 wegen Korruption verhaftet wurde, da ihm klar war, dass sein Vermögen wahrscheinlich eingefroren würde. Alle, Murdoch, News Corporation und die saudische Königsfamilie, haben somit ein gemeinsames Motiv, sich dem Klimaschutz zu widersetzen.31
Die Diebe von Climategate wurden nie gefasst. Es gilt als gesichert, dass sowohl Russland als auch Saudi-Arabien eine wichtige Rolle beim Hosten und Verteilen der gestohlenen E-Mails gespielt haben. Saudi-Arabien nutzte die falschen Behauptungen der Klimastrategie direkt bei seinen Bemühungen, den Fortschritt in Richtung eines sinnvollen globalen Klimaabkommens in Kopenhagen zu stoppen. Jüngste Hinweise deuten darauf hin, dass der »Hacker«, der in den Server eingebrochen ist, dies von Russland aus getan hat.32 Angesichts der Manipulation Russlands bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 scheint es durchaus relevant, dass Climategate den gleichen Modus Operandi verwendete und einige der Akteure wie WikiLeaks und Julian Assange auch in dieser Kampagne involviert waren. In der Tat könnte man behaupten, dass es sich um dasselbe Motiv handelt.33
Wladimir Putin hatte ein Interesse daran, dass Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl 2016 verliert, und zwar nicht nur aus geopolitischen Gründen, sondern auch, weil fossile Brennstoffe Russlands wichtigstes Kapital sind und ein Großteil der russischen Wirtschaft vom Export fossiler Brennstoffe abhängt. Eine potenzielle Präsidentschaft von Donald Trump war sowohl für Russland als auch für das weltgrößte Unternehmen für fossile Brennstoffe, ExxonMobil, von großem Nutzen. Sie bot schließlich die Aussicht auf eine Zusammenarbeit zwischen ExxonMobil und der staatlichen russischen Ölgesellschaft Rosneft zur Erschließung der größten derzeit unerschlossenen Ölreserven der Welt – der arktischen, sibirischen und Schwarzmeer-Erdölreserven im Wert von schätzungsweise 500 Milliarden US-Dollar.
Die beiden Unternehmen unterzeichneten 2012 eine Partnerschaft, die blockiert wurde, als die Obama-Regierung 2014 Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Annexion eines Teils der Ukraine (Krim) verhängte. Es erschien sehr wahrscheinlich, dass Hillary Clinton diese Sanktionen beibehalten hätte, Donald Trump jedoch nicht. Auf dem Republikanischen Nationalkonvent im Juli 2016 mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump änderte dessen Kampagnenteam unter der Leitung von Paul Manafort, der mehr als ein Jahrzehnt lang als Lobbyist für Viktor Janukowitsch gearbeitet hatte, die offizielle republikanische Agenda und strich die Formulierung, die die Sanktionen unterstützte.
Nach seiner Amtsübernahme ernannte Trump den Geschäftsführer von ExxonMobil, Rex Tillerson, zu seinem Außenminister. Seine Regierung versuchte, die Sanktionen aufzuheben, die der Ölpartnerschaft zwischen ExxonMobil und Russland im Wege standen. Dank eines Restes an Rückgrat unter den Republikanern im Senat blieben diese Bemühungen allerdings erfolglos. Und dank der Untersuchung unter Leitung des ehemaligen FBI-Direktors Robert Mueller wissen wir heute, dass Russland versucht hat, die Wahl zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen. Es ist plausibel, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass ein Ölgeschäft über eine halbe Billion US-Dollar der Hauptimpuls war. Quid pro quo.
Das bringt uns zurück zu Climategate, bei dem gestohlene E-Mails benutzt wurden, um den Kopenhagener Gipfel im Dezember 2009 zu beeinflussen. Auch dieser Vorfall hat die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie befördert, darunter ExxonMobil und Rosneft, befördert, indem die Akteure versuchten, das wichtigste Argument gegen die fortgesetzte Ausbeutung fossiler Brennstoffe zu untergraben – die Gefahr eines vom Menschen verursachten Klimawandels. Im Hinblick auf Russlands Beweggründe ist es auch erwähnenswert, dass Wladimir Putin offiziell die Vorstellung jeglichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Handeln der Menschen und dem Klimawandel ablehnt. Er argumentiert, dass die Lösung schlicht darin bestünde, sich den Veränderungen anzupassen, und behauptet, dass die globale Erwärmung eigentlich eine gute Sache für Russland sei.34
Wie sich später herausstellte, war Climategate ein früher Testlauf für den größeren Angriff auf den Klimaschutz durch eine Koalition von Petrostaaten, der heute im Gange ist. »USA und Russland verbünden sich mit Saudi-Arabien, um das Klimaversprechen zu verwässern«, lautete die Schlagzeile im Guardian am 9. Dezember 2018, etwa acht Jahre nach Kopenhagen.35 Diese drei Länder – und übrigens auch Kuwait – bildeten eine kleine aber schlagkräftige Koalition, die sich gegen einen Antrag der UNO stellte, die Schlussfolgerungen eines kürzlich erschienenen Sonderberichts des IPCC zu befürworten, in dem vor den Gefahren einer Erderwärmung von über 1,5°C gewarnt wurde.36 Und wo wir schon dabei sind: Was ist mit Brexit, was ist mit den »Gelbwesten«-Protesten gegen die CO2-Steuer in Frankreich oder ähnlichen Revolten in Australien, Kanada und im Bundesstaat Washington? Könnten auch diese Episoden mit den Bemühungen von Akteuren aus Schurkenstaaten zusammenhängen, internationale klimapolitische Fortschritte zu blockieren? Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.
Mutter Natur kann man nicht täuschen
Climategate könnte als das erste Scharmützel im neuen Klimakrieg angesehen werden. Es markierte den kritischen Zeitpunkt, an dem die Kräfte der Verleugnung und Untätigkeit fast alle zugaben, dass sie nicht mehr in der Lage waren, gegen die grundlegenden wissenschaftlichen Beweise glaubwürdig und nach Treu und Glauben zu argumentieren. Daher mussten sie stattdessen neue, ruchlosere Strategien anwenden, um Klimaschutzmaßnahmen zu blockieren.
Eine der Strategien besteht darin, einfach zu lügen. Genau darum ging es bei Climategate. Die Verdrehung der Wahrheit hat sich in der Ära von Trump – der so oft lügt, dass es Journalisten schwerfällt, mit der Zählung Schritt zu halten37 – so sehr normalisiert, dass die Klimawandelleugner sich ermutigt fühlten, mit Leib und Seele zu heucheln. Da ein Großteil der Öffentlichkeit nun die Realität des Klimawandels akzeptiert, zielen ihre Bemühungen auf eine schrumpfende Minderheit von Menschen – eine Teilgruppe der »konservativen Basis« –, die sich mit Ideologien und der Loyalität zu politischen Gruppen identifizieren, diese gegenüber Fakten vorziehen und daraus ihre Motivation ableiten. Umfragen aus dem Jahr 2019 deuten darauf hin, dass der Prozentsatz dieser sogenannten Enttäuschten in der US-amerikanischen Gesellschaft nur noch einstellig ist.38 Aber ihre scheinbare Bedeutung in der öffentlichen Sphäre ist weitaus größer, dank des »Lautsprechers«, der die mit Hilfe von fossilen Brennstoffen finanzierte Maschinerie der Leugnung von Klimaveränderungen stützt. Dieses Megaphon umfasst Fox News und den Rest des Medienimperiums Murdoch sowie Bot-Armeen, die online eingesetzt werden, um unsere sozialen Medien mit Fehlinformationen und Desinformationen zu überschwemmen. Das alles hat den Effekt, extreme Positionen populärer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind. Das Problem umfasst auch gefälschte Berichte und öffentliche Debatten, die von den Interessensvertretungen der fossilen Brennstoffindustrie gesponsert werden, um der Leugnung des Klimawandels einen glaubwürdigen Anstrich zu verleihen.39 Diese Bemühungen bieten rechtsgerichteten Politikern Gesprächsstoff und politische Deckung, während sie sich weiterhin für die Interessen der fossilen Energieträger einsetzen, die ihre Kampagnen finanzieren, anstatt für die Angelegenheiten der Menschen.
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