In diesem Sinne folgt das Differenzierungskriterium des Gegenstandsbereichs der Innovation der Frage, was verändert wird. So lassen sich beispielsweise Produkt- von Prozessinnovationen unterscheiden (vgl. Vahs/Brem (2015) S. 52). Als eine der vielleicht legendärsten Produktinnovationen im Sport ist sicherlich die Entwicklung des Schraubstollenschuhs zu deuten, die – folgt man der Legende – den ersten deutschen Fußballweltmeistertitel 1954 ermöglicht, wenn nicht sogar herbeigeführt hat (vgl. Kulke (2014)). Das Beispiel zeigt auch, dass Sportprodukte häufig als Leistungsbündel vorliegen (vgl. Horch et al. (2014), S. 286). Für die Zuschauer ist der Produktnutzen nur in der Gesamtschau des Spiels zu bewerten. Er generiert sich aus dem Zusammenspiel von Atmosphäre, Spannung, Bedeutung des Spiels (Finale um die Weltmeisterschaft) und – was sich sogar erst mit Abschluss des Spiels manifestierte – dem Spielergebnis, welches Deutschland erst zum Fußballweltmeister machte. Das einzelne, innovative Produkt des Schraubstollenschuhs mag der Legende nach eine zentrale Rolle innerhalb des betreffenden Fußballspiels eingenommen haben und wie man weiß, hat sich das Produkt für viele Jahrzehnte im Fußballsport durchgesetzt. Der Erfolg liegt jedoch nicht am Schuh allein, sondern beispielsweise auch am enormen Erfolg des Fußballs selbst mit mehr als 7,1 Millionen DFB-Mitgliedern im Jahr 2019 nur in Deutschland (vgl. DOSB (2020), S. 9). Auch die Entwicklung des Fosbury-Flops durch den Hochspringer Dick Fosbury – ein Innovationsbeispiel, das an späterer Stelle noch einmal umfassender aufgegriffen wird – ging einher mit der Weiterentwicklung der Landefläche, die damals noch aus Holzschnitzeln bestand, wodurch sich das Ziel einer sicheren Landung stark auf den Sprung selbst auswirkte. Entwicklungen bei den Sprungschuhen förderten darüber hinaus die Verfeinerung der neuen Sprungtechnik (vgl. Goldenberg/Lowengart/Oreg/Bar-Eli (2010), S. 41). Für das gezielte Management von Innovationen birgt dies die Herausforderung, dass Innovationen gerade im Sport oft nicht isoliert entwickelt werden können, sondern vor dem Hintergrund von Leistungsbündeln gedacht und umgesetzt werden müssen.
Ein Beispiel für eine Prozessinnovation im Sport ist die Einführung von NikeiD durch den Sportartikelhersteller Nike. Dieses Konzept bezieht die Kunden direkt in den Produktionsprozess ein, indem sie verschiedene Komponenten oder Farben eines Schuhs individuell zusammenstellen können und so ihre eigenen Schuhe selbst designen, bevor diese nach ihren Wünschen hergestellt werden (vgl. Schallmo/Brecht (2017), S. 3). Während die durch das Beispiel dargestellte Einbeziehung der Konsumenten in die Herstellung eines Sachgutes in den letzten Jahren insbesondere durch technische Entwicklungen einen Aufschwung erfahren hat, ist die Beteiligung von Kunden an der Produkterstellung seit jeher ein typisches Merkmal vieler Sportgüter – ein im Englischen als Co-Creation bezeichneter Sachverhalt (vgl. Hedlund 2014; Woratschek/Horbel/Popp (2014)). Ein Bundesliga-Fußballspiel ohne Zuschauer stellt ein ganz anderes Produkt dar, als ein Spiel vor vollen Rängen. Ein Zumba-Kurs im Fitnessstudio kommt ohne Teilnehmende noch nicht einmal zustande. Und der Berlin-Marathon würde mit zehn Marathonis augenscheinlich ein vollkommen anderes Produkt darstellen als mit vielen tausend beteiligten Sportlern.
Die Beispiele verdeutlichen nicht nur erneut, dass das »Produkt« Sport oft schwer greifbar ist, sie zeigen auch, dass im Sport in vielen Fällen Kunden bzw. Konsumenten in die Erstellung des Produktes eingebunden sind. Die Entwicklung von Innovationen ist dadurch unter Umständen besonders schwer planbar bzw. umsetzbar.
Weitere Unterscheidungsformen nach dem Gegenstandsbereich der Innovation sind Differenzierungen in soziale Innovationen, welche sich auf soziale Ziele beziehen oder organisatorische Innovationen (auch Strukturinnovationen genannt), die Veränderungen in der Aufbau- oder Ablauforganisation beinhalten. Auch die Kategorie der Marketinginnovationen, die sich auf neue Marketing- oder Verkaufsmethoden beziehen, ist relativ verbreitet, ebenso wie die Kategorie der Geschäftsmodellinnovationen, welche eine neuartige Konfiguration der Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens fokussieren (vgl. Vahs/Brem (2015) S. 52). Es zeigt sich, dass die Frage nach dem Gegenstandsbereich der Innovation eine Vielzahl möglicher Kategorien hervorbringt. Auch die an späterer Stelle dargestellten Typen von Innovationen im Sport ließen sich hier einordnen.
Der Auslöser einer Innovation kann hingegen grundsätzlich aus zwei Richtungen kommen. Einerseits kann die Innovation durch den Markt entstehen, d. h. die Bedürfnisse bzw. die Nachfrage der Kunden führen zu einer Innovation, weshalb diese als zweckinduzierte oder auch Pull-Innovation bezeichnet wird. Dieser Innovationsart wird eine relativ hohe Erfolgswahrscheinlichkeit nachgesagt (vgl. Vahs/Brem (2015) S. 63), was unmittelbar nachvollziehbar erscheint, da durch die vorhandene Nachfrage oder die zumindest vorhandenen Bedürfnisse ein großer Schritt in Richtung Durchsetzung der entwickelten Neuheit bereits getan ist. Demgegenüber steht die mittelinduzierte oder auch Push-Innovation, bei welcher der Auslöser meist in neu entwickelten Technologien liegt, deren Anwendungsgebiete noch nicht klar sind (vgl. Vahs/Brem (2015), S. 63). Für die darauf basierende, konkrete Neuheit (Erfindung) muss also zunächst nach korrespondierenden Bedürfnissen gesucht bzw. eine entsprechende Nachfrage entwickelt werden (vgl. Staudt/Kriegesmann (1997), S. 235).
Nach dem Neuheitsgrad lassen sich weiterhin Basisinnovationen, Verbesserungsinnovationen, Anpassungsinnovationen, Imitationen und Scheininnovationen unterscheiden. Es geht dabei letztlich um die Frage, ob die Innovation ganz grundlegend neu ist oder aber eher eine Verbesserung oder sogar Nachahmung darstellt (vgl. Vahs/Brem (2015), S. 64).
Schließlich lassen sich nach dem Veränderungsumfang der Innovation einerseits inkremental-evolutionäre Neuerungen und andererseits radikal-revolutionäre Veränderungen unterscheiden. Während letzteres eher dem traditionellen Verständnis einer Innovation entspricht, welches die Diskontinuitäten hervorhebt, die mit Innovationen einhergehen, werden zunehmend auch langsame, schrittweise Veränderungen als Innovationen betrachtet und ihre möglichen Auswirkungen als durchaus relevant eingeschätzt. Dennoch ist letztlich nicht eindeutig geklärt, ab wann etwas neuartig genug ist, um als Innovation zu gelten (vgl. Vahs/Brem (2015), S. 22/66). Hyysalo ((2009), S. 247 ff.) weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Mikroadaptationen bzw. Mikroinnovationen hin, also sehr kleinen Veränderungen bzw. Neuerungen. Zu seinen vielfältigen Beispielen aus dem Kajaksport gehören der Einsatz von Abflussmessgeräten, die durch eine Verbindung mit dem Internet ermöglichen, vor einer möglicherweise stundenlangen Anreise zu prüfen, ob die Bedingungen für eine Kajakfahrt gut genug ausfallen. Ebenso gehören dazu kleinere Veränderungen an den Flussläufen mittels platzierter Baumstämme, um Strömungsveränderungen herbeizuführen oder das Entfernen von Treibgut. Eingeschlossen sind auch verschiedene Methoden im Umgang mit verschmutztem Wasser wie der Einsatz probiotischer Nahrungsmittel oder sogar von Antibiotika, aber auch das Einführen von Hausregeln und selbst entwickelten Punktesystemen, um auch in der Trockensaison Wettkampfgelegenheiten in die Trainingseinheiten zu implementieren. Die dargestellten Mikroinnovationen werden von den Entwicklern selbst oft gar nicht als Innovationen gedeutet und gerade mit Blick auf das Merkmal der Durchsetzung des Produktes am Markt oder – in diesem Fall – innerhalb der Kajakszene ist auch nicht immer final zu klären, inwieweit die Beispiele vor dem Hintergrund der hier zugrundeliegenden Definition als Innovation gelten würden. Dennoch wird an diesen Beispielen deutlich, wie Mikroinnovationen im Sport aussehen können.
Sind die Veränderungen besonders radikal und in der Lage, bestehende Technologien vom Markt zu verdrängen, wird auch von disruptiven Innovationen gesprochen (vgl. Vahs/Brem (2015), S. 66). Ein Beispiel aus dem Bereich