„Sind Sie noch dran, Herr Norinsky?“, fragte Anselm.
„Was wollen Sie?“
„Da wissen Sie doch. Sommer wird es Ihnen gesagt haben.“
Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen auf der anderen Seite der Leitung. Anselm hörte nur das Atmen seines Gegenübers.
„Wenn Sie glauben, dass Sie Forderungen stellen können...“
„Ich weiß alles über Sie, Herr Norinsky. Über die Fässer mit Säure, von denen man ein paar auf der PRIDE OF EMDEN gefunden hat und von denen noch so viele an mehreren Stellen in Bremen und Umgebung deponiert sind. Ich gebe zu, dass ich diese Fässer für einen Zweck benutzt habe, der vielleicht nicht ganz gesetzeskonform ist. Seit sieben Jahren sammle ich Informationen über sie und den Müll, den Sie möglichst preiswert loszuwerden versuchen. Es hat sich einfach so ergeben und ich denke, wir haben beide dasselbe Interesse.“
„So?“
„Dass vom Inhalt dieser Fässer nie wieder etwas auftaucht. Mögen sie in der Versenkung verschwinden.“
„Sie haben eine seltsame Art, sich auszudrücken.“
„Es wird Sie freuen, dass ich dasselbe will – in der Versenkung verschwinden. Ich weiß, dass Sie die Möglichkeit haben, mir eine neue, perfekte Identität zu verschaffen. Strengen Sie sich an. Sie haben gar keine andere Wahl, als mir zu helfen.“
Eine quälend lange Pause folgte.
„Wir werden uns treffen müssen“, sagte Norinsky.
Ein mattes, kaltes Lächeln spielte um Anselms Lippen. „Nichts dagegen, Herr Norinsky!“
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Wir verließen Maltenheim. Jensen war ziemlich schweigsam. Aber er war nicht der Einzige, der mit dieser Wendung ebenfalls nicht gerechnet hatte.
„Wenn er so gut Französisch spricht, könnte er aus Belgien stammen”, stellte ich fest. „Und da er sich scheinbar nicht traut, über die Grenze zu gehen, müsste man ihn in den dort geführten Dateien über Kriminelle finden.“
„Ich werde mal gleich mit Herr Menninga deswegen telefonieren“, sagte Jan. „Das wird wohl auf höherer Ebene geklärt werden müssen.“
Jan hatte schon sein Handy am Ohr, da klingelte der Apparat von Jensen. Der Kommissar der Mordkommission sagte zweimal kurz hintereinander „Ja!“ und einmal „In Ordnung.“ Nachdem er dann noch einmal „Ist das sicher?“ gefragt hatte, beendete er die Verbindung.
„Das waren die Kollegen vom Erkennungsdienst, die gerade Anselms Apartment untersuchen.“
„Wir sollten uns an diesen Namen nicht allzu sehr gewöhnen“, sagte ich. „Er ist mit Sicherheit falsch.“
„Die Kollegen haben Reste von Blut gefunden. Da muss etwas bis zur Decke gespritzt sein. Und selbst dort, wo Anselm sorgfältig sauber gemacht hat, lassen sich noch mit Luminol Reste nachweisen.“
„Ich denke, das reicht für einen Haftbefehl, oder?“, fragte ich.
Jensen nickte. „Ganz sicher!“
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Wir kehrten zum Präsidium zurück.
Mit Hilfe der Handynummer, die uns Maltenheim gegeben hatte, versuchten die dortigen Innendienst-Kollegen, den Aufenthaltsort zu bestimmen. Aber das Gerät war offensichtlich nicht eingeschaltet. Und so lange das nicht der Fall war, liefen unsere diesbezüglichen Bemühungen zwangsläufig ins Leere.
Ein Anruf der Kripo Emden erreichte mich. Eigentlich hatte ich gehofft, dass es bereits grünes Licht für den Datenaustausch mit den Behörden der Nachbarländer gab, aber unser Kollege Tadaeus Ulfert rief wegen einer anderen Sache an.
Offenbar hatten die Ermittlungen betriebswirtschaftlichen Ermittlungen in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Steuerfahndung Erfolg gehabt. Es war gelungen, die Geldströme zumindest ein Stückweit zurückzuverfolgen, die von Hinnerk Martensteens Konten ausgingen, über verschlungene Pfade nach Liechtenstein via Cayman Islands führten, um schließlich irgendwann ihr Ziel in Nordamerika oder auf einem Schweizer Nummernkonto zu finden.
Ein Name tauchte dabei immer wieder auf. So oft, dass es kein Zufall sein konnte.
„Peter-Ferdinand Norinsky“, sagte Tadaeus Ulfert. „Über ein paar Umwege ist er genau an denselben Briefkastenfirmen beteiligt wie Martensteen und dieser Gregor Sommer – auch wenn da immer irgendeine windige Limited nach britischem Recht zur Verschleierung dazwischen geschaltet ist.“
„Was wissen wir über diesen Norinsky?“, fragte ich.
„Jemand, den wir schon seit langem mit Geldwäschegeschäfte in Verbindung bringen, ohne es ihm beweisen zu können. Außerdem soll er die Drogengeschäfte im südlichen Belgien im Raum Lüttich unter Kontrolle haben. Der Mann nimmt den europäischen Binnenmarkt wirklich ernst! Dass er allerdings auch im Müll-Geschäft dick drinsteckt, ist uns neu.“
„Das ist also der Mann hinter Sommer“, murmelte ich.
„Allerdings wird es schwierig, ihm etwas zu beweisen. Leute, die in der Vergangenheit gegen ihn aussagen wollten, sind kurzerhand umgebracht worden.“
„Was ist mit den Behörden in Belgien?“
„Ein bisschen Geduld noch, Ubbo. Herr Menninga telefoniert schon seit einer halben Stunde mit Brüssel.“
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