Verkleinerungstechnik
Bei der Verkleinerungstechnik untertreibt der Sender seine Bedeutung, um den Empfänger zu ermutigen, diese Untertreibungen in positiver Weise zu korrigieren („Fishing for compliments“).
Beziehungsinhalt
Am Beziehungsanteil einer Nachricht wird deutlich, wie der Sender sein Verhältnis zum Empfänger einschätzt. Die in einer Botschaft enthaltenen Beziehungsaspekte spiegeln sich oft auch in der Art der Formulierung oder im Tonfall wider. Es wird erkennbar, ob der Gesprächspartner den Empfänger als gleichberechtigten Partner betrachtet oder ihn vielleicht als ihm unter- oder übergeordnet einstuft.
Beispiel
Beispiel: Beziehungsbotschaft
Es findet eine wichtige Verhandlung zwischen einem Geschäftsführer, seinem Vertriebsleiter sowie einem potenziellen Neukunden statt. Der Geschäftsführer eröffnet das Gespräch.
Aussage 1: „Meine Herren, ich habe Ihnen ein interessantes Angebot mitgebracht. Unser Vertriebsleiter wird es Ihnen kurz präsentieren. Fragen beantworte ich dann anschließend selbstverständlich selbst."
Aussage 2: „Meine Herren, wir haben Ihnen ein interessantes Angebot mitgebracht. Mein Vertriebsleiter wird es Ihnen präsentieren. Er steht Ihnen anschließend für alle Fragen gern zur Verfügung.“
Beziehungsanteile berühren das Selbstwertgefühl
Die zweite Aussage zeugt von Respekt und macht im Vergleich zur ersten die Wertschätzung des Geschäftsführers für seinen Vertriebsleiter deutlich. Beziehungsbotschaften werden auf der Gefühlsebene wahrgenommen und berühren das Selbstwertgefühl. Die Geringschätzung und Bevormundung bei der ersten Aussage kann daher zu Konflikten führen.
Die Kombination der beiden Merkmale „Wertschätzung“ und „Bevormundung“ ergibt das Verhaltenskreuz. Die möglichen Verhaltensweisen des Senders bzw. Vorgesetzten lassen sich in vier Quadranten dieses Verhaltenskreuzes eintragen:
Verhaltenskreuz
Die vier Quadranten
■ Quadrant 1 stellt eine Führungskraft dar, die in ihrer Art zu kommunizieren dem anderen Wertschätzung entgegenbringt, sich gleichzeitig aber lenkend, bevormundend und kontrollierend verhält.
■ Quadrant 2 zeigt jemanden, der seinen Mitarbeiter als vollwertigen Partner behandelt, ohne ihn zu bevormunden und durch dauernde Vorschriften einzuengen.
■ Quadrant 3 ist ein Vorgesetzter, der den anderen missachtet und seine Abneigung ausdrückt, jedoch kaum lenkt, kontrolliert und bevormundet. In diesem „Laisser-faire“ drückt sich ein „Mach, was du willst“ aus.
■ Quadrant 4 verkörpert einen Chef, der stark dominiert, sich einengend verhält und den Mitarbeiter geringschätzig behandelt.
Diese Ausführungen veranschaulichen das Problem des Vorgesetzten, seine Aussage auf der Beziehungsebene so zu formulieren, dass sie das gewünschte Ergebnis bringt, ohne bevormundend oder geringschätzig zu klingen. Das Verhalten von Führungskräften des zweiten Quadranten wird dem gerecht.
Ergänzende Informationen zum Beziehungsaspekt einer Nachricht finden Sie im Kapitel A1.2 dieses Buches.
Appell
Der vierte Bestandteil einer Nachricht ist der Appell. Mit ihm möchte der Sender beim Empfänger eine gewünschte Wirkung erzielen, das heißt, er versucht, den Empfänger zu beeinflussen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, zu fühlen oder zu denken.
Beispiel
Beispiel: Appell
Ein Mitarbeiter soll dafür gewonnen werden, an einem Samstag anlässlich einer Sonderschicht zu arbeiten.
Möglichkeit 1: „Sie kommen am Samstag. Der Betriebsrat hat dieser Sonderschicht zugestimmt. Bitte seien Sie pünktlich.“
Möglichkeit 2: „Ihre Mithilfe am Samstag ist wichtig.Wir müssen alle mit anpacken, um diesen Kunden zu befriedigen. Ich kann doch mit Ihnen rechnen?“
Der zweite Appell wird beim Mitarbeiter eher auf Verständnis stoßen als der erste.
Einflussnahme: offen und versteckt
Die Einflussnahme kann beim Appell offen oder versteckt erfolgen. Offenkundig sind explizite Appelle, wie beispielsweise Befehle, Anleitungen, Ge- oder Verbote. Die versteckte Einflussnahme ähnelt eher der Manipulation. Ein Beispiel dafür ist zweckdienliches Weinen. Versteckte Appelle sind einseitig und tendenziös. Sie zielen beim Empfänger auf eine bestimmte Wirkung, zum Beispiel auf Hilfsbereitschaft oder auf Mitleidsgefühle.
Nicht nur Appelle, sondern auch Botschaften auf der Beziehungsseite können von dem Ziel bestimmt sein, den anderen „bei Laune zu halten“ – etwa durch unterwürfiges Verhalten oder durch Komplimente.
Wenn Sach-, Selbstoffenbarungs- und Beziehungsbotschaften zweckbestimmt bzw. appellorientiert kommuniziert werden, dann sind sie letztendlich nur ein unpersönliches Mittel zur Zielerreichung.
3.2 Die vier Ohren des Empfängers
Unterschiedliche Sensibilität
Konflikte können ihre Ursache darin haben, dass der Gesprächspartner etwas anders aufnimmt, als der andere es meint. Dies kann daran liegen, dass die Empfangssensibilität für die vier Arten von Botschaften unterschiedlich ausgeprägt ist.
Hört der Partner aus der Nachricht vor allem die Selbstoffenbarung, gilt sein besonderes Interesse dem Menschen. Ist er sensibel für Beziehungsbotschaften, läuft beim Zuhören die Frage mit: „Wie steht er zu mir“? Spricht er besonders auf Appelle an, fragt er sich innerlich: „Was soll ich jetzt fühlen, denken, tun?“
Vier-Ohren-Modell
Auf der Basis dieser Überlegungen entwickelte Schulz von Thun sein Vier-Ohren-Modell. Danach sind Menschen mit ihren zwei Ohren sozio-biologisch schlecht ausgerüstet, denn im Grunde benötigen sie vier „Ohren“ – also für jede der vier Arten von Nachrichten eins. Häufig ist ihnen gar nicht bewusst, dass drei Ohren geschlossen sind, während eines weit offen steht. Zudem ist meist nicht bewusst, dass auf diese Weise Kommunikationsweichen gestellt werden.
Für jede Art von Botschaften ein Ohr
Missverständnisse minimieren
Das Wissen, dass jede Nachricht verschiedene Botschaften enthält, sowie die Fähigkeit, Nachrichten „mit allen vier Ohren zu hören“, ermöglichen es, Missverständnisse in der zwischenmenschlichen Kommunikation zu minimieren.
Sach-Ohr
Das Sach-Ohr prüft die Nachrichten, indem es fragt: „Was bedeutet das?“ Mit diesem Ohr wird der Sachinhalt einer Nachricht wahrgenommen.
Gefahr des Vernachlässigens wichtiger Aspekte
Wenn Empfänger Nachrichten vorwiegend auf dem Sach-Ohr wahrnehmen, vernachlässigen sie andere, ebenfalls wichtige Aspekte der Nachricht. Problematisch wird dies in Diskussionen bzw. in Kommunikationsprozessen, in denen es eigentlich mehr um zwischenmenschliche Differenzen – beispielsweise um Beziehungsprobleme – geht. Schwierigkeiten auf der Beziehungsebene werden dann durch Sachinhalte überdeckt und können nicht bearbeitet werden
Beispiel
Beispiel: Ein großes Sach-Ohr
Ein Vater sagt zu seinem minderjährigen Sohn, der heimlich raucht: „Rauchen ist ungesund!“ Der Sohn