So werden Sie den Bedürfnissen der Mitarbeiter und des Unternehmens gerecht
Bei den deutschen Coca-Cola-Unternehmen herrscht – wie bereits erwähnt – eine sehr hohe Loyalität gegenüber den Mitarbeitern: »So wie du deine Mitarbeiter behandelst, so behandeln deine Mitarbeiter deine Kunden.« Dieser Devise folgen auch viele andere Unternehmen. Wenn Sie in Ihrem Unternehmen eine große Loyalität gegenüber den Mitarbeitern zeigen und leben wollen, haben wir hier einige Tipps für Sie, die sich auch auf der betriebswirtschaftlichen Seite rentieren werden:
• Feiern Sie neue Mitarbeiter! Bieten Sie ihnen ein spezielles Onboarding-Programm, in dessen Rahmen sie Ihr Unternehmen und ihre neuen Kollegen intensiv kennenlernen. Dieses Onboarding-Programm sollte auch widerspiegeln, dass Sie sich um private Belange Ihrer Mitarbeiter kümmern (beispielsweise Hilfe beim Umzug oder Einleben am neuen Wohnort bieten).
• Auch wenn die Mitarbeiter erkranken oder ihren ursprünglichen Aufgaben nicht mehr nachgehen können: Bieten Sie ihnen einen Arbeitsplatz, den sie ausfüllen können, und sorgen Sie dafür, dass sie in Ihrem Unternehmen bleiben.
• Machen Sie sich bewusst, dass es unter Ihren Mitarbeitern nicht nur sachlich orientierte Menschen gibt, sondern auch gefühlsbetonte. Sehen Sie Menschen nicht nur als Produktionsfaktor! Finden Sie vielmehr eine gute Balance zwischen menschlicher und wirtschaftlicher Sicht auf das Unternehmen und seine unterschiedlichen Produktionsfaktoren. Gerade in unseren Zeiten der Digitalisierung ist der Faktor Mensch wichtiger als je zuvor! Dies sollte sich auch in der Führungsarbeit widerspiegeln.
• Dasselbe gilt übrigens auch für die Kunden – auch hier gibt es sachlich orientierte und gefühlsbetonte Menschen. Unter dem Strich heißt das: Kundenkontakte sollten von Menschen gepflegt werden. Technische und administrative Aufgaben hingegen können auch von Maschinen beziehungsweise Computerprogrammen übernommen werden.
Von wegen heiler Welt!
Als Tom ungefähr ein Jahr bei Fichthoff als Verkaufsfahrer gearbeitet hatte, kam eines Morgens die Seniorchefin Frau Fichthoff auf ihn zu. Er hatte sich gerade auf den Fahrersitz seines Lkw geschwungen und wollte zu seiner üblichen Tour aufbrechen, als sie neben dem Tieflader auftauchte. »Kommen Sie heute Nachmittag bitte mal in mein Büro, Herr Schwarzenberg?«, rief sie zu ihm hinauf. »Klar, gerne!«, antwortete Tom. Er hatte keinen blassen Dunst, was sie von ihm wollte. Ob sie schlechte Nachrichten für ihn hatte? Er wusste nur: dass die Chefin jemand ins Büro beorderte, kam eher selten vor.
Den ganzen Tag über, auf seiner Tour zu den Gaststätten, dachte er immer mal wieder an das bevorstehende Gespräch, und es wurmte ihn, dass er nicht gleich gefragt hatte, um was es ging. Am Nachmittag stellte er den leeren Tieflader in den Hof, und statt wie üblich erst mal zu den anderen zu gehen und sie zu fragen, wie ihr Tag so war, machte er sich auf den Weg in das Büro der Seniorchefin. Ihre Tür stand offen, wie immer. Er klopfte an den Türrahmen, woraufhin Frau Fichthoff an ihrem Schreibtisch den Kopf hob und ihre Brille ins Haar schob. »Ach, Herr Schwarzenberg, da sind Sie ja schon! Kommen Sie ruhig rein«, sagte sie und lächelte ihn an. Tom atmete aus. Er nahm auf einem Stuhl vor Frau Fichthoffs Schreibtisch Platz.
»Sie sind ja nun schon eine Weile bei uns«, begann Frau Fichthoff das Gespräch. »Ja«, sagte Tom. »Und das sehr gerne. Ich mag meine Arbeit hier«, schob er noch hinterher. »Ja, das merken wir alle. Sie machen Ihre Arbeit sehr gut und Sie verstehen sich bestens mit Ihren Kollegen«, sagte Frau Fichthoff. »Wir brauchen allerdings aktuell dringend jemanden, der ein gewisses technisches Verständnis hat und unsere Getränke-Automaten in Firmen betreut. Und zwar sowohl für die Heiß- als auch die Kaltgetränke. Können Sie sich das vorstellen? Sie müssen sich auch nicht sofort entscheiden. Denken Sie ruhig ein paar Tage darüber nach und geben Sie mir dann Bescheid.«
Noch Jahre später sollte Tom immer wieder an dieses Gespräch zurückdenken. Denn es markierte für ihn den Anfang seines Aufstiegs in der deutschen Coca-Cola-Organisation – und war für ihn wichtiger als die Unterzeichnung seines ersten Arbeitsvertrags. Nachdem er das Angebot seiner Seniorchefin angenommen hatte, fuhr er ein knappes Jahr von Kunde zu Kunde, reparierte und bestückte die Getränkeautomaten, die in deren Unternehmen standen. Ende 1992 hatte er ein erneutes Gespräch mit Frau Fichthoff. Daraufhin wechselte er dann in den Verkauf. Das bedeutete für ihn: Mit den Preislisten und einem Karteikasten im Gepäck fuhr er die unterschiedlichen Kunden an und notierte deren Bestellungen auf Karteikarten. Zu Hause übertrug er dann die Bestellungen in spezielle Listen, die sie in der Firma auf DIN-A4-Format ausgedruckt hatten. Diese Listen brachte er schließlich nach Greventrop ins Verkaufsbüro, und dort übertrug Sylvie die Bestellung in die »EDV«, wie betriebliche Computersysteme damals überall noch genannt wurden.
Kurz nach seinem Wechsel in den Verkauf nahm Tom an seiner ersten Verkäufer-Tagung teil. Zwölf Kollegen waren es in seinem Unternehmen. Der Verkaufsleiter hieß Herbert. Er arbeitete schon 30 Jahre bei Fichthoff, hatte sich dort hochgearbeitet, war angesehen bei Kunden und Kollegen. Für Tom wurde er zu einer echten Vaterfigur, von der er viel lernte. Tom konnte sich auch noch Jahre danach an die erste gemeinsame Verkäufersitzung erinnern, die Herbert leitete. »Ich stelle euch jetzt erst mal die Agenda vor« – das waren die Worte, mit denen er die Sitzung eröffnete, während er gleichzeitig versuchte, den Tageslichtprojektor in Gang zu setzen. »Was, bitte, ist denn eine Agenda?«, fragte sich Tom im Stillen. Er kannte bisher nur Agenten, und die auch nur aus dem Kino. James Bond 007 und so. Tom hoffte, dass niemand merken würde, wie ahnungslos er noch war.
Seine Lernkurve war sehr steil in dieser Zeit. In der Runde mit seinen Verkaufskollegen fühlte er sich extrem wohl. Nach Feierabend tranken sie gerne ein Bierchen zusammen, sammelten in einem »Coca-Cola-Club« Geld, um sich zu ihren Geburtstagen immer ein Geschenk machen zu können. Die Partys, die sie feierten, waren legendär. Genau wie zuvor unter den Verkaufsfahrern fühlte sich Tom auch hier wie zu Hause. Sie waren eine Familie.
Das blieb auch so, als das Verkäufer-Team beschloss, das Verkaufsprozedere zu ändern und den Vorverkauf telefonisch abzuwickeln. Sprich: Kein Verkäufer würde mehr mit dem Karteikasten unter dem Arm zum Kunden fahren, dessen Bestellung aufnehmen, händisch in Listen übertragen und ins Verkaufsbüro tragen. Sondern die Verkäufer würden ihre Kunden anrufen und die Bestellung aufnehmen. Für die Kunden war dies eine große Umstellung. Waren sie es doch gewohnt, dass die Verkäufer zu ihnen ins Haus kamen, gemeinsam mit ihnen die Bestände inspizierten und auch gemeinsam mit ihnen überlegten, welche Getränke-Mengen sie nun ordern sollten. Dass dabei auch immer die eine oder andere Gratis-Leistung abfiel, gehörte schon fast zum guten Ton. Von diesen Privilegien mussten sich die Kunden nun verabschieden und sich daran gewöhnen, dass sie die Bestellung telefonisch durchgaben. Auch in den Verkaufsbüros bei Fichthoff änderte sich dadurch einiges. Die Bestellungen liefen schneller durch, denn sie waren weit weniger zeitaufwendig. Die Verkäufer konnten sich mindestens zehn Prozent der bisherigen Arbeitszeit mit den Bestellzetteln sparen, hinzu kam die Fahrtzeit, die sie nun ebenfalls einsparten. Und die Gespräche mit den Kunden liefen wesentlich kürzer ab. Tom hatte zwar den direkten persönlichen Kontakt zu ihnen geliebt, aber er sah auch ein, dass diese umständlichen Prozesse nicht ewig so aufrechterhalten werden konnten. Die Umstellung des Vorverkaufs auf den neuen Prozess wurde ihm übertragen. Er stieg zu Herberts Assistenten auf. Er, der Jahre zuvor als Verkaufsfahrer angefangen hatte. Tom war unglaublich stolz auf sich und das Unternehmen, dem er angehörte.
Es gab jedoch Kunden und auch Kollegen, die überhaupt nicht verstanden, warum der Verkaufsprozess dergestalt geändert wurde – es war doch alles immer rundgelaufen, warum also musste daran herumgeschraubt werden? Tom tat sein Bestes, um allen verständlich zu machen, warum diese Veränderungen nötig waren und welchen Nutzen sie ihnen allen brachten. Die Änderungen am Verkaufsprozess waren jedoch ein Kindergeburtstag gegen die Veränderung, die ihnen im Lauf des Jahres 1998 blühte.
Alles begann damit, dass die Konzernzentrale in Atlanta den Anstoß an die deutschen Konzessionärsgesellschaften gab, sich zu konsolidieren. Das eigenmächtige