Das Monster im 5. Stock. Regina Mars. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969872246
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nasse Federn, wenn das Wasser darauf prasselte. Und es würde ihm aus den Strähnen laufen, über den V-förmigen Rücken bis zwischen die Arschbacken …

      Wastl seufzte leise.

      Wie duschte man überhaupt, mit nur einem Bein? Es hatte ausgesehen, als wäre das Bein bis zum Knie noch da, aber stehen konnte Adrian darauf nicht. Ließ er die Prothese an? Hatte er sogar eine spezielle Dusch-Prothese? Oder hielt er sich einfach so aufrecht? Es wäre bestimmt viel leichter, wenn er Hilfe dabei hätte. Jemanden, der ihn stützte. Wastl zum Beispiel.

      Das sollte ich ihm vorschlagen, überlegte er. Dann lässt er mich bestimmt ein paar Tage bei sich wohnen.

      Wahrscheinlich nicht. Dieser Adrian war ein ganz Schicker. Einer aus solchen Kreisen, einer, der Geld zum Arsch abwischen hatte, würde sich ja nicht mit einem wie Wastl einlassen, oder? Also, wenn er überhaupt schwul war.

      Nicht, dass ich das wollte, dachte Wastl. Der war ein Arschkopf. So arschköpfig, dass er mit mir geflirtet hat und dann ganz geschockt war, als ich ihn geküsst habe. Eigentlich müsste das nicht mir peinlich sein, sondern ihm. Jawohl. So benimmt man sich einfach nicht. Erst langsam Hemd aufknöpfen und rüberbeugen und dann geschockt tun.

      Seine Wangen brannten und er lenkte sich schnell mit Arbeit ab. Wie es schien, war er der Einzige in der Abteilung.

      ***

      Nur drei andere waren bei der Mittagsbesichtigung. Endlich mal Glück. Wastl lächelte die mageren Bartträger an, die hier wohnten. Der, der bleiben würde, lächelte sogar zurück. Der andere nicht.

      »Joa, schaut euch mal das Zimmer an«, murrte er und schlurfte voraus. Es war eine gute Wohnung. Nicht hübsch, aber sauber. Alle Zimmer hatten eine Heizung und eine frische Raufasertapete. Auch das, das der Bärtige öffnete. Es war komplett mit alten Ikea-Möbeln eingerichtet und ging auf die Straße raus. Wastl hörte Hupen von draußen. Die ganze Bude roch nach Katzenstreu. Die dazugehörige Katze war Wastl schon ein paarmal um die Beine gestrichen und hatte ihr halbes Fell auf dem Stoff verteilt. Er sah aus, als wäre er durch Schnee gewatet.

      »Schönes Zimmer«, sagte Wastl und die Frau neben ihm stimmte zu.

      »Ja, super.« Ein Rothaariger musterte das weiße Bücherregal und den Schreibtisch, von dem der Lack abblätterte. »Was kostet es nochmal?«

      »800 kalt«, schnarrte der Bärtige. »Eigentlich 720, aber weil Karl sich um den ganzen Mietkram kümmert, wird aufgerundet. Kaution also 2400. Nebenkosten müsst ich nachgucken.«

      »Ist ja auch egal«, sagte der Rothaarige hastig. Der Bärtige klopfte auf den Schreibtisch. »Das Ding bleibt drin. Na, eigentlich bleibt alles drin, nur die Lampe nicht. Ich zieh zu meiner Freundin, die hat schon ’ne komplett eingerichtete Bude. Wer will, kann was davon abkaufen.«

      Er schaute auffordernd, und der Rothaarige reagierte sofort.

      »Ja, klar, äh … Ich würd auf jeden Fall das Regal übernehmen. Was willst du dafür?«

      »120.« Der Bärtige zuckte mit den Achseln. »Das hat’s mich auch gekostet. Der Schreibtisch kostet 200, der Teppich 470, das Bett 320 und die Matratze noch mal 270, das ist Kaltschaum, wisst ihr, und der Nachttisch …«

      Kopfrechnen konnte Wastl immerhin. Als der Bärtige fertig war, kam er auf 3100 Euro für alles. Viel zu viel. Selbst der Rothaarige, der anfangs noch tapfer genickt hatte, war erbleicht.

      »Ich sag mal so«, der Bärtige verschränkte die Arme vor der Brust, »wenn mir einer von euch zusichert, dass er das alles übernimmt, kann er das Zimmer haben.«

      Wastl wollte ihm eine reinhauen. Noch mehr, als die Frau neben ihm das Handy zückte und ihren Vater anrief. Er hörte ihre Stimme hinter sich, als sie versicherte, dass sie das Geld ganz bestimmt brauchte und dass Wohnraum in München nun mal teuer war.

      Etwas schnurrte an seinem Fuß. Ein weißes Gesicht sah zu ihm auf.

      »Und die Katze?«, fragte er den Bärtigen. »Verkaufst die auch?«

      »Das Miststück kannst geschenkt haben. Die ist von meiner Ex. Hat meiner Neuen in die Schuhe gepisst, als sie das erste Mal hier war, das Drecksvieh.« Er trat nach der Katze, aber sie wich elegant aus.

      »Dann bleibt sie hier?«

      »Hier? Ne, der Karl würd mir was husten. Die setz ich aus.«

      »Was?!« War das ein Witz?

      »Na, die kommt schon klar. Gibt ja genug Ratten da draußen.« Er verrenkte sich den Hals, um nach der Frau zu sehen, die immer noch telefonierte. Die Katze schaute zu Wastl hoch, als wollte sie ihn verspeisen.

      »Die ist ganz schön mager«, sagte er. »Sicher, dass die es schafft, eine Ratte zu fangen? Und nicht unter die Räder zu kommen?«

      »Interessiert mich nicht«, raunzte der Bärtige und winkte der Frau. »Na, entschieden?«

      »Moment noch«, flüsterte sie.

      »Hör mal, es ist fast Winter«, sagte Wastl. »Die Katze erfriert da draußen.«

      »Was bist du, der Tierschutzbund?« Der Bärtige verdrehte die Augen. »Wenn du das Zimmer nicht willst, kann ich dir den Ausgang zeigen.«

      »Du kannst mich am Arsch lecken, du Tierquäler.« Wastl verschränkte die Arme.

      6. Ruhe und Frieden und Langeweile

      Es juckte ihn in den Fingern, Frederik anzurufen. Sich zu erkundigen, wer dieser Sebastian war, der seit neuestem im Verlag arbeitete. Aber Adrian wäre sich albern vorgekommen. Kaum war die Tür hinter dem Störenfried zugeklappt, hatte er seine übliche Tagesroutine begonnen. Zwei Stunden Training, nach dem ihm jeder einzelne Muskel brannte, Sauna, Dusche, anziehen, Büro, die Aktien checken, Nachrichten schauen, Überweisungen tätigen und sich langweilen.

      Spätestens am Nachmittag wünschte er sich, wieder einer geregelten Arbeit nachzugehen. Aber natürlich ging das nicht. Er hatte keine Lust, angestarrt zu werden, und außerdem verdiente er es einfach nicht. Also pflanzte er sich vor die Leinwand, schaltete den Beamer ein und sah acht Folgen einer Dokumentation über Amundsens Fram-Expedition. Wie immer notierte er sich Dinge, die er nie brauchen würde. Sein Ideen-Dokument war inzwischen 283 Seiten lang. Früher war es selten über zehn hinausgekommen. Jeden Tag hatte er Neues ausprobiert, Ideen angewandt und wieder verworfen, in der Datenbank nach passenden Manuskripten gesucht … Aber nun steckte er fest. In den immer gleichen Tagen, die sich bis in die Unendlichkeit wiederholten. Nur manchmal wurde die Routine unterbrochen, wenn etwas repariert werden musste. Wenn es ein Gewitter gab. Oder wenn ein wahnsinniges Landei hier einbrach und ihn küsste. Das Landei war also schwul. Wahrscheinlich. Hatte er das nur getan, weil er hoffte, dass er dann hier wohnen könnte? Beides, vermutlich. Adrian würde es nie herausfinden, also dachte er nicht weiter darüber nach.

      Gegen vier rief seine Mutter an.

      »Liebling, kannst du uns ein paar tausend überweisen? Zehntausend, am besten. Papa war wieder im Casino.«

      »Nein«, sagte Adrian und wartete das übliche Gewitter ab. Es enttäuschte nicht. Er wurde als undankbar, geizig und stur beschimpft.

      »Wenn das dein Großvater sehen könnte! Schämen solltest du dich, deine Eltern so kurzzuhalten. Jetzt, wo du das ganze Geld hast, kommt dein wahres Gesicht zum Vorschein!«

      »Ihr hattet genug Geld«, sagte er, schon wieder. »Wir haben jeder unseren Anteil bekommen, als Opa gestorben ist. Ihr habt es halt verprasst und ich nicht.«

      »Du Lügner! Du hast deinen Großvater überredet, deinen armen Opa, als er auf dem Sterbebett lag und überhaupt nicht mehr zurechnungsfähig war, dass er …« Ihre Stimme schrillte in seiner Ohrmuschel und prallte durch den Schädel.

      »Mama, er war verdammt zurechnungsfähig. Das zeigt sich schon daran, dass er den Verlag mir überschrieben hat und nicht euch.«

      »Geizkragen!«