„Selbstredend! Sie hörten ja, dass sie Bilder kaufen will!“
„Na, na! — Vorwand! Übrigens die amerikanische Villa im Tiergarten! Donnerwetter ja! Luckberg erzählte, das Terrain, welches sie als Park noch dazu angekauft, habe allein eine halbe Million gekostet!“
„Die Glückliche! Wohl ihr!“ —
„Und der Beneidenswerte, welcher mal in solchen Goldsäcken wühlen kann!! Na, bonne chance, Völkern — ich komme dann später mal und pumpe Sie an!“ —
Bonaventura befindet sich in wunderlicher Stimmung.
So zerstreut war er noch nie.
Bei Komtesse Malva klagte er über Kopfschmerz. Er bringt ihr freilich noch den ersten Kotillonstrauss, aber den zweiten trägt er zu Fräulein von Heym und findet, dass sie ihm nicht mehr so unsympathisch erscheint, wie zu Anfang.
Drittes Kapitel.
Gräfin Malva stand in ihrem Zimmer und steckte sich das kleine, weiche Pelzbarett auf dem duftig gewellten Haarscheitel fest. Ihre Bewegungen waren beinahe mechanisch, ihr reizvolles, zartes Gesicht sah bleich und übernächtigt aus.
„Nach dem Ball ist es das beste Mittel gegen Katzenjammer, an die frische Luft zu gehen!“ hatte die Gemahlin des Kammerherrn mit halbunterdrücktem Gähnen gesagt. „Ich telephonierte an Vetter Curd, ob er uns zum Schlittschuhlaufen nach dem Neuen See begleiten kann! Mein armer Karl hat natürlich wieder keine Zeit — bei ihm geht Herrendienst ja stets vor Minnedienst; aber Curd kann sich glücklicherweise freimachen; sein Rittmeister ist wirklich ein idealer Mensch, und werden wir uns einmal etwas ausdenken, Malvachen, um ihn als Musterschwadronschef im Namen all seiner Leutnants anzufeiern! Das kann sehr spasshaft werden. — Und nun hänge bitte deinen geschmackvollen Malkittel an den Nagel und mache dich für den Neuen See unwiderstehlich!“ —
Sie legte den Arm zärtlich um die hübsche Nichte, einen Augenblick prüfend in das farblose Gesichtchen sehend.
„Wie elend du heute aussiehst, Kind! Das viele Malen bekommt dir jetzt nicht! Entweder tanzen oder pinseln — beides zusammen wird zu viel!“
Malva neigte die Stirn gegen die Schulter der noch recht jugendlichen und eleganten Sprecherin.
„So will ich das Tanzen aufgeben, Tante Margarete!“ sagte sie sehr ruhig; „du hast recht, zwei Herren dienen kann man nicht, und darum muss man sich für den despotischsten von ihnen entscheiden!“
„Nicht mehr ausgehen? Die ganze herrliche Saison, welche so amüsant zu werden verspricht, aufgeben?“ Die Gräfin wich beinahe entsetzt zurück. „Welch eine tolle Idee, Kind! Ich begreife es sowieso nicht recht, dass du so viel Eifer und Fleiss auf deine Studien verwendest! Warum das? — Keine der anderen jungen Damen würde so entsagungsvoll und — Pardon für das harte Wort — spiessbürgerlich ihr Leben einrichten, wie du!“
„Muss ich es nicht?“ —
„Nein, du musst es nicht.“
„Ich habe kein Vermögen, Tante Margarete, und muss darum an die Zukunft denken!“
„Gewiss, Närrchen! Das tust du am besten, wenn du baldmöglichst einen reichen Mann heiratest!“
„Die wachsen nicht wie die Brombeeren auf dem Felde!“
„Dafür aber auf dem Parkett! Wie wunderlich schwerblütig du bist! Für dein Alter ein Unikum! Mein Gott, wenn ich an meine Jugend denke! Ich hatte, ebenso wie du, auf keine grosse Mitgift zu rechnen; darum aber an Lehrerinnenexamen oder Strümpfestricken denken? — Bless me! Niemals. Ich ging ein paar Winter aus, hier in derselben scharmanten, anregenden Geselligkeit, wie du, und nachdem ich mich während drei Saisons wunderbar amüsiert hatte, trug ich den Ring eines unserer bestsituierten jungen Herren am Finger!“
„Ja, wenn man so schön ist, wie du, Tante Margarete!“
Die Gräfin lachte hellauf: „Fishing for compliments? Ich dächte, du könntest es mit der damaligen ‚rosigen Margarete‘ in jeder Weise aufnehmen! Deine Vorliebe für allzu schlichte Toiletten abgerechnet!“
„All zu schlicht?“
„Je nun — du hast Geschmack! An dir würde selbst Sackleinewand originell wirken! Immerhin, wenn man es anders kann, ist ein glänzender Rahmen für ein schönes Bild nie zu verachten, das solltest du als Malerin am besten wissen!“
„Gewiss! Wenn man es kann!“
„Und könntest du es etwa nicht?“
„Nein, Tante Margarete, beim besten Willen nicht!“
„Stopp, bei einigermassen gutem Willen sehr wohl! Wenn du die Marotte aufgeben wolltest, deine Malstudien von den Zinsen deines kleinen mütterlichen Vermögens zu bestreiten, könntest du dich sehr elegant kleiden!“
„Und wer bezahlt die teuren Stunden und Utensilien?“ —
Die Gräfin richtete sich aus dem Schaukelstuhl empor und rückte die seidenen Kissen mit den flatternden Volants wieder zurecht.
„Aber Kind! Dein sehr reicher Bruder hat die Verpflichtung, für euch Schwestern zu sorgen! Vergiss das Testament deines Vaters nicht!“
Malva schlang mit trübem Lächeln die schlanken, wunderschön weissen Hände ineinander.
„Ja, die Verpflichtung hat er, und wäre ich sehr egoistisch und gewissenlos, könnte ich wohl mein Recht ertrotzen. Aber du weisst, dass Hugo recht schwere Sorgen hat, seit er sich auf Adriennes dringenden Wunsch zu dem enorm kostspieligen Ausbau der alten Burg verleiten liess —“
„Gott sei’s geklagt, deine liebe Frau Schwägerin war verrückt!“ —
„Und mein Bruder zu schwach, ihren sinnlosen Ansprüchen rechtzeitig zu steuern! Wenn ich allein bedenke, was die so rasend kostspielige Anlage der elektrischen Beleuchtung und Wasserversorgung auf dem unzugänglichen Berge gekostet hat!“
„Empörend! Hugo war ein Waschlappen, sich von dem kleinen Engel mit den Teufelshörnchen derart tyrannisieren zu lassen!“
„Die Liebe, Tante Margarete! Er, der so wenig schöne Mann, der ‚blonde Neger‘, war sinnlos in die kokette kleine Modeschönheit verliebt und hielt es für ein ihr nie genug zu dankendes Glück, dass die bankrotte italienische Prinzessin mit den vielen mittellosen Titeln ihm, dem deutschen ‚Barbaren‘, die Hand reichte!“
„Nun, er fühlt diese kleine Hand wohl täglich am Gängelband!!“
„Und ob er sie fühlt!“ Malva nickte traurig vor sich hin und seufzte schwer auf — die Kammerherrin aber nagte mit aufblitzendem Blick einen Augenblick an der Lippe und sagte dann achselzuckend: „Gerade um die nimmersatte kleine Person, welche voll gieriger Rücksichtslosigkeit alles und jedes an sich reissen will, zu ärgern, würde ich auf mein Recht und meine ‚Apanage‘ bestehen!“
„Ich hätte nur den einen Erfolg davon, dass Hugo noch unglücklicher werden und womöglich noch Schulden machen würde!“
„Dahin kommt es doch!“
„Ich hoffe es nicht!“
„Warten wir Frau Adriennes nächstes Attentat auf seine Börse ab! Diesen Winter in Paris, den nächsten in Amerika — den folgenden in Kairo oder Biskra —“
„Oder in Monako —“
„Das kommt zum Schluss —“
„Wohl möglich — aber Gott möge es verhüten, dass ich auch nur mit einem Gedanken zu dem Ruin meines armen Bruders beigetragen!“
Die Gräfin küsste in jäher Aufwallung beinahe mütterlicher Zärtlichkeit die zarte Wange ihrer Pflegebefohlenen.
„Du