Entdeckungen im Umbruch der Kirche
Im Auftrag des
Zentrums für Mission in der Region
herausgegeben von
Hans-Hermann Pompe und Benjamin Stahl
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Gesamtgestaltung: Kai-Michael Gustmann, Leipzig
Coverbild: Hands of a potter, creating an earthern jar (Bildnr. 465331784)
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ISBN 978-3-374-04701-7
Inhalt
Hans Hermann Pompe/Benjamin Stahl Einführung
Die fetten Jahre sind vorbei: Entdeckungen der Kirche im Umbruch
Hans-Hermann Pompe Kreativität im Umbruch
Annegret Böhmer Salto ecclesiale
Von der Angst zur Motivation kommen im Umbau, Abbau, Aufbruch der Kirche im 21. Jahrhundert
Christhard Ebert Mission und Region
Gert Pickel Kirche im Umbruch?
Gesellschaftliche Herausforderungen an die Evangelische Kirche
Perspektiven aus der V. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung für die kirchenleitende Praxis
Hubertus Schönemann „Vom Ehrenamtsmanagement zur Volk-Gottes-Sensibilität“
Charismen verändern Kirche
Thomas Schlegel Umbau – Rückbau – Aufbau
Eine dialektische Verhältnisbestimmung
Richard Chartres Neues Feuer in London
Über Gemeindewachstum in der englischen Hauptstadt
Einführung
Die fetten Jahre sind vorbei: Entdeckungen der Kirche im Umbruch
„Die fetten Jahre sind vorbei“ – der Titel des Kultfilmes von 2004 zitiert biblisches Gedankengut aus Genesis 41. Die Berliner WG-Bewohner Jan, Peter und Julia verstehen sich als Großstadt-Revolutionäre: Sie brechen in die Villen von Wohlhabenden ein, ohne etwas zu stehlen. Stattdessen schaffen sie provozierende Unordnung durch verrückte Möbel oder hinterlassen Botschaften für die Zurückkehrenden wie etwa: „Die fetten Jahre sind vorbei“. Der biblische Hintergrund dieser Provokation spielt keine erkennbare Rolle, aber ein prophetischer Anspruch ist bei aller Kindsköpfigkeit und Inkonsequenz der drei jungen Leute spürbar. Sie agieren wie Fremdpropheten in einer saturierten Gesellschaft. Sie verkörpern einen unausgesprochenen Schrei nach Josef (Gen 41,33 – 38), nach verständigem und weisem Handeln in der Krise, nach Menschen mit dem Geist Gottes, die den vorhandenen Überfluss klüger einsetzen können, um für karge Zeiten vorzusorgen.
Verständiges und weises Handeln im Umbruch? Die christlichen Kirchen in Deutschland sind gut beraten, die Empfehlungen des Josef nicht zu ignorieren oder zu delegieren, sondern zu ihrer eigenen Sache zu machen: Die fetten finanziellen Jahre gehen ohne Frage zu Ende, das verbleibende Fenster ist weise zu nutzen, bevor es sich endgültig schließen wird. Solche Zeiten des Überganges haben ihre eigene Dynamik, folgen anderen Gesetzen als das nostalgisch geregelt wirkende volkskirchliche Herkommen einer vergehenden Zeit.
Gelegentlich hinterlassen die drei Berliner Fremdpropheten Jan, Peter und Julia auch die Botschaft: „Sie haben zu viel Geld.“ Und zeichnen mit: „Die Erziehungsberechtigten“. Man kann die absehbar zurückgehenden Mittel der Kirchen als Verlust sehen und ihrem Erhalt alles andere unterordnen. Man kann sie aber auch als Aufbruchssignal deuten, als Lerneinheiten vom Herrn der Kirche: Er formt seine Kirche, wie ein Töpfer auf der Drehscheibe aus Lehm ein Gefäß formt. Umbrüche können auf ein offenes Handeln Gottes deuten.
Wir befinden uns mitten in Umbrüchen und fragen: Was sollen wir verlassen? Worauf gehen wir zu? Was lockt uns auch vorwärts? Welche Weisheiten und Verheißungen begleiten uns? Auch in der Josefsgeschichte geht die Zeitanalyse „Umbruch“ nicht ohne neue Hoffnung einher. Ägypten steht anfangs für eine Verheißung und später für eine Erfahrung von Unfreiheit und Unterdrückung. Wie ist das eine Ägypten von dem anderen zu unterscheiden? Was lernen wir im Rückblick auf diese Geschichte im Umgang mit unseren heutigen Ängsten und Hoffnungen?
Offensichtlich liegen die Versuchungen Ägyptens nie hinter der Kirche, sondern begleiten sie als aktuelle Versuchung auf ihrem Weg. Vermeiden kann sie diese Versuchungen nicht, nur sich bewahren lassen von dem, der sie auf seinen Weg in die Freiheit ruft. Oder sich herausrufen, sich neu formen lassen und in einer anders geprägten Mehrheitsgesellschaft, in „der Wüste der Völker“ (Ez 20,35) wieder die Gottesliebe lernen und ihren Auftrag finden.
Vor diesem Hintergrund entstand die Jahrestagung