Auf dem Wege zu diesem Kopenhagner Prater kommt man auch an einigen artigen Landhäusern vorüber, die in der Mitte hübscher Blumengärten liegen.
Das königliche Schloß steht auf der Spitze eines Hügels, am Ende der Allee, und ist von einem sehr schönen ausgedehnten Parke umgeben. Es beherrscht die Ansicht über einen großen Theil der Stadt, des umliegenden Landes und der See; doch ziehe ich die Aussicht auf dem Kastelle bei weitem vor. Der Park enthält eine große Insel, die ich in dieser Jahreszeit von einem sehr reichen Wasserarm umgeben fand. Diese Insel behält sich der Hof vor, der übrige Park ist dem Publicum geöffnet.
Gleich außerhalb dem Wasserthore steht ein Obelisk, nicht durch Schönheit oder Kunst auffallend, da er aus mehreren Steinen zusammengefügt und von keiner besondern Höhe ist, aber durch die Veranlassung seiner Entstehung gewiß interessant. Die dankbaren Unterthanen setzten ihn dem Andenken des letzt verstorbenen Königs Christian VI. — als Erinnerung an die Abschaffung der Frohndienste. — Ein Monument, das jeder fühlende Mensch nur mit Freude und Rührung betrachten kann.
Ich habe nun treulich berichtet, was ich während der kurzen Zeit meines Aufenthaltes in, an und um Kopenhagen gesehen. Es bleibt mir nun nur noch übrig, einige Volkseigenthümlichkeiten zu schildern, und da fange ich gleich mit dem Ende an — mit dem Begräbnisse der Verstorbenen. In Dänemark, so wie überhaupt in ganz Skandinavien, Island auch nicht ausgenommen, herrscht die Gewohnheit, die Todten erst nach acht oder zehn Tagen zu beerdigen. Im Winter mag dieß noch hingehen, aber im Sommer — da mag es gerade nicht sehr angenehm sein, mit solch einem Wesen unter einem Dache zu wohnen.
Während meiner Anwesenheit zu Kopenhagen fand das Leichenbegängniß des königlichen Leibarztes Dr. Brandis statt. Dem Leichenwagen folgten zwei königliche Wagen und eine große Zahl anderer; die ersteren so wie auch mehrere der letzteren waren leer, die Diener gingen darneben. — Unter den Leidtragenden bemerkte ich keine einzige Frau. Ich dachte, dieß sei nur Sitte bei Bestattungen der Herren, allein man versicherte mich, daß dieß immer so sei, auch bei den Bestattungen der Frauen. Ja, diese Fürsorge für mein zartes Geschlecht geht so weit, daß an dem Tage des Begräbnisses in dem Trauerhause keine Frau gesehen werden darf. Die Leidtragenden versammeln sich in der Wohnung des Verstorbenen, und werden da mit kalten Speisen und mit Getränken bewirthet. Nach Beendigung der Ceremonie wiederholt sich diese Bewirthung.
Was mir in Kopenhagen sehr gefiel, war, daß ich nie, bei keiner Gelegenheit Bettler sah, ja nicht einmal so ärmlich und schlecht gekleidete Menschen, wie man deren leider in großen Städten nur zu viele findet. — Arme wird es wohl auch geben, so gut wie in der ganzen Welt, doch betteln sieht man sie nicht. — Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit einer Einrichtung zu erwähnen, die gewiß Nachahmung verdiente. Diese Einrichtung besteht darin, daß große Häuser, die theils der königlichen Familie, theils einzelnen Reichen oder ganzen Gesellschaften gehören, ausschließend zur Aufnahme armer Familien bestimmt sind, die darin die Wohnungen bedeutend billiger als in den andern Häusern bekommen.
Die Landestrachten gefielen mir nicht besonders. Die Bäuerinnen tragen Röcke von grünen oder schwarzen Wollenzeugen, die bis an die Knöchel reichen, und unten mit breiten, färbigen Wollborten eingefaßt sind. Die Leisten des Spensers, so wie die Ausschnitte um die Achseln sind ebenfalls mit schmalen färbigen Borten besetzt. Den Kopf hüllen sie in ein Tuch, über das sie oft noch eine Art Vordach, das einem Hute gleicht, setzen. — An Sonntagen sah ich an Manchen auch kleine zierliche Häubchen in Seide gestickt, und vorne mit mehr als handbreiten sehr gesteiften Spitzen ganz glatt besetzt; rückwärts hingegen große Schleifen von schönem Bande daran, deren Enden bis über den halben Körper hinabhingen. — An der Tracht der Bauern fand ich nichts besonderes zu bemerken. — Körperkraft oder Schönheit fand ich unter dem Bauernstande nicht mehr und nicht minder, als bei unsern Oesterreichern. — Was die Schönheit des weiblichen Geschlechtes anbelangt, so möchte ich den Oesterreicherinen unbedingt den Vorzug geben. Vorherrschend sind blonde Haare und lichte Augen.
Militär sah ich nur wenig; ihre Uniformen, besonders jene der Leibgarde des Königs sind ausgezeichnet schön.
Auffallend waren mir die Trommelschläger; die bestanden aus lauter 10-12jährigen Knaben. Da hätte man wohl mit Recht sagen können: „Trommel, wo trägst du den Knaben hin?" — Marschiren, den beschwerlichen Feldübungen beiwohnen, eine so große Trommel tragen, und sie dabei noch fleißig bearbeiten, das nenne ich doch eine kleine Grausamkeit. Wie manche zerstörte Gesundheit mag dieser Brauch zu verantworten haben.
Ich brachte manche Stunde während meines Aufenthaltes zu Kopenhagen sehr angenehm bei Herrn Professor Mariboe, seinen liebenswürdigen Verwandten und dem gütigen Gesandtschaftspriester Herrn Zimmermann zu. Sie nahmen sich meiner mit wahrer Güte und Herzlichkeit an; sie zogen mich in ihre Kreise, in denen ich mich bald vollkommen heimisch fühlte. Ich werde ihre Freundschaft nie vergessen, und jede Gelegenheit benützen, ihnen nah und ferne meinen Dank zu offenbaren. Eben so auch Herrn Eduard Gottschalk und Herrn Knudson. An Ersteren wandte ich mich mit der Bitte, mir eine Gelegenheit nach Island zu ermitteln, und er war so gefällig, sich deßhalb bei Herrn Knudson für mich zu verwenden.
Herr Knudson ist einer von den ersten Großhändlern zu Kopenhagen, und hat unter allen nach Island handelnden Häusern daselbst die meisten und ausgebreitetsten Verbindungen. Er hat jetzt noch, da er schon anfängt sich zurück zu ziehen, weil ihm das beständige Reisen zu lästig wird, eine bedeutende Zahl größerer und kleinerer eigener Schiffe, die theils dem Fischfange obliegen, theils alle möglichen Lebens- und Luxus-Bedürfnisse nach den verschiedenen Häfen Islands bringen.
Er selbst begleitet seine Schiffe jedes Jahr, und bleibt immer einige Monate in Island, um seine dortigen Geschäfte zu regeln. — Auf die Empfehlung Herrn Gottschalks war nun Herr Knudson so gütig mich mitzunehmen, und zwar auf demselben Schiffe, auf welchem er die Reise machte, — eine Gefälligkeit die ich gewiß zu würdigen weiß. Es gehört wahrhaftig viel dazu, eine Frau auf solch eine Reise mitzunehmen. Herr Knudson kannte weder meine Beharrlichkeit noch meine Ausdauer; er wußte nicht ob ich den Beschwerden einer Nordfahrt gewachsen sein würde, ob ich die Seekrankheit ruhig ertragen könne, und im Sturm und Unwetter Kühnheit genug besitze, nicht durch Klagen und Jammern das in solchen Fällen ohnehin nur zu beschäftigte Gemüth des Schiffers zu ermüden und zu belästigen. — Nichts von alledem berücksichtigte der brave Mann; er traute meinen Versprechungen, mich in allen Fällen standhaft zu halten, und nahm mich mit. Ja, seine Güte ging so weit, daß ich selbst in Island jede Annehmlichkeit, jede Erleichterung in Betreff der Ausführung meiner Reisen nur ihm zu danken hatte. Unter günstigeren Verhältnissen hätte ich unmöglich meine Reise antreten können.
Alle Schiffe, die Island besuchen, fahren Ende April, längstens Mitte Mai von Kopenhagen aus. Später wird nur ein einziges Schiff abgesendet, das Postschiff der dänischen Regierung, welches im Monat Oktober Kopenhagen verläßt, die Wintermonate in Island verbleibt, und im Monat März wieder zurückkehrt. Den Gewinn und Verlust dieser Expedition übernehmen die Kaufleute zu Kopenhagen auf Actien.
Auch eine französische Fregatte kömmt jedes Frühjahr nach Island und kreuzt da in den verschiedenen Häfen bis halben August. Sie überwacht ihre Fischer, die durch den reichlichen Gewinn des Fischfanges angezogen diese Meere im Sommer in großer Anzahl besuchen.
Um von Island zurückzukehren, findet man während des Sommers bis Ende September Gelegenheiten auf den Handelsschiffen, die mit den Rückfrachten nach Dänemark, England und Spanien gehen.
Von Kopenhagen nach Island.
Sonntag den 4. Mai trat endlich günstiger Wind ein; Herr Knudson ließ mich benachrichtigen, gegen Mittag bereit zu sein, um mich auf der schönen Brigg