7. November 1842.
Ich fuhr mit dem Eilwagen. Um 7 Uhr früh waren wir in Caserta und eine Stunde später in Capua, einer lebhaften, niedlichen Stadt, an einem Flusse. Wir fuhren auf den schönsten Straßen, in den herrlichsten Ebenen, zwischen Wein und Gartenpflanzungen fort. Rechts lagen Gebirge, die sich immer mehrten, näher rückten und der Gegend eine reizende Abwechslung verliehen. Mittags hielten wir vor einem einsam gelegenen Gasthofe. Von da an wird die Gegend immer zauberischer. Auf allen Seiten erheben sich die schönsten und fruchtbarsten Höhen, und im Thale schlängelt sich die beste Fahrstraße durch angenehme Gärten. Oft verengen sich die Berge, als wollten sie einen undurchdringlichen Paß bilden, und Ruinen, die Spitzen der Berge krönend, verleihen dem Ganzen ein romantisches Ansehen. Um drei Uhr kamen wir in das Städtchen Jeromania, welches mitten in Gemüsegärten liegt. Oberhalb dieses Städtchens auf einem Berge steht das schöne Kloster Monte Cassino, und in dessen Nähe unterhalb des Berges erblickt man noch bedeutende Ruinen eines Amphitheaters.
Das Wetter war heute gar nicht italienisch, sondern rauh und düster, wie es um diese Zeit gewöhnlich in Oesterreich zu seyn pflegt. Am gestrigen Tage war es in Neapel so kalt, daß der Vesuv durch mehrere Stunden mit Schnee bedeckt blieb.
Die Kleidung des Bauernvolkes ist in diesen Gegenden etwas eigenthümlicher, als ich sie bisher traf. Die Weiber tragen kurze enge Röcke vom blauem oder rothem Tuche, einen kurzen knappen Spenser und eine farbig gestreifte Schürze. Der Kopf ist mit einem weißen Tuche bedeckt, über welches sie noch ein zweites in der Form eines länglichen, flachen Viereckes legen. Die Männer haben ein wahrhaft räuberisches Aussehen; mit den langen dunkelblauen oder braunen Mänteln, in welche sie sich vom Kopf bis zu den Füßen so einhüllen, daß man selten ihre Gesichter sieht, und mit den hohen, spitzen, schwarzen Hüten, ähneln sie ganz den so häufig abgebildeten Räubern in den Abruzzen. Sie steigen auch Alle so gespensterartig umher und gaffen die Reisenden so verstohlen an, daß einem fast unheimlich wird.
Von Jeromania hatten wir noch einige Stunden in das römische Gebiet, welches wir bei Ceprano betraten.
Im Neapolitanischen, so wie in ganz Italien ist man einer beständigen Paß-Besichtigung ausgesetzt, — für den Reisenden eine große Last. Heute allein bekam mein Paß fünf Visa's, denn wir passirten eben so viele Städtchen.
In Ceprano blieben wir über Nacht bei einem recht schurkischen Wirthe. Als ich Abends um den Preis für Zimmer und Frühstück fragte, hieß es: für's Erste zwei Paul (24 kr. C.M), und für's Letztere einen halben Paul; doch als es zum Zahlen kam, forderte der Kerl für das Zimmer drei Paul und für eine Tasse des schlechtesten Kaffee's, den ich noch je getrunken, einen Paul; und so machte er es der ganzen Gesellschaft. Es wurde gestritten und gezankt, aber endlich erhielt der Wirth dennoch, was er forderte.
8. November 1842.
Die Gegend bleibt sich gleich, doch sehen die Städtchen und Dörfer bei weitem nicht so freundlich, so nett und wohlhabend aus, wie im Neapolitanischen. Die Tracht des Bauernvolkes ist so wie jene, welche wir gestern sahen, nur tragen die Weiber hier statt des Spensers ein steifes Mieder, das rückwärts einen rothen Latz hat. Die Kleidung der Männer besteht aus kurzen Hosen bis an die Knie, braunen Strümpfen, derben Schuhen und einem dunkelfarbigen Spenser. Manche haben auch eine rothe Weste an und eine grüne Binde um die Mitte. Auf dem Kopfe sitzt ein spitzer Hut. An kalten Tagen fehlt auch jener dunkle Banditen-Mantel nicht.
Rom.
Je mehr man sich Rom nähert, desto einfacher und öder wird die Gegend; die Berge treten mehr zurück, und die immer größer werdenden Flächen bekommen ein ziemlich wüstes Ansehen. Städte und Dörfer werden so selten, als ob es nirgends Menschen gäbe. Die Straße ist ziemlich schmal, und weil die Gegend an vielen Orten sehr sumpfig, so sind jene Strecken gut gepflastert. Mehrere Meilen vor Rom passirten wir weder ein Dörfchen noch ein Städtchen. Endlich, drei Stunden bevor wir Rom erreichten, zeigte sich die Kuppel der Peterskirche; nach und nach tauchte eine Kirche, ein Gebäude um das andere empor, und die Stadt lag vor uns ausgebreitet.
Bedeutende Reste von Wasserleitungen, Ruinen und Denkmäler jeder Art verkündeten uns bei jedem Schritte, was für Schätze des Alterthums uns hier erwarteten. Ganz besonders gefiel mir das alte Stadtthor Lateran, durch welches wir hinein fuhren.
Als wir auf die Dogana kamen, war es schon sehr dunkel. Ich bekümmerte mich um mein Zimmer und legte mich für heute zu Bette.
Ich blieb fünfzehn Tage in Rom, und wandelte von früh Morgens bis spät Abends herum. In die Peterskirche ging ich beinahe täglich, auch den Vatikan besuchte ich einigemal.
Alle Plätze Rom's, deren es viele gibt, sind mit Brunnen und vorzüglich mit Obelisken geziert. Der schönste Platz ist der „del Popolo". Rechts an demselben erhebt sich terrassenförmig der „Monte Picino", mit Säulen, Statuen, Fontainen u.s.w. geschmückt, ein Lieblings-Spaziergang des Volkes. Auf diesem Berge, der zugleich zu einem herrlichen Garten gestaltet ist, hat man eine schöne Aussicht. Von hier nimmt sich die Lage Rom's viel schöner aus, als wenn man von Neapel kommt. Man überblickt die ganze Stadt, durchschnitten von der gelben Tiber und von einer bedeutenden Ebene umgeben. Den Hintergrund umschließen schöne Gebirge, an deren Abhängen Villen, Dörfer und Städtchen zerstreut liegen. Nur Eins ging mir ab, was ich jetzt überall zu sehen gewohnt war und ohne das ich mir beinahe keine Gegend vollkommen denken konnte: das Meer. Dafür sprechen von allen Seiten, wo man geht und steht, eine solche Masse von Altertümern an, daß man bald auf Meer und Gebirg und Alles vergißt, und nur in der Vergangenheit lebt.
Auf dem Platze „del Popolo" münden die drei Hauptstraßen Rom's aus, darunter die größte und schönste, „der Corso", auf welchem die meisten Palläste stehen.
Auf dem Platze der „Colonna" erhebt sich das prächtige Postgebäude von weißem Marmor. An demselben sind zwei Uhren angebracht; eine mit unserm Zifferblatte, die andere mit dem italienischen, beide werden Nachts beleuchtet, was eben so hübsch, als zweckmäßig ist. Auf diesem Platze steht die alte Säule des Antonin.
Die Dogana enthält an ihrer Façade die Säulen des Tempels von Antonius Pius. Ein altes, höchst ehrwürdiges Gebäude.
Alles eben Genannte sah ich nur im Vorübergehen, mein eigentlicher Weg führte mich in die Peterskirche. Den Eindruck, den dieses kolossale, einzige Werk auf mich machte, vermag ich nicht zu schildern. Ich weiß nur, daß ich am ersten Tage um neun Uhr früh hinein ging, und um drei Uhr Nachmittags herauskam.
Ich setzte mich vor die Mosaik-Bilder, unter die große Kuppel, den Baldachin, stellte mich vor die Statuen und Monumente, und konnte nichts als betrachten und bewundern.
Die Kosten des Baues und der Ausschmückung der Kirche sollen 45,852,000 Thaler betragen haben. An ihrer Stelle stand einst der Circus des Nero. Zwei Säulengänge mit vier Reihen Säulen und sechs und neunzig Statuen umfassen den Platz und führen zur Kirche.
Die Façade der Letzteren ist mit korinthischen Säulen geschmückt; auf dem Gesimse stehen Statuen, zwei und fünfzig Fuß hoch.
Die Vorhalle ist so mit Marmor, Sculpturarbeiten und Vergoldungen überfüllt, daß man da allein mehrere Stunden zubringen kann, um Alles zu betrachten. Ganz besonders nehmen die Riesenthore von Broncen, in getriebener Arbeit, die Aufmerksamkeit in Anspruch.
Die Pracht des Innern läßt sich weder schildern, noch mit irgend etwas Gesehenem vergleichen.
Die schönsten Mosaikbilder, Monumente, Statuen, Broncearbeiten, Vergoldungen, kurz was nur die Kunst zu erfinden vermochte, kann man hier in höchster Vollendung schauen. Oelgemälde allein sind hier ausgeschlossen. Alles ist Mosaik, selbst die Kuppel enthält statt der Fresken, Mosaik-Bilder. In den Nischen stehen ungeheure Statuen von weißem Marmor.
Unter der Kuppel, dem schönsten Theile der Kirche, steht der große Altar, an welchem nur der Papst Gottesdienst hält. Über ihn spannt sich ein riesiger Baldachin von Bronce, dessen Säulen gewunden und reich mit Arabesken verziert sind. Man brauchte dazu 186,392 Pfund Erz und um 40,000 Thaler Gold zur Vergoldung, der ganze Baldachin kostete über 150,000