Unweit dieser Kapelle zeigt man das Labyrint des Dädalus, von welchem noch verschiedene Gänge existiren, aus denen man sich schwer ohne einen leitenden Cicerone herausfinden würde.
Wir bestiegen den Hügel, gleich außerhalb der Stadt, auf welchem noch einige Reste der Villa Cicero's zu sehen sind, und genossen da eine der schönsten Aussichten.
In dieser Gegend wandelt man auf lauter Ruinen und sieht überall nichts als Reste der Vorzeit. So kamen wir nach einer kurzen Wanderung von Cicero's Villa zu den Ruinen dreier Tempel, der Venus, der Diana und des Mercurs. Vom ersten sieht man nur noch eine Seite nebst einigen Kämmerchen, die man die Bäder der Venus nennt. Vom Tempel des Merkurs steht ein Theil der Rotunde. Er war akustisch gebaut, denn was man an der einen Seite leise an die Wand spricht, hört derjenige, der auf der entgegengesetzten Seite das Ohr an dieselbe hält. Vom Dianen-Tempel blieben einige Bruchstücke der Rotunda übrig.
Die Schwitzbäder des Nero, in Felsen gehauen, bestehen in mehreren Gängen, in welchen man aber nicht weit vordringen kann, weil die Hitze zu drückend ist. Ein Junge lief zur Quelle und brachte uns siedend heißes Wasser, er selbst war ganz roth im Gesichte und troff vor Schweiß. Diese armen Jungen bleiben gewöhnlich so lange an der Quelle, bis sie einige Eier gekocht haben, allein ich verbat mir diese Menschenquälerei, ich wollte mir nicht einmal das Wasser holen lassen, doch Herr Bretschneider that es nicht anders.
Von da fuhren wir auf dem Meere nach Baja hinüber. Hier hatten einst viele Vornehme ihre Villen. Es soll aber so sittenlos zugegangen seyn, daß es zuletzt eine Schande wurde, sich einige Zeit da aufzuhalten. Die Lage, Fruchtbarkeit und Schönheit dieser Gegend erfüllt jeden Reisenden mit Entzücken. Ein Schloß, neuerer Zeit als Kaserne für Invaliden benutzt, liegt auf einem vorspringenden Berge. Von einem Tempel des Herkules sieht man nur unbedeutende Spuren. Etwas Mauerwerk, ein Grabmahl, bezeichnet die Stelle, wo Agrippina, wie man mir sagte, auf Befehl ihres Sohnes ermordet und begraben wurde.
Das ungeheure Reservoir, welches einst Kaiser Augustus anlegen ließ, um die Flotte mit Süßwasser zu versehen, liegt in der Nähe von Baja und heißt Piscina. Dieser Wasserbehälter umfaßt mehrere sehr große Räume, deren Wölbungen von vielen Säulen getragen werden. Man muß über eine Treppe hinuntersteigen.
Unweit dieses Reservoirs gelangt man zu den cento camerelle, einem Gefängnisse, das aus lauter kleinen Zellen besteht.
Im Rückwege besuchten wir die Solfatara, jene berühmte Krater-Ebene, die bei tausend Fuß lang und achthundert breit, rings herum mit Hügeln umgeben und noch nicht gänzlich ausgebrannt ist. An vielen Orten brennt noch Schwefel, von dem sie den Namen führt, und überall steigen Rauchsäulen auf, die einen garstigen Schwefel-Geruch um sich verbreiten. Wenn man mit einem Stocke auf den Boden stößt, so hört man einen Schall, woraus man schließen kann, daß Alles unterhöhlt ist. Dieser Gang ist daher sehr schauerlich, man schreitet immer wie über eine gespannte Decke, die jeden Augenblick einbrechen kann. Hier ist eine Schwefel- und Alaun-Fabrik angelegt. Ein Kirchlein der Kapuziner, in welchem man den Stein zeigt, auf welchem der heilige Januarius, nachdem ihn die Bären nicht zerreißen wollten, enthauptet wurde, steht oberhalb der Solfatara auf einem Hügel.
Zur Hundsgrotte kamen wir erst gegen Abend. Ein Jagersmann vom k. Jagdrevier Astroni begleitete uns und holte den Mann herbei, der den Schlüssel zur Grotte verwahrt. Dieser Mann brachte ein Paar Hunde mit, um uns an einem dieser Thiere das Experiment der Zuckungen, die durch die in der Höhle enthaltene Luft entstehen, zu zeigen. Allein ich ließ dieß nicht zu, und begnügte mich, die Grotte anzusehen. Sie ist durch eine Thüre verschlossen und sehr klein, etwa acht bis zehn Fuß lang, die Hälfte so breit und sechs oder acht Schuh hoch. Ich ging hinein, und fühlte in aufrechter Stellung gar keine Beängstigung. Allein als ich mich gegen den Boden neigte, und mir die untere Luftschichte in das Gesicht fächelte, empfand ich ein abscheuliches, beängstigendes Gefühl des Erstickens.
Nachdem wir diese Merkwürdigkeiten besehen hatten, führte uns der Jägersmann zu dem nahe gelegenen Jagdschlößchen, und den kleinen See, auf welchen eine Unzahl Wasserenten gemästet werden. Dieser Mann erzählte uns noch von einer andern viel merkwürdigeren Grotte, wozu er den Schlüssel besitze, und zu der er uns mit Vergnügen geleiten wolle. Obwohl es schon sehr stark dämmerte, gingen wir dennoch hin, da sie sehr nahe war. Er sperrte auf und sagte, wir möchten nur Beide hineingehen, uns tief hinab neigen, den Mund öffnen, und wie wir es in der Hundsgrotte gemacht hätten, mit den Händen die Luft von unten recht hinauf fächeln — dieß sei ein ganz besonders gutes Mittel für den Magen. Da uns aber der Mann mit seiner außerordentlichen Beredsamkeit ein Bischen verdächtig vorkam, und es uns ganz besonders auffiel, daß er uns Beide zugleich in der Höhle haben wollt, so gingen wir gerade nicht zusammen hinein. Hr. Brettschneider blieb mit dem Manne außen stehen, und ich trat allein hinein und that, wie er mir gesagt hatte. War nun schon die untere Luftschichte ind er Hundsgrotte erstickend, so fand ich diese noch viel ärger, mit Blitzschnelle eilte ich hinaus, und nun erriethen wir die Absicht dieses Kerls. Wären wir Beide hineingegangen, so hätte er gewiß die Thüre zugemacht, und in einigen Augenblicken wären wir erstickt. Wir ließen von unserer Vermuthung nichts merken, sondern sagten ihm nur, daß wir uns heute nicht länger aufhalten könnten, da es schon spät sei. Der Mann begleitete uns durch die wilde, schauerliche Gegend, mit dem Gewehre auf dem Rücken, und flößte uns immerwährende Angst ein, denn er sprach beständig von seiner Ehrlichkeit und den guten Absichten, die er mit uns habe. Wir hielten uns knapp an seiner Seite, ließen ihn nicht aus den Augen, und zeigten uns munter und furchtlos; so gelangten wir endlich glücklich auf die offene Straße.
Das k. Lustschloß Portici liegt ungefähr 4 Miglien von Neapel, wir fuhren auf der Eisenbahn dahin. Schloß und Garten sind schön und ziemlich groß. Von da gingen wir nach Resina. Portici und Resina sind durch Villen und Häuser der Art verbunden, daß man sie für einen Ort hält. Unterhalb Resina liegt das im Jahre 79 nach Christi Geburt verschüttete Herculanum. Im Jahre 1689 grub ein Marquese in seinem Garten nach einem Brunnen, und bei dieser Gelegenheit stieß man in der Tiefe von fünf und sechzig Fuß auf Marmorstücke mit verschiedenen Inschriften. Erst im Jahre 1720 ließ ein Prinz Nachgrabungen vornehmen, aber freilich mit großer Vorsicht, weil leider Resina über Herculanum erbaut ist, und daher der Einsturz der obern Häuser zu befürchten war.
In Resina nimmt man einen Führer mit Fackeln und steigt in die Tiefe, um das unterirdische Herculanum zu besuchen. Wir sahen das Theater, viele Häuser, einige Tempel und das Forum. An den Wänden der Zimmer bemerkt man noch schöne Fresken. Die Fußböden sind mit Mosaik belegt, doch sieht man hier kaum zum zehnten Theile so viel Merkwürdiges, als das gleichzeitig mit Herculanum verschüttete Pompeji bietet.
Pompeji ist das Interessanteste, was man der Art sehen kann. — Ein großer Theil dieser Stadt ist mit Mauern umgeben, ganze Reihen von Häusern, mehrere Tempel, das Theater, das Forum, kurz, eine Menge Gebäude, Gassen und Plätze liegen da vor uns aufgedeckt — ausgegraben. Je mehr ich in den Gassen und Plätzen umherging, desto befremdender kam es mir vor, so allein zu wandeln, und nicht überall auf Bewohner und Arbeitsleute zu stoßen, die sich mit Ausbesserung der beschädigten Häuser beschäftigten. Es schien mir kaum denkbar, daß so viele schöne Häuser und wohlerhaltene Gemächer unbewohnt seien. — Diese Leerheit machte einen recht düstern Eindruck auf mich.
Obwohl ein großer Theil der Stadt bereits ausgegraben ist, fand man bisher noch nicht mehr als 300 Gerippe, ein Beweis, daß die Mehrzahl der Einwohner sich rettete.
In vielen Häusern sieht man die prächtigsten Mosaikböden, Blumen, Kränze, Thiere oder Arabesken vorstellend; sogar die Vorhallen und Höfe fanden wir mit einer größeren Gattung Mosaik ausgelegt. — Die Wände und Gemächer sind mit einem schönen, festen und glänzenden Mörtel überzogen, der oft wie Marmor aussieht, und darauf sind die herrlichsten Fresken gemalt. Im Hause des Sallustius sieht man im Keller noch eine ganze Reihe von Weinkrügen. Im Innern der Häuser erkennt man noch deutlich die Eintheilung und Bestimmung der Gemächer.