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Heiße Urlaubsgeschichten | Erotische Geschichten
von Shannon Lewis
Shannon Lewis schreibt seit vielen Jahren mit leidenschaftlicher Hingabe. Dabei erkundet sie spielerisch unterschiedliche Genres. Sie liebt Romantik, gibt sich aber auch gern fantasievollen Experimenten hin. Zu ihren bevorzugten Lastern gehört eine ausgeprägte Schwäche für Homoerotik, aber auch die Neigung zu düsteren und fantastischen Themen. Ihre Geschichten führen den Leser in tiefe Abgründe und atmen zugleich die stete Sehnsucht nach Erfüllung.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2021 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © FlexDreams @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783966416689
www.blue-panther-books.de
Januar - Winterlust in Tirol
Es tat verdammt gut, endlich aus dem Trott und dem Mief herauszukommen. Stella stieg aus dem Zug und sog dankbar den Atem ein. Die Luft war frisch und kalt. Sie bemerkte sofort, dass sie sich in 1500 Metern Höhe befand. Es war herrlich. Sie liebte die Winter in Tirol, liebte es, den Qualm und den Lärm der Stadt hinter sich zu lassen. Galtür war die richtige Wahl. Der Ort war ruhig und nicht so überlaufen wie Ischgl. Sogar Albert Einstein sollte sich dort gerne aufgehalten haben. Für Stella war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Wann immer sie es einrichten konnte, ergriff sie ihre Langlaufski und flüchtete über ein Wochenende aus dem Trubel des beginnenden Jahres in die Alpen.
Ihre Arbeit erschien ihr nie so anstrengend wie in den ersten Wochen des Januars und so sehnte sie regelmäßig die erste Gelegenheit herbei, ihrer Leidenschaft nachzugehen.
Am Ende des Bahnsteigs entdeckte sie Franz, der sie wie immer mit dem kleinen Transportbus des Gasthauses abholte. Franz winkte und näherte sich ihr mit raschen Schritten, wie immer bemüht, ihr die schweren Ski und das Gepäck umgehend abzunehmen.
»Wie geht’s dem Hof?«, fragte Stella, nachdem sie sich begrüßt hatten und während er den Bus belud.
»Sehr gut.« Franz schlug die Tür, hinter der nun ihre Habseligkeiten sicher verstaut lagen, zu und drehte sich zu ihr um. Er lächelte breit. Seine Zähne blitzten. Stella blinzelte erstaunt. Wie gut Franz aussah, war ihr bislang nie aufgefallen. In seinem braun gebrannten Gesicht leuchteten helle Augen und das blonde Haar stahl sich vorwitzig unter der Mütze hervor.
Er ist noch so jung, dachte sie dann. Zu jung für sie und vermutlich hatte sie ihn aus diesem Grund nie wirklich beachtet. Aber so jung, wie sie ihn in Erinnerung hatte, erschien er auf einmal nicht mehr. Aus dem schlaksigen Achtzehnjährigen, der sie vor Jahren zum ersten Mal vom Bahnhof abgeholt hatte, war inzwischen ein kräftiger Mann geworden, der die Breite seiner Schultern nicht mehr verbergen konnte.
Sein Lächeln wurde breiter. »Und?«, begann er neckend. »Wagst du dich in diesem Jahr an eine Nachtfahrt?«
Stella erwiderte das Lächeln. »Wenn ich schon in den Bergen bin, will ich auch etwas von der Landschaft sehen. Im Dunkeln kann das nicht so viel Spaß machen.«
Franz schüttelte heftig den Kopf. »Da muss ich widersprechen. Außerdem ist die Wirl-Loipe über zwei Kilometer lang perfekt beleuchtet.«
»Weiß ich doch.« Stella schüttelte den Kopf. »Trotzdem, das ist mir zu umständlich. Ich habe es in der Nacht lieber gemütlich.«
»Kann ich mir vorstellen.« Franz zwinkerte ihr zu. »Es ist dennoch ein Erlebnis. Vielleicht kann ich dich doch überreden?«
Stella blinzelte wieder. Flirtete der Junge mit ihr? Unmöglich, das bildete sie sich ein. Ein gut aussehender junger Mann wie Franz, sportlich und aktiv, hatte sicherlich kein Interesse an einer Bürokauffrau. Bis auf ihre Urlaubswochenenden verbrachte sie ihre Tage abwechselnd in ihrer Dachwohnung und einem stickigen Bürogebäude. Das Fitnessstudio half auch nicht, ihren Teint zu verbessern, und die vierzig Jahre sah man ihr durchaus an.
»Ich weiß nicht recht«, murmelte sie und vermied es, Franz anzusehen, während sie einstieg. Der schien nichts bemerkt zu haben und plauderte während der Fahrt wie gewohnt. Er erzählte von den Umbauten im Tschachenner Hof und berichtete von weiteren Planungen, die ein Schwimmbad und Sauna beinhalteten.
Stella nickte anerkennend. »Hört sich gut an. Aber dadurch steigen wohl die Kosten eines Aufenthalts.« Letzteres gab sie ungern zu.
»Aber nicht bei unseren Stammkunden«, erklärte Franz und als sie zu ihm hinüber spähte, entdeckte sie das breite Lächeln wieder. »Glaub mir, Stella«, fuhr er fort und bei dem dunklen Timbre seiner Stimme konnte Stella es nicht verhindern, dass ihr das Blut ins Gesicht stieg. »Du hast hier immer ein Zimmer, dafür sorge ich.«
Stella räusperte sich nervös. »Hast du jetzt das Sagen im Haus?« Es sollte scherzhaft klingen, aber selbst sie vernahm den Ernst in ihren Worten.
Franz grinste immer noch, sah aber nun auf die Straße. »Sehr bald«, erklärte er dann. »Mein Studium im Hotelmanagement ist abgeschlossen und zusätzlich mit meiner Ausbildung vertrauen mir die Eltern genug, um den Betrieb in meine Hände zu legen.«
Stella atmete aus. »Ich hatte ja keine Ahnung. Für mich bist du immer noch …« Sie stoppte sich selbst, denn hatte sie nicht soeben festgestellt, dass ihre Aussage nicht mehr zutraf? Sie konnte definitiv nicht leugnen, dass Franz erwachsen geworden war, wenngleich die Erkenntnis etwas verspätet eingetreten war.
»Der Junge, der über das Dach und die Balkone klettert, um die Gäste zu erschrecken«, ergänzte Franz lachend und Stella schüttelte den Kopf. »Daran habe ich seit Langem nicht mehr gedacht«, behauptete sie verlegen.
Der Wagen hielt an. Vor ihnen ragte der Tschachenner Hof auf. Die Abendsonne warf goldenes Licht auf die weißen Wände und den Schnee, der die hinter dem Haus aufragenden Berge schmückte.
Franz drehte sich zu ihr. »Ich dafür schon«, sagte er leise und Stella vertrieb hastig das Bild ihres jüngeren Ichs, das in ein knappes Handtuch gehüllt aus dem Bad trat, um auf dem Balkon den Sohn des Hauses zu entdecken, der gerade über die Brüstung balancierte.
»Du hättest runterfallen können«, murmelte sie und erneut stieg ihr Röte in die Wangen.
»Dann wäre ich glücklich gestorben«, erwiderte Franz und zwinkerte ihr zu.
Sie knuffte ihn gegen die Schulter. »Idiot«, sagte sie scherzhaft, doch ihre Stimme klang heiser und sie wusste, dass er es bemerkte.
»Nein, wirklich.« Franz wurde plötzlich ernst. »Ich träume seit diesem Tag von dir.«
Stella schluckte. »Das war vor Jahren.« Sie biss sich auf die Lippen und wich seinem Blick aus, nestelte dann nach dem Türgriff.
»Wir Galtürer sind bekannt für unsere Geduld«, erklärte Franz, als sie die Tür aufbekam. Sie sprang aus dem Kleinbus und als sie sich zu ihm umdrehte, grinste Franz über das ganze Gesicht. Stellas Wangen glühten. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. Franz grinste immer noch. »Ich mache dir ein Angebot«, sagte er dann. »Heute Abend fahre ich dich zur schönsten Stelle der Wirl-Loipe und du ziehst es in Erwägung, dem nächtlichen Langlaufen doch etwas abzugewinnen. Vielleicht findet sich auch mehr, dem sich etwas abgewinnen lässt.«
Stella schluckte und wich seinem Blick aus, bevor sie durch den Schnee um den Bus stapfte, um ihr Gepäck auszuladen.
Glücklicherweise blieb ihr eine weitere Antwort erspart, denn die Eltern von Franz kamen ihr entgegen, begrüßten sie mit gewohnter Herzlichkeit und wiesen ihr das übliche Zimmer zu.
Es war gemütlich und warm, wie sie es als kostbare Erinnerung in Ehren hielt, doch mit einem Mal hatte sich etwas verändert. Oder hatte sie sich verändert?
Es lag an Franz und an seinen Worten. Sie bemühte sich, diese abzuschütteln und als kindische Plänkelei abzutun, doch es gelang nicht.