Der Majoratsherr. Band II.. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711487426
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und bestens zu unterhalten, und jetzt wird sie das Thema auf Jagdgeschichten hinüber spielen.

      Fränzchens Augen blitzten auf, — und in seiner Lebhaftigkeit sieht das hässliche Gesicht beinahe hübsch aus. —

      Sie verspricht ihm, unglaubliche Jagdabenteuer aus den Prairien und Urwäldern zu erzählen, und derweil sie sich anscheinend auf bluttriefende Büffel-, Bären- und Antilopen-Massenmorde besinnt und präpariert, muss er ihr von den Hirschjagden und Sauhatzen der heimatlichen Gebirgswälder berichten.

      „Wieviel Hirsche haben Sie schon zur Strecke gebracht?“

      Er nennt eine Zahl, welche ihr zu imponieren scheint.

      „Und wie viele Sauen?“

      Abermals scheint Sie mit seiner Antwort zufrieden.

      „Sie schiessen wohl sehr gut?“ —

      „Ich schmeichle mir wenigstens, nicht gerade schlecht zu schiessen!“

      „Famos; — wir passen ja grossartig zusammen! Ich schiesse nämlich auch wie das Donnerwetter und für mein Leben gern! Wissen Sie was? Wenn wir jetzt nach Rüdesheim kommen, haben wir ja massig Zeit, — und lange Promenaden machen wir heute doch nicht mehr, da sehen wir zu, dass uns der Hotelwirt einen kleinen Scheibenstand einrichtet und uns irgend ein paar Schiessprügel zur Stelle schafft, und dann knallen wir mal um die Wette drauf los! — Ja? Einverstanden?“

      Er ist entzückt, und Fränzchen jodelt vor Freude so kräftig los, dass die Grete erschreckt einen kleinen Satz zur Seite macht.

      „Esel du; wenn man dich mit deinem Vatersnamen nennt, haste es redlich verdient!“ wendet sich Komtesschen nach dem nervösen Grauschimmel zurück, und die beiden Herren belachen den Witz nach Gebühr.

      „Lilian, legst du dich in Rüdesheim erst eine Weile zum Ausruhen hin, oder kommst du mit uns auf den Scheibenstand?“ fragt die Kleine plötzlich, sich an die schweigsame Freundin, welche einen Schritt hinter ihr geht, wendend.

      Es deucht Pia, als liege keine allzu dringende Aufforderung in dem Klang ihrer Stimme.

      „Natürlich muss Ihr Fräulein Cousine zugegen sein!“ — sällt Hellmuth hastig ein. „Wir müssen doch kritisches Publikum haben und wenn wir uns mal wegen eines Meisterschusses zanken sollen, bedürfen wir eines unparteiischen Schiedsrichters!“

      „Kann ja zur Not auch Papa sein!“ —

      „Traust du mir kein Urteil zu, Fränzchen?“

      Das Backfischchen wirft eine Kusshand zurück: „Ich thäte dich erwürgen, wenn du etwa nicht mir, sondern dem Assessor Recht gäbest!“

      „Dann überlass ich dir diesen Ehrenposten, Onkel!“ —

      „Danke schön, will schon mit der Hexe fertig werden!“

      „Unbesorgt, mein gnädiges Fräulein, ich bin überzeugt, dass Fräulein Francis mir jeden Zug neidlos gönnt und Ihr Urteil sogar in diesem Sinne beeinflussen wird!“ —

      Fränzchen schneidet eine kleine Grimasse, Hellmuth aber fährt scherzend fort, sich abermals an Pia wendend: „Oder machen Sie uns etwa gar Konkurrenz und beteiligen sich selber an dem Preisschiessen?“

      Fräulein von Nördlingen sieht beinahe erschrocken aus. „Nein!“ antwortet sie kurz, „ich habe noch nie ein Gewehr oder eine Pistole in der Hand gehabt!“

      Er macht eine heftige Bewegung mit dem Kopf, als wolle er sagen: „Bravo! ich freue mich dessen!“

      Und Fränzchen nickte ebenfalls wohlwollend und sagt: „Wozu auch? Schiessgewehre sind kein Spielzeug für Mädchen!“

      Lautes Gelächter.

      „Und das sagen Sie, gute Schützin, die doch selber eine junge Dame ist?“

      Die Kleine lacht auch, aber ein wenig verlegen, und ihr Blick huscht momentan zu dem Vater hinüber, der Graf aber hat es nicht gehört, er ist stehen geblieben und erwartet den heranrollenden Wagen.

      „Unsinn! ist ja bei mir etwas ganz anderes!“ sagt sie mit wegwerfender Geste. „Sehen Sie mich an und dann die Lilian! Sehe ich aus, wie ein zartes Jungferchen? An mir verwilderten Range ist nichts mehr zu verderben, ich sehe ja doch nicht danach aus, als ob ich bei lebenden Bildern einen Engel stellen könne, aber Lilian, was ist die gold-weiss-rosige Lilian gegen mich schwarze Hexe für ein Zuckerpüppchen! In mich wird sich nie ein Mann verlieben!“

      „Aber, mein gnädiges Fräulein, wie können Sie uns Männern einen so schlechten Geschmack zutrauen?“

      Das Backfischchen warf übermütig den Kopf zurück und lachte, dass die weissen Zähne blinkten: „Wenn Sie noch keine Frau hätten, würden Sie sich etwa in mich verlieben?“

      „Fränzchen!!“

      Der Assessor machte einen tiefen Diener und legte die Hand auf das Herz. „Fraglos! — allen Rivalen zum Trotz!“

      „Ach, Sie reizender Mensch.“ Beinahe hätte sie ihn in ihrem tollen Jubel umarmt, glücklicherweise unterbrach Tante Johannas Ankunft die kleine Scene.

      Fränzchen stürmte der Mutter entgegen und stellte ihren „neuen Freund“ vor, mit übersprudelnder Lebhaftigkeit alles Geschehene erzählend. Pia stand schweigend beiseite. Sie hatte sich über Fränzchen geärgert; zu solchen Naivetäten war sie denn doch zu alt.

      Tante Johanna wandte sich voll Bedauern an sie: „Arme Lilian, dieser Dauerritt hat dich sicherlich sehr angestrengt, willst du nicht lieber einsteigen und mit mir fahren?“

      Pia senkte das Köpfchen, sie sah den Assessor nicht an und atmete schwer und tief. Dann blickte sie sehr ruhig auf und antwortete: „Danke tausendmal, liebe Tante, das Gehen ist mir sehr angenehm, mit deiner gütigen Erlaubnis bleibe ich zu Fuss!“

      XVII.

      Nun wandl’ ich im Dämmerlicht blühender Bäume,

      Ich fasse der Nachtigall Jubel und Schmerz —

      Ich zähle die Sterne! ich wache und träume —

      Ein schwebender Stern ist mein seliges Herz!

      Alfred Meissner.

      Darf ich etwa Euer Gnaden

      S’ nächste Mal zum Schiessen laden?

      Er gönnt doch andern was, Mosje?

      Nun er kommt doch? he, he, he?

      Freischütz.

      Man hatte Rüdesheim erreicht und war in der „Krone“ abgestiegen. Kammerfrau und Diener besorgten das Gepäck und die kleine Gesellschaft trennte sich, um kurze Zeit auf den Zimmern der Ruhe zu pflegen.

      Mrs. Luxor war sehr erfreut, die Wohnung ganz nach ihrem Geschmack zu finden. Auf die Schlafzimmer legte sie besonderen Wert. Sie mussten gross und luftig und durch eine Thüre verbunden sein, in dem einen schlief sie und Fränzchen, in dem anderen ihr Gatte. Pia wohnte zur anderen Seite des kleinen Salons, welchen der Wirt schnell herrichten liess, da die Herrschaften nicht an der Wirtstafel soupieren und auch sonstige Mahlzeiten apart serviert haben wollten.

      Fränzchen empfand durchaus nicht das Bedürfnis nach Ruhe und schloss sofort Freundschaft mit dem Wirt, welcher mit grösstem Vergnügen bereit war, einen kleinen Scheibenstand im Rebengang arrangieren zu lassen.

      „Es ist noch früh in der Saison und trotz des köstlichen Wetters der Verkehr noch nicht sehr lebhaft, da können die Herrschaften unbeschadet ein wenig Pistole oder Tesching schiessen. Ich will für alles Nötige sorgen und dem gnädigen Fräulein sofort Bescheid sagen lassen!“

      Das Backfischchen fand es jedoch bedeutend amüsanter, die Vorbereitungen persönlich zu überwachen, und oft verkündeten helle Lachsalven aus dem noch laublosen Rebengang, dass Kellner und Hausknecht ganz entzückt von den Bemerkungen der jungen Amerikanerin waren. Nach kaum einer Viertelstunde erscholl unter den Fenstern Hellmuths die eigenartig rauhe Stimme