Der Majoratsherr. Band II.. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711487426
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      Nataly von Eschstruth

      Der Majoratsherr

      Band II

      Roman

      Mit Illustrationen von M. Flashar

      Saga

      Der Majoratsherr. Band II.

      German

      © 1898 Nataly von Eschstruth

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711487426

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      XV.

      Was reitest du einsam durch den Wald?

      Der Wald ist lang! — du bist allein — —

      Du schöne Braut, ich führe dich heim!

      Eichendorff.

      Als sich das Grauschimmelchen so überraschend in Bewegung setzte, glaubte Pia es mit einem gewohnheitsmässigen Durchgänger zu thun zu haben, welcher erst eine tüchtige Extrapromenade machen muss, ehe es ihn wohlgesittet in den Reihen seiner Genossen duldet.

      Da der Esel keine Lust zu besonderen Extravaganzen zeigte, weder ausschlug, noch den Kurs seitwärts in den Rhein oder Feld und Wald nahm, sondern mit zurückgelegten Ohren nur pfeilgeschwind auf ebener Chaussee gerade aus jagte, wollte Pia ihn nicht in dieser Belustigung stören, sondern berechnete bereits voll Humor, wieviel früher sie in Rüdesheim eintreffen würde, als ihre Reisegenossen.

      Sie hielt sich, so gut es gehen wollte, im Sattel, riss den Hut, welcher verschiedentlich zu fliegen drohte, vom Kopf und hielt ihn mit den Zügeln fest in der Hand.

      Die blonden Löckchen wehten im Luftzug wie ein Glorienschein, und der Haarknoten am Hinterlopf, welcher auf so ein Wettrennen nicht berechnet war, löste sich mehr und mehr und sank immer schwerer in den Nacken, bis die grossen hellgelben Hornnadeln herausflogen und das Haar gleich einem schimmernden Goldmantel über den Rücken herabrollte.

      Das junge Mädchen konnte es nicht verhindern. Ihre Hände waren in Anspruch genommen und ein Toilettemachen bei diesem Tempo nicht möglich. Ein paar Weinbergarbeiter, welche ihr entgegenkamen, blieben mit weit aufgerissenen Augen stehen und starrten die seltsame Erscheinung an.

      Da aber die Reiterin weder um Hilfe schrie, noch ein ängstliches Gesicht machte, so glaubten sie sich nicht berechtigt, diese wilde Jagd aufzuhalten.

      Ein paar Wagen rollten ihr entgegen.

      Kutscher und Insassen wandten überrascht die Köpfe und starrten der Amazone nach, welche wie ein Märchenbild an ihnen vorübersauste. Und nun sah Pia dicht vor sich ein anderes Eselchen, welches langsam und geduldig ein wenig Handgepäck schleppte, dessen Eigentümer sicherlich der grosse, schlanke Herr war, welcher leichtfüssig zur Seite schritt.

      Ein halbwüchsiger Junge, der Treiber, trottete gemächlich hinterher, sich damit amüsierend, einen ersten Maikäfer am Schwanze des Grauschimmelchens auf und ab klettern zu lassen.

      Dazu pfiff er vergnügt ein kleines Lied und wandte sich erst neugierig um, als der harte, eilige Hufschlag dicht hinter ihm erklang.

      „Hurra! Der Hans!!“ schrie er mit schallendem Gelächter auf, und der Herr, welcher vor ihm schritt, wandte nun ebenfalls überrascht den Kopf. Schon sauste Pia heran. — Zu ihrem Staunen ging es aber diesmal nicht wieder in voller Fahrt an dem Trio vorüber.

      Der Esel stoppte plötzlich ab, — stiess einen heiseren Schrei triumphierender Freude aus und drängte sich im nächsten Moment so gefühlsinnig an den anderen langohrigen Genossen an, dass Pia bei dem jähen Ruck doch noch das Gleichgewicht verloren hätte und aus dem Sattel geschleudert worden wäre, wenn der fremde Herr nicht mit schnellem Sprung an ihrer Seite gestanden und sie schützend in den Armen aufgefangen hätte.

      Dieser unerwartete Wechsel des Tempos hatte die junge Dame unangenehmer berührt, wie der ganze Ritt.

      Einen Augenblick drehte sich alles im Kreise vor ihren Blicken, — nach Atem ringend, presste sie die Hände momentan gegen die Schläfen und ihr Köpfchen sank schwer gegen die Schulter des Fremden zurück.

      Aber nur sekundenlang währte die Betäubung, dann richtete sie sich hastig empor und blickte voll reizender Verwirrung zu ihrem Beschützer auf.

      Auge ruhte in Auge und es war, als läge eine unsichtbare, geheimnisvolle Macht in diesem Blick, welcher so fest und aufleuchtend haftete, als habe er in ganz Fremdem plötzlich etwas nahe Verwandtes, längst Bekanntes entdeckt.

      Pia ward dunkelrot und stammelte sehr verlegen ein paar Worte des Dankes, der Fremde aber zog höflich den Hut und lächelte.

      „Ich erachte es als einen ganz besonderen Vorzug, mein gnädigstes Fräulein, Ihnen dienen zu können! Sie hatten das Missgeschick, einen sehr ehrgeizigen Vollblüter zu besteigen, welcher seinen kleinen Kollegen hier nicht vor sich sehen wollte! Wie bedaure ich, die unschuldige Veranlassung zu ihrem beschleunigten Ritt durch meinen Gepäckträger gegeben zu haben!“

      Pia strich noch immer etwas fassungslos die verwehten Goldlöckchen glatt. — „Ah, nun begreife ich erst die Ursache meines Wettrittes und fürchte, es wird schwer halten, den Esel zur Umkehr zu bewegen, so lange er in seinem Gefährten hier einen Rivalen erblickt.“

      „Ihre Angehörigen sind zurückgeblieben?“

      „Leider so weit, dass man sie kaum noch erkennen kann! Ich hätte nie geglaubt, dass ein Esel so fabelhaft laufen kann!“

      „Jetzt ist er die Sanftmut und Trägheit selbst; sehen Sie nur dieses Stillleben! Ich glaube, wir haben es hier mit guten Freunden à la Castor und Pollux zu thun!“

      Der Fremde wies mit amüsiertem Gesicht auf die beiden Esel, welche dicht voreinander, Stirn gegen Stirn gelehnt, regungslos standen.

      „Gewiss, mein Herr, die beiden gehören ja auch zusammen!“ lachte der Eseltreiber so fröhlich, dass seine weissen Zähne blinkten. „Hans und Grete stehen in einem Stall und machen auch meist alle Partien zusammen! Wenn sie getrennt werden, fasst sie gleich der Jammer an, und ein paarmal ist der Hans schon ganz weite Strecken zurückgaloppiert, um wieder bei seiner Alten zu sein!“

      Man lachte, und der fremde Herr trat zu dem Genannten heran, ihm anerkennend den Rücken zu klopfen.

      „Das ist brav! Auch ein Esel muss beweisen, dass es ein schönes Ding um die Treue ist! — — Sie befehlen wieder aufzusteigen, mein gnädiges Fräulein?“

      Pia hatte prüfend nach dem Sattel gefasst: „Ich muss doch meine Angehörigen wieder erreichen!“ sagte sie, mit besorgtem Blick die grosse Entfernung messend, welche zwischen ihr und den Niedecks lag. Der Treiber grinzte: „Der Hans dreht alleine nicht wieder um, Fräuleinchen! Daraufhin kenne ich den Satan schon!“

      Pia blickte hilflos zu dem fremden Herrn empor und erglühte abermals unter dem Blick, welchen er auf sie richtete.

      „Befehlen Sie, mein gnädiges Fräulein, dass wir mit Ihnen umkehren?“ —

      „O, das wäre unbeschreiblich liebenswürdig!“

      „Nee, nee — da wollen wir nur erst gar nicht den Versuch machen!“ wehrte der Treiber mit resignierter Geste. „Die Grete drängt nach dem Stall — hat den Weg zweimal heute gemacht und ist müde. Zu Hause gibt’s Futter, das weiss sie.“

      „Nun, versuchen wir’s wenigstens! Wollen Sie wieder dem getreuen