OTTOKAR: Mein Vater?
Was hat mein Vater denn verbrochen? Daß
Die Untat ihn empört, daß er den Tätern
Die Fehde angekündigt, ists zu tadeln?
Mußt ers nicht fast?
AGNES: Ich wills nicht untersuchen:
Er war gereizt, 's ist wahr. Doch daß er uns
Das Gleiche, wie er meint, mit Gleichem gilt,
Und uns den Meuchelmörder schickt, das ist
Nicht groß, nicht edel.
OTTOKAR: Meuchelmörder? Agnes!
AGNES:
Nun, das ist, Gott sei Dank, nicht zu bezweifeln,
Denn ich erfuhr es selbst an meinem Leibe.
Er zückte schon den Dolch, da hieb Jerome
Ihn nieder – und er liegt nun krank in Warwand.
OTTOKAR: Wer tat das?
AGNES: Nun, ich kann dir jetzt ein Beispiel
Doch geben, wie ich innig dir vertrauen
Der Mörder ist dein Freund.
OTTOKAR: Mein Freund?
AGNES: Du nanntest
Ihn selbst so, und das war es, was vorher
Mich irrte.
OTTOKAR: 's ist wohl möglich nicht – Johann?
AGNES: Derselbe,
Der uns auf diesem Platze überraschte.
OTTOKAR:
O Gott, das ist ein Irrtum – sieh, das weiß,
Das weiß ich.
AGNES: Ei, das ist doch seltsam. Soll
Ich nun mit deinen Augen sehn?
OTTOKAR: Mein Vater!
Ein Meuchelmörder! Ist er gleich sehr heftig,
Nie hab ich anders doch ihn, als ganz edel
Gekannt.
AGNES: Soll ich nun deinem Vater mehr,
Als du dem meinen traun?
(Stillschweigen.)
OTTOKAR: In jedem Falle,
War zu der Tat Johann von meinem Vater
Gedungen nicht.
AGNES: Kann sein. Vielleicht so wenig,
Wie von dem meinigen die Leute, die
Den Bruder dir erschlugen.
(Stillschweigen.)
OTTOKAR: Hätte nur
Jeronimus in seiner Hitze nicht
Den Menschen mit dem Schwerte gleich verwundet
Es hätte sich vielleicht das Rätsel gleich
Gelöst.
AGNES: Vielleicht – so gut, wie wenn dein Vater
Die Leute nicht erschlagen hätte, die
Er bei der Leiche deines Bruders fand.
(Stillschweigen.)
OTTOKAR:
Ach, Agnes, diese Tat ist nicht zu leugnen,
Die Mörder habens ja gestanden. –
AGNES: Nun,
Wer weiß, was noch geschieht. Johann ist krank,
Er spricht im Fieber manchen Namen aus,
Und wenn mein Vater rachedürstend wäre,
Er könnte leicht sich einen wählen, der
Für sein Bedürfnis taugt.
OTTOKAR: O Agnes! Agnes!
Ich fange an zu fürchten fast, daß wir
Doch deinem Vater wohl zu viel getan.
AGNES:
Sehr gern nehm ichs, wie all die Meinigen,
Zurück, wenn wir von deinem falsch gedacht.
OTTOKAR:
Für meinen steh ich.
AGNES: So, wie ich, für meinen.
OTTOKAR:
Nun wohl, 's ist abgetan. Wir glauben uns.
– O Gott, welch eine Sonne geht mir auf!
Wenns möglich wäre, wenn die Väter sich
So gern, so leicht, wie wir, verstehen wollten!
– Ja könnte man sie nur zusammenführen!
Denn einzeln denkt nur jeder seinen einen
Gedanken, käm der andere hinzu,
Gleich gäbs den dritten, der uns fehlt.
– Und schuldlos, wie sie sind, müßt ohne Rede
Sogleich ein Aug das andere verstehn.
– Ach, Agnes, wenn dein Vater sich entschlösse!
Denn kaum erwarten läßts von meinem sich.
AGNES:
Kann sein, er ist schon auf dem Wege.
OTTOKAR: Wie?
Er wird doch nicht? Unangefragt, und ohne
Die Sicherheit des Zutritts?
AGNES: Mit dem Herold
Gleich wollt er fort nach Rossitz.
OTTOKAR: – O das spricht
Für deinen Vater weit, weit besser, als
Das Beste für den meinen. –
AGNES: Ach, du solltest
Ihn kennen, ihn nur einmal handeln sehn!
Er ist so stark und doch so sanft. – Er hat es längst
Vergeben. –
OTTOKAR: Könnt ich das von meinem sagen!
Denn niemals hat die blinde Rachsucht, die
Ihn zügellos-wild treibt, mir wohlgetan.
Ich fürchte viel von meinem Vater, wenn
Der deinige unangefragt erscheint.
AGNES:
Nun, das wird jetzt wohl nicht geschehn, ich weiß,
Jeronimus wird ihn euch melden.
OTTOKAR: Jerome?
Der ist ja selbst nicht sicher.
AGNES: Warum das?
OTTOKAR:
Wenn er Johann verwundet hat, in Warwand
Verwundet hat, das macht den Vater wütend.
AGNES:
– Es muß ein böser Mensch doch sein, dein Vater.
OTTOKAR:
Auf Augenblicke, ja. –
AGNES: So solltest du
Doch lieber gleich zu deinem Vater eilen,
Zu mildern wenigstens, was möglich ist.
OTTOKAR:
Ich mildern? Meinen Vater? Gute Agnes,
Er trägt uns, wie die See das Schiff, wir müssen
Mit seiner Woge fort, sie ist nicht zu
Beschwören. – Nein ich wüßte wohl was Bessers.
– Denn fruchtlos ist doch alles, kommt der Irrtum
Ans