Du sahst es selbst, gleich einem Geist erscheint
Und schwindet sie uns beiden.
JOHANN: Beiden? Ja:
Doch mit dem Unterschied, daß dir das eine
Talent geworden, ihn zu rufen, mir
Das andre bloß, den Geist zu bannen.
OTTOKAR: Johann!
JOHANN:
Pah! – Die Schuld liegt an der Spitze meiner Nase
Und etwa noch an meinen Ohrenzipfeln.
Was sonst an mir kann so voll Greuel sein,
Daß es das Blut aus ihren Wangen jagt
Und, bis aufs Fliehen, jede Kraft ihr nimmt?
OTTOKAR:
Johann, ich kenne dich nicht mehr.
JOHANN: Ich aber dich.
OTTOKAR:
Ich will im voraus jede Kränkung dir
Vergeben, wenn sie sich nur edel zeigt.
JOHANN:
Nicht übern Preis will ich dir zahlen. – Sprich.
Wenn einer mir vertraut', er wiss ein Roß,
Das ihm bequem sei, und er kaufen wolle,
Und ich, ich ginge heimlich hin und kaufts
Mir selbst – was meinst du, wäre das wohl edel?
OTTOKAR:
Sehr schief wählst du dein Gleichnis.
JOHANN: Sage bitter;
Und doch ists Honig gegen mein Gefühl.
OTTOKAR:
Dein Irrtum ist dir lieb, weil er mich kränkt.
JOHANN:
Kränkt? Ja, das ist mir lieb, und ists ein Irrtum,
Just darum will ich zähe fest ihn halten.
OTTOKAR:
Nicht viele Freude wird dir das gewähren,
Denn still verschmerzen werd ich, was du tust.
JOHANN:
Da hast du recht. Nichts würd mich mehr verdrießen,
Als wenn dein Herz wie eine Kröte wär,
Die ein verwundlos steinern Schild beschützt,
Denn weiter keine Lust bleibt mir auf Erden,
Als einer Bremse gleich dich zu verfolgen.
OTTOKAR:
Du bist weit besser als der Augenblick.
JOHANN:
Du Tor! Du Tor! Denkst du mich so zu fassen?
Weil ich mich edel nicht erweise, nicht
Erweisen will, machst du mir weis, ich seis,
Damit die unverdiente Ehre mich
Bewegen soll, in ihrem Sinn zu handeln?
Vor deine Füße werf ich deine Achtung. –
OTTOKAR:
Du willst mich reizen, doch du kannst es nicht;
Ich weiß, du selbst, du wirst mich morgen rächen.
JOHANN:
Nein, wahrlich, nein, dafür will ich schon sorgen.
Denn in die Brust schneid ich mir eine Wunde,
Die reiz ich stets mit Nadeln, halte stets
Sie offen, daß es mir recht sinnlich bleibe.
OTTOKAR:
Es ist nicht möglich, ach, es ist nicht möglich!
Wie könnte dein Gemüt so häßlich sein,
Da du doch Agnes, Agnes lieben kannst!
JOHANN:
Und daran noch erinnerst du mich, o
Du Ungeheuer!
OTTOKAR: Lebe wohl, Johann.
JOHANN:
Nein, halt! Du denkst, ich habe bloß gespaßt.
OTTOKAR:
Was willst du?
JOHANN: Gerad heraus. Mein Leben
Und deines sind wie zwei Spinnen in der Schachtel.
Drum zieh! (Er zieht.)
OTTOKAR: Gewiß nicht. Fallen will ich anders
Von deiner Hand nicht, als gemordet.
JOHANN: Zieh,
Du Memme! Nicht nach deinem Tod, nach meinem,
Nach meinem nur gelüstets mir.
OTTOKAR (umarmt ihn): Johann!
Mein Freund! Ich dich ermorden.
JOHANN (stößt ihn fort): Fort, du Schlange!
Nicht stechen will sie, nur mit ihrem Anblick
Mich langsam töten. – Gut. (Er steckt das Schwert ein.)
Noch gibts ein andres Mittel.
(Beide von verschiedenen Seiten ab.)
Zweite Szene
Warwand, Zimmer im Schlosse. Sylvester auf einem Stuhle, mit Zeichen der Ohnmacht, die nun vorüber. Um ihn herum Jeronimus, Theistiner, Gertrude und ein Diener.
GERTRUDE:
Nun, er erholt sich, Gott sei Dank. –
SYLVESTER: Gertrude –
GERTRUDE:
Sylvester, kennst du mich, kennst du mich wieder?
SYLVESTER:
Mir ist so wohl, wie bei dem Eintritt in
Ein andres Leben.
GERTRUDE: Und an seiner Pforte
Stehn deine Engel, wir, die Deinen, liebreich
Dich zu empfangen.
SYLVESTER: Sage mir, wie kam
Ich denn auf diesen Stuhl? Zuletzt, wenn ich
Nicht irre, stand ich – nicht?
GERTRUDE: Du sankest stehend
In Ohnmacht.
SYLVESTER: Ohnmacht? Und warum denn das?
So sprich doch. – Wie, was ist dir denn? Was ist
Euch denn? (Er sieht sich um; lebhaft..
Fehlt Agnes? Ist sie tot?
GERTRUDE: O nein,
O nein, sie ist in ihrem Garten.
SYLVESTER: Nun,
Wovon seid ihr denn alle so besessen?
Gertrude sprich. – Sprich du, Theistiner. – Seid
Ihr stumm, Theistin, Jero – – Jeronimus!
Ja so – ganz recht – nun weiß ich. –
GERTRUDE: Komm ins Bette,
Sylvester, dort will ichs dir schon erzählen.
SYLVESTER:
Ins Bett? O pfui! Bin ich denn – sage mir,
Bin ich in Ohnmacht wirklich denn gefallen?
GERTRUDE: