Die Augen, die vorhin auf der Stiege so diebisch geflackert hatten, quollen über von ehrlichen Tränen. Aber daß Bermeter gelogen und betrogen hatte, sagte sie nicht.
*
Zur selben Zeit saß Jörg, der Bildschnitzer, Stiefsohn des Meisters von dessen erster Frau, mit seinem Weibe drunten in der warmen Stube. Ein wohlbeleibter Bürger, eine rundliche Frau mit freundlichen Zügen. Er schnitzte an einem Kochlöffel, sie warf die surrende Spindel.
»Hörste? Das kann man doch nimmer mitansehen. So e verrückt's Ding, so e mannstörichts!« sagte sie, und ihre Stimme klang in verhaltenem Zorn.
»Die Bille?« fragte er gutmütig und prüfte mit Daumen und Zeigefinger die Glätte seines Kunstwerkes. »Ja, was willste dagegen tun? Sie ist doch sonst tüchtig. Das kannste nit abstreiten. Und die wo sonst so tüchtig sind, die sind halt in anderer Art auch hell.«
»Jawohl, die Bille. Und tüchtig sind solche meistenteils. Da haste recht. Aber um den Vater schmeichelt sie rum wie e junge Katz. Er wird schon emal sorgen für sie. Er ist ja so viel gutmütig. Er gibt das Hemd vom Leib. Und wenn er kein Hemd mehr hätt', dann tät er die Haut geben und ließ sie gerben dazu.«
Jörg der Bildschnitzer lachte behaglich.
»Oder, «fuhr sie fort, »er hat noch andere Absichten mit ihr.«
»Red nit so dumm!«
»Wär' das erstemal nit, daß ein alter Mann ein junges Mädel heiratet,« behauptete sie störrisch.
»Kann sein – aber dann heißt er nit Tilmann Riemenschneider!« rief der Bildschnitzer.
»Und mit dem Bermeter hat sie's –!« ereiferte sich das Weib.
»Vielleicht heiratet der sie und lädt uns auf Bettelmanns Hochzeit!« spottete er.
»Und mit Nachbars Konrad hat sie's auch, wo sie ihn trifft.«
»Hat halt ein heißes Herz,« meinte er. »So red' doch mit ihr!«
»Jawohl, ich hab' ihr den Standpunkt schon klar gemacht. Und weißt, was sie gesagt hat? ›Frau Base‹, hat sie gesagt, ›was kann denn ich dafür, daß sie mich alle so gern haben?‹«
Er lachte: »Was geh'n dich anderer Leut' ihre Kinder an?«
»Jawohl, da lach' du nur! So was gefällt euch Mannsleuten. Ich weiß schon. Aber laß dir sagen, wir Weiberleut haben einen Abscheu davor. Und mich erbarmt's, das unerfahrene Ding, das.«
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