Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
Скачать книгу
obgleich ich das eigentlich nicht sagen sollte, weil ich selbst dabei die Hand im Spiel hatte, und die Wunde ist erstaunlich gut verbunden. Ihr werdet bald wieder gesund sein. Zwar hat ohne Zweifel der Schlag, den Ihr meinem Grauschimmel versetztet, eine Neigung zur Entzündung zurückgelassen; aber es wird trotzdem gehen, ja, es wird gehen. Ihr wart ohne Zweifel etwas verwirrt und versteht Euch nicht auf die Behandlung der Pferde, doch vergebe ich Euch Euer Einschreiten um der Absicht willen, die ohne Frage eine gute war. So – jetzt wäre es recht.«

      »So will ich denn, meine Herren«, erwiderte der Verwundete, indem er aufstand und seine Kleider wieder anlegte, »nicht länger Ihre Zeit und Geduld in Anspruch nehmen. Es bleibt mir jetzt nichts mehr übrig, als Ihre respektiven Rechte auf den Hirsch ins gleiche zu bringen, Richter Temple.«

      »Ich gebe zu, daß er dir gehört«, sagte Marmaduke, »auch stehe ich noch tiefer in deiner Schuld als für dieses Stück Wildbret. Kehre indes morgen hier ein; wir wollen sodann diese und die noch wichtigere Angelegenheit ins reine bringen. Elisabeth«, – die junge Dame war nämlich, sobald sie gehört hatte, daß die Wunde verbunden sei, wieder in die Halle getreten – »du wirst, ehe wir in die Kirche gehen, für diesen jungen Mann einen Imbiß besorgen, und Aggy soll einen Sleigh bereithalten, um ihn zu seinem Freund zu führen.«

      »Aber, Sir, ich kann nicht ohne einen Teil des Hirsches gehen«, versetzte der Jüngling, augenscheinlich mit seinen Gefühlen kämpfend. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich das Wildbret für mich selber brauche.«

      »Oh, auf das sind wir gerade nicht sehr versessen«, erwiderte Richard. »Der Richter wird Euch morgen das ganze Tier bezahlen, und Remarkable kann Euch alles davon wieder mitgeben bis auf den Ziemer. So könnt Ihr Euch, meine ich, im ganzen für einen sehr glücklichen jungen Mann halten; Ihr habt einen Schuß erhalten, ohne dadurch zum Krüppel zu werden; Eure Wunde wurde hier in den Wäldern so gut, wo nicht besser verbunden, als es im Spital von Philadelphia der Fall gewesen wäre; Ihr habt Euren Hirsch zu gutem Preis verkauft und dürft doch den größten Teil desselben nebst der Haut behalten. Marky, sagt Tom, er soll ihm die Haut auch geben. Wenn Ihr sie mir morgen wiederbringt, so zahle ich Euch einen halben Dollar oder meinetwegen auch drei Schillinge und sechs Pence dafür; ich brauche eben eine solche Haut zu dem Reitkissen, das ich für Base Elisabeth zu machen gedenke.«

      »Ich danke Ihnen, Sir, für Ihre Freigebigkeit, wie ich auch dem Himmel dafür dankbar bin, daß ich nicht zu größerem Schaden kam. Sie behalten sich aber gerade jenen Teil des Tieres vor, den ich für meinen eigenen Gebrauch wünsche. Ich muß den Ziemer selbst haben.«

      » Muß?« wiederholte Richard. » Muß ist eine harte Nuß, noch härter als die Geweihe des Bocks.«

      »Ja, muß«, entgegnete der Jüngling, indem er sein Haupt stolz erhob, als wolle er den sehen, der es wage, seine Rechte zu schmälern; er traf indes dabei auf den erstaunten Blick Elisabeths und fuhr nun mit mehr Milde fort: »das heißt, wenn ein Mann das Recht hat, Besitz von dem zu nehmen, was er erlegte, und er durch das Gesetz in diesem seinem Eigentumsrecht geschützt wird.«

      »Das Gesetz schützt dich«, sagte Richter Temple mit einer Miene, in der sich Kränkung mit Überraschung mengte. »Benjamin; sorge dafür, daß der ganze Hirsch auf den Sleigh gebracht und dieser junge Mann nach Lederstrumpfs Hütte geführt wird. Aber du hast doch wohl einen Namen, junger Mann, und ich werde dich wiedersehen, um den Schaden, den ich dir zugefügt, ausgleichen zu können?«

      »Ich heiße Edwards«, entgegnete der Jäger, »Oliver Edwards. Ich bin leicht zu sehen; denn ich wohne in der Nachbarschaft und scheue mich nicht, mein Gesicht zu zeigen, da ich nie jemand ein Leid getan habe.«

      »Das Leid widerfuhr Euch von uns«, sagte Elisabeth, »und das Bewußtsein, daß Ihr unsern Beistand ablehnt, muß meinem Vater sehr schmerzlich sein. Es würde ihn freuen, Euch morgen zu sehen.«

      Der junge Mann sah die Sprecherin an, bis sein ernster Blick ihr das Blut nach den Schläfen trieb; dann verbeugte er sich, als ob er sich jetzt erst gesammelt hätte, senkte das Auge gegen den Boden und erwiderte:

      »So will ich denn morgen den Richter Temple besuchen und inzwischen das Anerbieten des Sleighs als ein Zeichen der Freundschaft annehmen.«

      »Freundschaft!« wiederholte Marmaduke. »Der Beschädigung, die ich Euch zufügte, lag keine böse Absicht zugrunde, junger Mann, und Ihr hättet einen solchen Gedanken nicht von fern aufkommen lassen sollen.«

      »Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern«, bemerkte Herr Grant; »das sind Worte, die uns der göttliche Meister selbst empfahl, und sie sollten für seine demütigen Jünger stets eine goldene Regel bleiben.«

      Der Fremde blieb noch einen Augenblick in Gedanken verloren stehen; dann blickten seine dunklen Augen etwas wild in der Halle umher, er verbeugte sich tief gegen den Geistlichen und entfernte sich aus dem Saal mit einer Miene, die an kein Zurückhalten denken ließ

      »Sonderbar, daß ein so junger Mensch so unversöhnliche Gefühle in seinem Innern birgt«, begann Marmaduke, als sich die Tür hinter dem Fremden schloß; »doch der Schmerz ist noch zu neu, und das Gefühl für die ihm zugefügte Beschädigung zu frisch, um ihn nicht aufgeregter fühlen zu lassen, als es bei kälterer Überlegung der Fall wäre. Ich zweifle nicht, daß man morgen, wenn er wieder herkommt, eher mit ihm sprechen kann.«

      Elisabeth, an welche diese Worte gerichtet waren, gab keine Antwort, sondern ging langsam und mit zur Erde gesenkten Bücken die Halle hinauf, während Richard, sobald der Fremde verschwunden war, laut mit seiner Peitsche knallte und ausrief:

      »Duke, ich bewundere deine Selbstbeherrschung, aber ich für mein Teil hätte wegen des Ziemers das Gesetz in Anspruch genommen, ehe ich ihn dem Kerl hingegeben hätte. Gehören dir die Berge nicht ebensogut wie die Täler? Sind nicht die Wälder dein Eigentum? Welches Recht hat dieser Bursche, oder welches Recht hat Lederstrumpf, ohne deine Erlaubnis in deinen Forsten zu schießen? Hörte ich doch von einem Gutsbesitzer in Pennsylvanien, der einen unberufenen Jäger mit ebensowenig Umständen aus seinem Bann fortjagte, wie ich etwa den Benjamin ein Stück Holz in den Kamin legen heiße. Apropos, Benjamin, seht, wie das Thermometer steht! – Wenn nur ein Mann das Recht hat, dies auf einem Grundbesitz von hundert Morgen zu tun, um wieviel mehr muß dies nicht der Fall sein bei dem Besitzer eines Grundes von sechzigtausend? – was sage ich – nein, von hunderttausend, denn so viele sind es mit Einschluß des letzten Ankaufs. Unser Mohegan da mag vielleicht ein Recht haben, weil er ein Eingeborener ist; der alte Knabe tut aber mit seiner Büchse wenig Schaden. Wie wird es in Frankreich gehalten, Monsieur Le Quoi? Laßt Ihr dort auch jedermann über Eure Felder laufen und das Wild wegschießen, so daß wenig oder nichts für die Jagd des Grundbesitzers bleibt?«

      »Eh diable, non, Monsieur Dihk«, versetzte der Franzose, »wir geben en France keine Freiheit, ausgenommen die dames.«

      »Ja, ja, den Damen, ich weiß es«, versetzte Richard, »das ist Euer Salisches Gesetz. Ich lese Bücher aller Art – über Frankreich, England, Griechenland und Rom. An Dukes Stelle würde ich aber gleich morgen Plakate aushängen, welche allen Personen die Jagd auf meinen Gütern oder jede Versündigung an meinen Forsten verböten. In einer Stunde wollte ich ein solches Verbot geschrieben haben; das müßte der Sache auf einmal ein Ende setzen.«

      »Richard«, sagt Major Hartmann kaltblütig, indem er die Asche seiner Pfeife in den zu seiner Seite stehenden Spucknapf ausklopfte, »ich habe nun schon fünfundsiebzig Jahre unter den Mohawks und in den Wäldern gelebt, aber man verkehrt weit leichter mit den Teufeln als mit den Jägern. Sie sind stets mit ihrer Waffe versehen, und eine Büchse gilt ihnen mehr als ein Verbot.«

      »Ist Marmaduke nicht ein Richter?« rief Richard unwillig. »Was nützt es, ein Richter zu sein oder einen Richter zu haben, wenn man sich nicht an Gesetze und Verbote kehrt? Hole der Henker den Kerl! Ich hätte gute Lust, ihn morgen vor Squire Doolittle gerichtlich zu belangen, weil er sich an meinen Grauschimmeln vergriffen! Was schere ich mich um seine Büchse? Ich kann auch schießen und habe oft einen Dollar auf fünfzig Ruten getroffen.«

      »Aber noch weit öfter ihn verfehlt, Dick«, fiel der Richter heiter ein. »Doch wenden wir uns jetzt