Sie erwähnt nicht, wie empört Karl darüber war, daß es auch in diesem Fall zum unerlaubten Einsatz von Gefangenen gekommen war, doch obwohl sie selbst ein eher unsportlicher Typ war, stieg sie gern in das immer frische Wasser, das ein französischer Architekt, der hier sein Ende erwartete, aus dem Festungsbach hierher geleitet hatte. In diesem Winkel währte für sie die verflossene Friedenszeit weiter.
Vorsichtig sagt Christine.
«Nach ihm ist eine Frau dorthin gegangen.»
Erstaunlicherweise erzählt sie der Mutter nichts von den verdächtigen Umständen; das überrascht sie selbst.
«Das konnte nur die Monika sein.»
«Monika?»
«Ich meine, sie ist mit mir die einzige, die es bislang durfte. Jetzt kommst auch du dazu, versteht sich!»
Christine ist die Neugier selbst.
«Und wer ist das?»
«Die Frau von Karlis – von Vaters Stellvertreter Grube.»
«Wie alt ist die?»
«Etwas jünger als ich.»
Christine ist beruhigt. Auf Großmütter ist man nicht eifersüchtig. In diesem Augenblick denkt sie auch nicht daran, daß die andere noch begehrter sein könnte als ihre Mutter. Sie vergißt das ebenso wie den Umstand, daß sie soeben noch Kummer hatte. Sie ist wieder ein Kind, als sie jetzt auf dem Bett herumhüpft, bis Gertrud fast herunterfällt. Aber da kniet Christine schon vor ihr, umarmt ihre Knie und preßt den Kopf in ihren Schoß.
«Mami, liebe Mami, ich bin so froh, daß ich hier bin!»
Gertrud verscheucht alle neuen Zweifel aus ihren Gedanken und freut sich mit dem Kind. Unmittelbar darauf dringt, gedämpft durch das Fenster, eine satte Melodie herein. Ein Walzer. Und eine ganze Kapelle spielt ihn. Auch die Tochter hört es und hebt den Kopf.
«Was ist das ...?»
Gertrud geht ein Licht auf. Lachend seufzt sie.
«Dieser Karli ...! Komm! Mein Gott, du hast ja nichts an ... Zieh dir geschwind was über! Schnell!»
Sogar in diesem Durcheinander greift Christine zielsicher nach einer weißen Bluse und einem weißen Rock, die ihr besonders gut stehen, knöpft beides, schon unterwegs, zu und schlüpft geradezu akrobatisch in die weißen Schuhe, als sie bereits die Treppe hinunterlaufen und über den Gang rennen wie in Berlin bei Bombenalarm. Der Walzer kommt immer näher. In der Küche scheinen sich die Gardinen in seinem Rhythmus zu blähen. Gertrud dreht sich noch schnell zu ihrer Tochter um.
«Bin ich so in Ordnung?»
«Du bist wunderschön, Mami!»
Das weiß Gertrud selbst, als sie aber endlich ans Fenster tritt, ist sie aufgeregt wie ein junges Mädchen.
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