Altersgerecht wohnen
Früher ging man davon aus, dass altersgerecht vor allem behindertengerecht bedeutet und plante Wohnungen, in denen Behinderungen so gut wie möglich berücksichtigt waren: lange und breite Gänge (geeignet für Gehhilfen), Böden ohne Schwellen und Stolperfallen, Fahrstühle und Rampen an den Übergängen. Um gerade den Senioren ein geruhsames, störungsfreies Wohnen unter Gleichen zu ermöglichen, wurden solche Wohnungen oft als ganze Anlagen erbaut.
Aber: Altersgerecht ist nicht gleichzusetzen mit altengerecht, denn nicht in jeder Phase des Lebens ist man „alt“ und nicht jeder „alte“ Mensch ist behindert. Die aktuellen Trends gehen eher dahin, Wohnungen und Siedlungen so zu bauen bzw. zu gestalten, dass sie für Menschen jeden Alters und mit den verschiedensten Einschränkungen, Behinderungen und Bedürfnissen gleichermaßen genutzt werden können. Denn die Anforderungen für seniorengerechtes Wohnen sind auch für andere Gruppen interessant: Wohnungen, die lärmarm, schwellenfrei und bequem sind, die bodengleiche Duschen aufweisen und die mit reduzierten Heiz- und Nebenkosten auskommen, sind sowohl für Senioren wie für Behinderte oder Familien mit kleinen Kindern wichtig.
Barrierefrei nach DIN-Norm
Mittlerweile verwendet man lieber den Begriff barrierefrei. Damit ist gemeint, dass jeder Bürger, unabhängig von seinem Alter oder vorhandenen Handicaps, alles möglichst ohne Hilfe betreten, befahren und benützen kann, was unter diesem Begriff gestaltet und gebaut wurde.(11) Wohnen ist dabei genauso erfasst wie Parken, Zugänge, Müllcontainer, Hauseingangstüren oder Gemeinschaftseinrichtungen. Besonders beim Bau neuer Wohnungen wird zunehmend gefordert, barrierefrei zu planen, damit möglichst viele Bevölkerungsgruppen sie nutzen können.
Um eine allgemein gültige Orientierung zu schaffen, wurden verschiedene Normen geschaffen. Die Normen DIN 18024 und DIN 18025 haben den Zweck, allgemein anerkannte Regeln zu schaffen, auf die bei Planung, Bau und Umbau zurückgegriffen werden kann. Sie regeln die Bedingungen für barrierefreies Wohnen in und um die Wohnung. Derzeit gibt es Pläne, beide DIN-Normen zu einer neuen DIN 18040 zusammenzufassen, die sämtliche Bereiche des barrierefreien Bauens und Wohnens umfassen soll.
3.2 Miteinander leben – Formen Gemeinschaftlichen Wohnens
Im Zusammenhang mit neuen Wohnformen geistern Begriffe durch die Medien, die jeder unterschiedlich versteht und verwendet. Die einen sprechen bereits von Gemeinschaftlichem Wohnen, wenn eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus altersgerecht umgebaut wurde. Die anderen verstehen darunter eine Hausgemeinschaft Gleichaltriger, wieder andere verlangen ein Mehrgenerationenkonzept mit intensivem Gemeinschaftsleben. In diesem Buch wird „Gemeinschaftliches Wohnen“ für all jene Wohnformen verwendet, in denen neben der Möglichkeit zum Zusammenleben von Jung und Alt auch Wert auf gemeinsames Leben gelegt wird.
Auch andere Begriffe werden unterschiedlich verstanden. Daher sei kurz geklärt, wie sie hier verwendet sind:
Alternativ
Bei Alternativem Wohnen denken viele sofort an die Kommunen der 60-er Jahre, in denen allen alles und keinem etwas gehörte, in denen geschlossene Türen verpönt und politische Aktivitäten Pflicht waren. Mit alternativen Wohnformen hingegen sind neue, ungewöhnliche, bisher (noch) nicht etablierte Formen des Wohnens und Zusammenlebens gemeint. Um hier Klarheit zu schaffen, soll im Weiteren Verlauf statt von alternativen eher von neuen Wohnkonzepten und -formen die Rede sein.
Neue gesellschaftliche Bedingungen sowie die sich daraus entwickelnden Bedürfnisse verlangen neue Lösungen und Angebote. Auch zum Thema Wohnen wird viel experimentiert; sehr unterschiedliche Projekte sind bereits entstanden. Sie lassen sich derzeit in drei Zweige teilen: Lösungen in der bekannten Umgebung, Seniorenwohnen im geeigneten Umfeld, sowie Gemeinschaftliches Wohnen mit und ohne Betreuung. Als Alternative zu den bekannten Wohnmöglichkeiten versteht man meistens die letzteren, also Projekte, in denen verschiedene Menschen miteinander wohnen und leben wollen.
Projekt
Unter Projekt versteht man allgemein ein Vorhaben, einen Entwurf von etwas, das noch nicht ausgereift ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass dabei neue Ideen und Lösungen erst gesucht und dann umgesetzt werden, von denen sich manche vielleicht als nicht alltagstauglich erweisen werden. Sie entstehen aus einem Bedürfnis heraus, das bisher nicht befriedigt wurde; entwickeln sich viele davon, weisen sie auf eine neue Strömung in der Gesellschaft hin.
Selbst initiierte Wohnprojekte
Projekt bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass die Menschen, die sich darauf einlassen, noch nicht genau wissen, was sie wollen und wohin der Weg sie führen wird. Da es sich um (noch) nicht generalisierte Lösungen handelt, müssen die Gründer sich so lange besprechen und ihre Ziele aufeinander abstimmen, bis ein tragfähiges Konzept entstanden ist. So sind bereits mehrere, von Zielsetzung und Bedingungen her unterschiedliche Modelle des Wohnens entstanden. Sie werden in der Literatur meist als selbst initiierte oder selbst gegründete und verwaltete Wohnprojekte bezeichnet. Größtmögliche Mitwirkung bei Planung und Umsetzung sind dabei Merkmal und Ziel.
Trägerinitiierte Wohnprojekte
Um die vielen einzelnen, persönlichen Lösungen als Möglichkeit für viele nutzbar zu machen, müssen die Regeln erfolgreich umgesetzter Projekte herausgefunden und generalisiert werden. Das kann eine kleine Gruppe nicht leisten, auch nicht ein Zusammenschluss einzelner Gruppen. Diese Aufgabe geht deshalb an Wohnungswirtschaft, die großen Wohlfahrtsverbände und Politik, die bei Planung, Umsetzung und/oder Finanzierung eine tragende Rolle spielen und daher als Träger beteiligt werden. Aber auch dieser Begriff wird sehr unterschiedlich gebraucht, da das Ausmaß der Beteiligung, ab dem man von Trägerschaft spricht, von jedem anders definiert wird. Daher wird hier eher von Kooperationspartnern gesprochen.
Quartierlösungen
Beziehen sich Lösungen für „Neues Wohnen“ auf ein ganzes Viertel, auch Quartier genannt, werden sie als Quartierlösungen oder Stadtteillösungen bezeichnet. Dabei wird versucht, sowohl dem Bedürfnis nach Beständigkeit und Sicherheit als auch dem nach längst möglicher Eigenständigkeit nachzukommen. Das soll durch umfassende Versorgung, auch für den Fall der schweren Hilfs- und Pflegebedürftigkeit, im bekannten Quartier geschehen, wobei der Schwerpunkt auf den bisher kaum genutzten Ressourcen von Helfern aus der Nachbarschaft liegt.
Mehrgenerationenwohnen
Ein großer Teil derer, die aktiv nach neuen Wohn- und Lebensformen suchen, wünscht sich mehr Kontakt zu anderen Generationen als in den bisherigen Standardwohnformen. Sie gehen bewusst und absichtlich das Risiko ein, sich wegen unterschiedlicher Wünsche und Bedürfnisse auseinandersetzen und einschränken zu müssen. Als Fernziel haben sie eine neue Art von Gemeinsamkeit vor Augen, in der die Schwächen jeder Generationen durch die Stärken einer anderen ausgeglichen werden können. Solche Wohnprojekte werden als generationengemischt oder generationenübergreifend bezeichnet.
Integriertes Wohnen
Integriert nennt man Wohnprojekte dann, wenn sie neben mehreren Generationen auch ganz bewusst verschiedene Bevölkerungsgruppen unter ein Dach bringen wollen. Sie planen neben nachbarschaftlicher Hilfe (bürgerschaftliches Engagement) auch gemeinsame Aktivitäten, die das Miteinander stärken und die Integration aller fördern. Auch Freizeit soll gemeinsam verbracht und Mitbestimmung praktiziert werden. Vom Kleinkind bis zum Hochbetagten, vom Studenten bis zum Rentner, von der Familie bis zum Single, vom Alteingesessenen bis zum Migranten werden alle als eine große dörfliche Gemeinschaft verstanden, die versucht, sich im Alltag so weit wie möglich gegenseitig