Um meinem Ärger die Krone aufzusetzen, schien Perdita, die weltabgewandte Perdita, wie zu neuem Leben erwacht zu sein, als sie mir erzählte, dass der Graf von Windsor bald eintreffen würde.
»Und das freut dich?«, bemerkte ich mürrisch.
»In der Tat, Lionel«, antwortete sie. »Ich freue mich sehr darauf, ihn zu sehen. Er ist der Abkömmling unserer Könige, der oberste Adlige des Landes: jeder bewundert und liebt ihn, und man sagt, dass sein Rang sein geringstes Verdienst ist. Er ist großzügig, wacker und gütig.«
»Du hast eine hübsche Lektion gelernt, Perdita«, sagte ich, »und wiederholst sie so wörtlich, dass du indessen vergisst, welche Beweise wir von den Tugenden des Grafen haben. Seine Großzügigkeit uns gegenüber offenbart sich in der Fülle, die wir besitzen, seine Tapferkeit im Schutz, den er uns gewährt, seine Freundlichkeit darin, wie er von uns Notiz nimmt. Sein Rang ist sein geringstes Verdienst, sagst du? Nun, alle seine Tugenden sind nur von seinem Stand abgeleitet. Weil er reich ist, wird er großzügig genannt, weil er mächtig ist, wacker, weil ihm gut gedient wird, heißt es, er sei gütig. Lass sie ihn so nennen, lass ganz England glauben, er sei so – doch wir kennen ihn – er ist unser Feind – unser geiziger, tückischer, ungerechter Feind. Wenn er auch nur mit einem geringen Teil der Tugenden begabt wäre, die du sein Eigen nennst, würde er uns Gerechtigkeit widerfahren lassen. Sein Vater verletzte meinen Vater – sein Vater, unangreifbar auf seinem Thron, wagte es, ihn zu verachten – ihn, der erst so tief sank, nachdem er sich dazu herabgelassen hatte, mit dem undankbaren König in Verbindung zu treten. Wir, Abkömmlinge des einen und des andern, müssen gleichfalls Feinde sein. Er soll merken, dass ich meine Verletzungen fühlen kann, er soll lernen, meine Rache zu fürchten!«
Ein paar Tage darauf traf er ein. Jeder Bewohner selbst der elendsten Hütte ging aus, um sich zum Volk zu gesellen, das ausströmte, um ihn zu sehen. Selbst Perdita schlich sich, trotz meiner kürzlichen Strafrede, nahe an die Straße heran, um dieses Idol aller Herzen zu sehen. Ich, halb wahnsinnig, nachdem ich etlichen Gruppen Landvolk in ihrem besten Sonntagsstaat, welche die Hügel hinabstiegen, begegnet war, floh zu den wolkenverhangenen Gipfeln und rief aus, indem ich auf die kahlen Felsen um mich her blickte: »Sie rufen nicht, lang lebe der Graf!« Auch als die Nacht anbrach, begleitet von Nieselregen und Kälte, wollte ich nicht nach Hause zurückkehren, denn ich wusste, dass jedes Haus voll des Lobes für Adrian sein würde. Als ich fühlte, wie meine Glieder taub und kalt wurden, diente mein Schmerz als Nahrung für meine wahnsinnige Abneigung; ja, ich triumphierte beinahe darin, weil er mir Grund und Entschuldigung für meinen Hass auf meinen sorglosen Gegner bot. Alles schrieb ich ihm zu, denn ich brachte die Vorstellung von Vater und Sohn so vollständig durcheinander, dass ich vergaß, dass dieser sich unserer Vernachlässigung durch seinen Vater völlig unbewusst sein könnte, und ich rief, indem ich mit der Hand an meinen schmerzenden Kopf schlug: »Er wird davon hören! Ich werde gerächt werden! Ich werde nicht wie ein Hund leiden! Er soll wissen, dass ich, bettelarm und freundlos, wie ich bin, mich nicht zahm der Schmähung beugen werde!«
Jeder Tag und jede Stunde vermehrte und vergrößerte diese eingebildeten Fehler. Die Loblieder, die auf ihn gesungen wurden, waren gleich Natternbissen, die sich tief in meine verletzliche Brust bohrten. Wenn ich ihn aus einiger Entfernung sah, auf einem schönen Pferd reitend, geriet mein Blut vor Wut in Wallung. Die Luft schien von seiner Gegenwart vergiftet zu sein, und meine Muttersprache wurde in einen widerlichen Jargon verwandelt, da jeder Satz, den ich hörte, mit seinem Namen und seinem Lob verbunden war. Ich war darauf versessen, dieses schmerzhafte Herzbrennen durch irgendeine Untat zu lindern, die ihm meine Abneigung beweisen sollte. Es war der Gipfel seiner Beleidigung, dass er mir solche unerträglichen Empfindungen bescheren, und sich gleichzeitig nicht dazu herablassen sollte, auf irgendeine Art zu zeigen, dass er sich überhaupt meiner Existenz bewusst war.
Es wurde bald bekannt, dass Adrian große Freude an seinem Park und dem darin lebenden Wild hatte. Er ging nie zur Jagd, sondern verbrachte Stunden damit, die Herden von schönen und fast zahmen Tieren zu beobachten, mit denen der Park bestückt war, und befahl, dass auf sie mehr Sorge als zuvor angewandt werden sollte. Hier war ein Einfallstor für meine Pläne, ihn zu beleidigen, und ich nutzte es mit allem rohen Ungestüm meiner wilden Lebensweise. Ich schlug meinen wenigen verbliebenen Kameraden, die die entschlossensten und gesetzlosesten der Bande waren, das Unternehmen vor, Wilderei auf seinen Ländereien zu betreiben, aber sie alle schraken vor der Gefahr zurück. Ich musste die Rache also alleine wagen. Zuerst wurden meine Raubzüge nicht bemerkt, so dass ich wagemutiger wurde. Fußabdrücke im taubenetzten Grase, abgebrochene Zweige und Blutspuren erregten endlich die Aufmerksamkeit der Wildhüter. Sie hielten besser Ausschau – ich wurde gefasst und ins Gefängnis geschickt. Ich betrat die düsteren Wände in einem Anfall triumphierender Ekstase: »Jetzt fühlt er mich«, rief ich, »und wird es wieder und wieder tun!« – Ich wurde aber nur für einen Tag in Haft genommen, am Abend wurde ich, wie mir gesagt wurde, auf Geheiß des Grafen selbst, wieder in die Freiheit entlassen. Diese Nachricht schleuderte mich von meinem selbst errichteten Gipfel der Ehre herab. Er verachtet mich, dachte ich, aber er wird noch lernen, dass auch ich ihn verachte, und seine Bestrafungen und seine Milde gleichermaßen. In der zweiten Nacht nach meiner Entlassung wurde ich wieder von den Wildhütern gefangen genommen – wieder eingesperrt und wieder freigelassen, und in der vierten Nacht, so hartnäckig war ich, fand ich mich wieder im verbotenen Park. Die Wildhüter waren wegen meiner Hartnäckigkeit wütender als ihr Herr. Sie hatten Befehl erhalten, mich, wenn ich wieder aufgegriffen werden würde, vor den Grafen zu bringen, und angesichts seiner Milde erwarteten sie ein Urteil, das sie für mein Verbrechen als unpassend ansahen. Einer von ihnen, der von Anfang an der Anführer unter denen gewesen war, die mich ergriffen hatten, entschloss sich, zuerst seinen eigenen Groll zu befriedigen, ehe er mich den höheren Mächten übergab.
Der späte Untergang des Mondes und die äußerste Vorsicht, die ich bei diesem dritten Feldzug wahren musste, kosteten mich so viel Zeit, dass mich ein gewisses Angstgefühl erfasste, als ich den Übergang der dunklen Nacht in die Dämmerung wahrnahm. Ich kroch auf Händen und Knien durch den Farn und suchte mich im Schatten des Unterholzes zu verbergen, während die Vögel über mir mit unwillkommenem Gesang erwachten und der frische Morgenwind, der zwischen den Ästen spielte, mich bei jeder Biegung den Schall von Fußtritten vermuten ließ. Mein Herz schlug rasch, als ich mich der Umzäunung näherte; meine Hand legte sich darauf, ein Sprung nur würde mich auf die andere Seite bringen, als zwei Wächter aus einem Hinterhalt auf mich losgingen. Einer schlug mich nieder und fuhr fort, mich mit der Pferdepeitsche zu schlagen. Ich sprang auf – ein Messer lag in meiner Hand; ich fuhr damit auf seinen erhobenen rechten Arm los und fügte ihm eine tiefe, klaffende Wunde in der Hand zu. Die Wut und die Schreie des verwundeten Mannes, die lauten Verwünschungen seines Kameraden, die ich mit gleicher Bitterkeit und Wut beantwortete, hallten durch das Tal. Der Morgen brach mehr und mehr an und wollte mit seiner himmlischen Schönheit so gar nicht mit unserem brutalen und lautstarken Kampf harmonieren. Ich und mein Gegner kämpften immer noch, als der Verwundete ausrief: »Der Graf!« Ich wand mich keuchend vor Anstrengung aus dem herkulischen Griff des Wächters; dann warf ich wütende Blicke auf meine Verfolger und stellte mich mit meinem Rücken an einen Baum, entschlossen, mich bis zum Letzten zu verteidigen. Meine Kleider waren zerrissen, und sie waren, wie auch meine Hände, mit dem Blut des Mannes, den ich verwundet hatte, befleckt; eine Hand hielt die toten Vögel – meine hart verdiente Beute, die andere das Messer. Meine Haare waren verfilzt, mein Gesicht war mit den gleichen Zeichen der Schuld beschmiert, die auf dem tropfenden Werkzeug, das ich umklammerte, gegen mich sprachen, meine ganze Erscheinung war wild und schmutzig. Mit meiner großen und muskulösen Gestalt musste ich wie das ausgesehen haben, was ich wirklich war: der übelste Rohling, der jemals auf Erden wandelte.
Der Name des Grafen erschreckte mich und ließ all das empörte Blut, das mein Herz erhitzte, in meine Wangen schießen. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen und einen hochmütigen, anmaßenden Jüngling erwartet, der, wenn er sich dazu entschlösse, mich zur Rede stellen, mit der ganzen Arroganz der Überlegenheit zu mir sprechen würde. Ich hatte meine Antwort bereits vorbereitet, einen Vorwurf, von dem ich glaubte, dass er ihn ins Herz treffen würde. Er kam unterdessen heran, und sein Aussehen blies, wie