Das Evangelium nach Lukas. Ambrosius von Mailand. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ambrosius von Mailand
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849659677
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daß sie nicht Unbill verübten, nicht Freibeuterei trieben, indem er ihnen einschärfte, daß eben deshalb der Kriegssold eingeführt sei, daß nicht bei der Beschaffung des Lebensunterhaltes der Freibeuter herumzöge. Doch diese und andere Standeslehren galten den einzelnen im besonderen, die Barmherzigkeit ist eine gemeinnützige Tugend, darum ein gemeinverbindliches Gebot: alle Stände, jedes Alter bedürfen ihrer; von allen muß sie geübt werden. Nicht der Zöllner, nicht der Krieger ist ausgenommen, nicht der Landmann oder der Städter, der Reiche und der Arme; allen wird gemeinsam die Mahnung eingeschärft dem Nichtbesitzenden mitzuteilen. Denn die Barmherzigkeit ist der Inbegriff der Tugenden. Darum ward allen als das vollendete Tugendideal die Forderung vorgesetzt, selbst ihrer Kleider und ihrer Nahrung nicht zu schonen. Doch hat auch die Barmherzigkeit in der jeweiligen Leistungsfähigkeit und Lage des Menschen ihr Maß, so daß einer nicht des ganzen Besitzes sich berauben, sondern nur seine Habe mit dem Armen teilen soll.

       78.

      „Da aber das Volk der Meinung war und in seinem Herzen von Johannes dachte, ob er nicht etwa selbst der Christus sei, so antwortete Johannes und sprach: Ich nun taufe euch mit Wasser in Buße"428. Es sah sonach Johannes das Verborgene des Herzens. Doch laßt uns erwägen, wessen diese Gnade war! Wie den Propheten das Verborgene des Herzens kund wird, das zeigte Paulus mit den Worten: „Das Verborgene seines Herzens wird offenbar und so wird er niederfallend auf sein Angesicht Gott anbeten und verkünden, daß Gott wahrhaft in euch ist"429. Gottes Gabe also ist es: er gibt die Offenbarung; nicht die Leistung des Menschen: dieser verdankt sie mehr der Hilfe des göttlichen Wohltuns als dem natürlichen Sehvermögen. Worauf anders aber geht jenes Meinen der Juden hinaus als auf eine Bestätigung, daß Christus gemäß der Schrift bereits erschienen ist? Denn ihn erwartete man; und er doch, den man erwartete, nicht einer, den man nicht erwartete, erschien. Was aber wäre ungereimter als einen, den man in einem anderen (im Täufer) vermutet, nicht lieber in eigener Person existierend anzunehmen? Sie glaubten wohl, daß er durch eine Vermählte erscheinen werde; daß er durch eine Jungfrau erschienen ist, das glaubten sie nicht. Welche menschliche Geburt nun wäre Gottes würdiger gewesen als jene, wonach der makellose Gottessohn auch bei seiner Menschwerdung die Reinheit makellosen Ursprunges wahrte? Und tatsächlich ward auch in die Geburt der Jungfrau, nicht einer Vermählten das Zeichen für Gottes Ankunft festgesetzt430.

       79.

      „Ich taufe euch mit Wasser". Schnell erbrachte er den Beweis, daß er nicht Christus sei, indem er nur des sichtbaren Amtes walte. Da nämlich der Mensch aus zwei Naturen, d. i. aus Seele und Leib besteht, wird das Sichtbare an ihm durch sichtbare Elemente, das Unsichtbare durch das unsichtbare Sakrament geheiligt: mit Wasser wird der Leib abgewaschen, mit dem Geiste der Seele Sünden gereinigt. Etwas anderes bezweckt unsere Handlung, etwas anderes unsere Anrufung, obschon auch im Taufwasser selbst der Hauch der göttlichen Heiligung weht. Denn das Wasser ist hier nicht bloßes Abwaschungselement; vielmehr läßt sich beides431 nicht voneinander trennen. Darum war auch die Bußtaufe verschieden von der Gnadentaufe: letztere besteht aus beiden Elementen, erstere nur aus einem. Da nämlich die Sünden Geist und Leib gemeinsam sind, mußte auch die Reinigung auf beide gemeinsam sich erstrecken. Und mit gutem Grund gab der heilige Johannes, indem er ihnen sein Wissen um die Gedanken des Herzens merken ließ und ihre Anfeindung seiner (vermeintlichen Messias-) Hoheit, als ob er sie nicht gemerkt hätte, ignorierte, nicht im Wort, sondern in der Tat klar zu verstehen, daß er nicht der Christus sei. Denn des Menschen Werk ist es, über die Sünden Buße zu tun, Gottes Gabe ist es, die Gnade des Sakramentes zu setzen.

       80.

      [Forts. ] * „Es kommt aber der Mächtigere vor mir"*432. Er stellte damit keinen Vergleich an, als wollte er sagen, Christus übertreffe ihn an Größe ― denn zwischen Gottessohn und Mensch war ein Vergleich überhaupt ausgeschlossen ― sondern weil es viele Mächtige gibt (sprach er so). Auch der Teufel ist ein Mächtiger. „Niemand nämlich kann das Hausgerät des Mächtigen rauben, wenn er nicht zuvor den Mächtigen bindet"433. So gibt es denn viele Mächtige, doch „der Mächtigere" ist niemand außer Christus. So wenig stellte er denn auch einen Vergleich an, daß er beifügte: „dem ich nicht wert bin, die Schuhriemen aufzulösen"434 ― ein Hinweis auf die Übertragung des Predigtamtes des Evangeliums an die Apostel, die für das Evangelium beschuht wurden435.

       81.

      Gleichwohl aber scheint er deshalb so zu sprechen, weil Johannes vielfach das jüdische Volk repräsentierte. Hierauf bezieht man darum seine Worte: „Er muß wachsen, ich abnehmen"436. Das Judenvolk nämlich mußte abnehmen, das christliche Volk in Christus wachsen. So vertrat auch Moses das Volk. Doch auch er trug nicht (gleich den Aposteln) des Herrn Schuhe, sondern nur die seiner Füße; und auch dieses (das Volk) war beschuht, vielleicht nicht mit den Schuhen an den eigenen Füßen437. Jener indes erhält den Befehl, die Schuhe an seinen Füßen zu lösen438, damit Herz und Geist, der Fessel leiblicher Bande ledig, den Schritt auf geistigen Pfad lenkten. Die Apostel aber hatten wohl die physischen Schuhe abgelegt, da sie ausgesendet wurden ohne Schuhe, ohne Stab, ohne Tasche, ohne Gürtel439, aber sie trugen nicht ohne weiteres schon des Herrn Schuhe. Vielleicht fingen sie erst nach der Auferstehung an, sie zu tragen; vorher wurden sie ja angewiesen, niemanden die Taten des Herrn zu erzählen440. Erst später erhielten sie den Auftrag: „Gehet hin über den ganzen Erdkreis und prediget das Evangelium!"441 Auf dem Wege der Predigt des Evangeliums fortschreitend sollten sie rings auf dem ganzen Erdkreise die Kunde von des Herrn Taten verbreiten. So bedeutet also der bräutliche Schuh442 die Predigt des Evangeliums. Doch hierüber werden wir uns passender anderswo443 etwas verbreiten.

       82.

      „Dieser wird euch im Heiligen Geiste und Feuer taufen. Er hat die Wurfschaufel in der Hand und wird seine Tenne reinigen. Den Weizen wird er in seine Scheune sammeln, die Spreu aber verbrennen mit unauslöschlichem Feuer"444. „Er hat die Wurfschaufel in der Hand." Das Symbol der Wurfschaufel deutet klar an, daß der Herr das Recht hat, über Verdienst und Mißverdienst zu entscheiden; denn während der Weizen auf der Tenne geworfelt wird, scheiden sich, wie an der Luft gewogen, die vollen Körner von den leeren, die Frucht von der Spreu. So zeigt uns dieser Vergleich, wie der Herr am Tage des Gerichtes die Verdienste und Früchte echter Tugend von der tauben, leichten Spreu eitler Prahlerei und kümmerlicher Werke aussondert, indem er nur die Menschen mit vollkommenerem Tugendverdienste in die himmlische Wohnung aufnehmen wird. Eine vollkommenere Frucht nämlich ist nur die, welche das Verdienst der Gleichförmigkeit mit jenem aufweist, der wie ein Weizenkorn zur Erde fiel445, um tausendfältige Früchte in uns zu bringen; der, ohne Spreu befunden, kein Freund leeren Verdienstes ist. Darum „wird Feuer vor ihm lodern"446, seiner Natur nach kein Straffeuer; denn es wird wohl die Übeltaten der Ungerechtigkeit ausbrennen, den Glanz der Gerechtigkeit aber erhöhen.

      10. Die Taufe Christi. Theophanie, Luk. 3, 21―22

      

       Zweck und Grund der Taufe Christi: Weihe des Taufwassers, Erfüllung des Gesetzes (83). Der Gottessohn allein sollte und konnte die Kirche bauen — nichts läßt sich ohne ihn auch nur beginnen — (84), wie Gott allein die Welt und den Menschen erschaffen hat (85). Die aus der Rippe Adams geschaffene Eva Typus der aus Christi Seite hervorgegangenen (86), fort und fort im Ausbau begriffenen Kirche (87). Deren Zukunftshoffnung die Entrückung zum Himmel (88). Niemand anderer als der Gottessohn ist Gründer der Kirche (89). Der sündelose Heiland als Repräsentant und Vorbild des sündigen Menschen Empfänger der Bußtaufe (90), sein Beispiel das stärkste Motiv für denselben. Aus der Niedrigkeit seines Lebens bricht überall der Strahl des Göttlichen hervor (91). Die trinitarische Theophanie bei der Taufe Christi. Die Taube Symbol des Heiligen Geistes, bezw. der Taufgnade (92). Der Heilige Geist, sichtbar im Symbole, und der unsichtbare Vater in und mit dem menschgewordenen Sohne Gründer der Kirche (93—94). Der Gottessohn, eins mit dem Vater im Sein und Wirken, das Mißfallen