Das Leben ist ein Fußballspiel. Bjorn B. Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bjorn B. Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Werkstatt Fanbuch
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783895336614
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Björn Schmidt

      Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

      Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

      2. Auflage 2009

      Copyright © 2008 Verlag Die Werkstatt GmbH

      Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

      www.werkstatt-verlag.de

      Alle Rechte vorbehalten.

      Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt

      ISBN 978-3-89533-664-1

      Inhalt

       PrologWarum zum Teufel Kaiserslautern?

       I.Fanatikergene?

       II.Annäherung an den Betze

       III.Mein Stadiondebüt 1987

       IV.„Das ist der Betzenberg!“ – Rettung 1988

       V.Leidenschaft fürs Mittelmaß

       VI.Gerry Ehrmann – ein Freund verfällt dem Teufel

       VII.Sommer 1989 – Transfers, Tennis, Tanzversuche

       VIII.Zur Hölle mit dem Roggensack

       IX.Frühlingserwachen mit Faust und Feldkamp

       X.1990/91 – Block 8, Bökelberg und eine Welt, die auf den Kopf fällt

       XI.Barcelona und der Fluch der satten Tage

       XII.Festgefroren in der Spitzengruppe

       XIII.Die Rückkehr der Gedanken

       XIV.Der 18. Mai 1996 und die Frage nach der Schuld

       XV.„Zehnmal nach Meppen!“ – die zweite Liga

       XVI.Alles, was passieren kann, kann passieren – oder: „Mir senn Meischder!“

       XVII.Millennium ohne Nachspielzeit

       XVIII.Sitzplätze

       XIX.Zurück in der Westkurve – Kämpfen und Siegen!

       XX.Fritz Walters Erbe

       EpilogDer Ball rollt weiter

       Über den Autor

       Zum Weiterlesen

      Prolog

      Warum zum Teufel Kaiserslautern?

      Manche Leute, die mich kennen, meinen, Fußball passe nicht zu mir. Mir ist nicht klar, ob diese Fehleinschätzung eher darin begründet ist, dass diese Leute die dunklen Seiten meiner unerhört feinsinnigen und schöngeistigen Persönlichkeit nicht wahrnehmen wollen, oder ob sie einfach nur keine Ahnung von Fußball haben.

      Ich meine nicht unbedingt von Fußball als Sport, denn der Sport, der sich Fußball nennt, und die Philosophie, die Religion, der Mythos – das sind nicht unbedingt Dinge, die viel miteinander zu tun haben, wenngleich sie einander nicht zwangsläufig ausschließen. Wer beispielsweise den Fernseher einschaltet, um ein gutes Spiel zu sehen oder aus ähnlich zweifelhaften Gründen sogar ins Stadion pilgert und 40 Euro für seinen Sitzplatz hinlegt, nur um das Aufeinanderprallen zweier taktischer Systeme zu analysieren, dem kann man durchaus ein aufrichtiges Interesse am Fußballsport unterstellen. Aber ob er nur einen Funken an echtem Verständnis für die Wucht der emotionalen Wogen, für die Schwingungen des Schicksals aufbringt, die damit einhergehen? Manch einem dieser Fußballfachleute bleibt das Wesen des Spiels für immer verborgen, was hier ohne Mitleid zu konstatieren ist, denn es muss nicht unbedingt von Vorteil sein, sich dem Wesen einer Sache von Angesicht zu Angesicht zu nähern.

      Die Menschen jedenfalls, die den „groben“ Fußball nicht mit meinem „filigranen“ Wesen zusammenbringen möchten, gehören wohl weniger zu diesen sportinteressierten Systemanalytikern als vielmehr zu den Menschen, die in Quizshows mit einem Hauch von bildungsbürgerlichem Stolz in der Stimme zugeben, dass sie vor der Fußballfrage am meisten Angst hätten. Sie halten mich, sofern ich mir Mühe gegeben habe, in der Regel für einfühlsam und sensibel und den Fußball für das Opium derjenigen sozialen Schicht, die weder die Rechtschreibung beherrscht noch arbeitet noch in ganzen Sätzen kommuniziert. Dass der Fußball in den letzten Jahren gesellschaftsfähig geworden ist – man mag es mit einer allgemeinen Dekadenz abtun –, hat dazu geführt, dass auch solche Exemplare sich mal in ein Stadion verirren, aber nur selten an diejenigen Stellen in der Arena, in denen man der Wahrheit am nächsten kommt, in die Fankurven nämlich.

      Bevor es hier zu soziologisch wird, sollte ich mit der Wahrheit herausrücken: Ich bin, seit ich denken kann, für Kaiserslautern! Dieses Outing mag nicht nur die Intellektuellen irritieren, es macht einem auch in Fußballerkreisen nicht unbedingt Freunde. Interessanterweise gelten nämlich gerade die FCK-Fans als ausgesprochen dumm. Erklären könnte man dies entweder mit der Theorie, dass die Anhänger der Roten Teufel wirklich dümmer sind als die von Mönchengladbach, Dortmund oder Bayern München. Oder aber die Meinung resultiert aus dem verbreiteten Muster, dass Menschen ihr Selbstbewusstsein häufig aus der Anzahl der Mitmenschen beziehen, die mit ihnen dieselbe Stadt bevölkern – Kaiserslautern hat davon relativ wenig, und um Kaiserslautern herum wächst der Pfälzerwald. Dass der von Wald- und Weinbauern abstammende „Provinzpöbel“ in seinem stumpfsinnigen, von Dorfkneipe und Ackerfurche geprägten Alltag nichts anderes im Sinn haben könne als pausenlos über „Betze“ und „Westkurve“ zu debattieren (wenn er nicht gerade abgelenkt ist, weil er Fußball schaut oder sich kurzfristig seinen inzestuösen Neigungen hingibt), liegt für die Anhänger der Großstadtklubs auf der Hand. Es nährt in ihnen das wohltuende Bewusstsein, dass es anderswo andere gibt, deren ödes Leben noch weniger wert sein muss als das eigene.

      Warum also gerade Kaiserslautern? Wäre ich in der Lage, darauf eine ernstzunehmende Antwort zu geben, wäre ich kein Fußballfan. Freilich könnte ich vorbringen, dass meine Mutter aus einem Vorort von Kaiserslautern stammt, dass ich also den Betzenberg mit der Muttermilch aufgesogen hätte. Aber erstens wurde ich, sofern ich den Berichten glauben darf, nicht gestillt, und zweitens ließ sich meine Mutter zu keiner Sekunde ihres Lebens auch nur das geringste Interesse an Fußball anmerken. Bestenfalls hat