Es war bemerkenswert: Jeder der anwesenden Osterhasen hatte auch dieses Jahr seine eigenen Ostereier für die Versteckaktionen in den Waldgebieten, auf den Privatgeländen und in den Wohnungen der Bürger mitgebracht. Sie sollten dieses Jahr eher unbefangen die Ostereier suchen, ihre … wichtigen, bunten, tollen!
Aus vollem Herzen riefen nun viele von den Versammelten: „Hurra, die Osterhasen sind da!“ Und alle applaudierten. Jetzt war auch für dieses Jahr der Anfang gemacht!
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Menschen können den Osterhasen eigentlich nicht gut helfen.
Aber brauchen sie überhaupt von irgendwem Hilfe?
Die Lebens-Aufgabenstellung, die sie haben, ist unzweifelhaft klar: Ostereier verstecken, damit sie von Menschen gesucht und gefunden werden. Sobald die Osterhasen auf ihrer jährlichen Versammlung auf diese Aufgabenstellung eingestimmt worden sind, dann geht es auch schon los. Sie sind voller Vorfreude – schwärmen in alle Himmelsrichtungen aus. Die Begeisterung ist groß! In ihren Gesichtern steht sie geschrieben.
Zu dieser Lebens-Aufgabenstellung: Alle bekannten und pflichtbewussten Osterhasen sind bestrebt, jeder für sich in einer großen Eigenverantwortung, die Ostereier so gut zu verstecken, dass sie die Menschen, insbesondere die Kinder in den Familien, finden können, jedoch nicht finden müssen! Das ist tatsächlich nicht so ganz einfach. Manch Kind hat damit so seine Probleme. Es ist dafür meist viel Ausdauer erforderlich. Für die Kinder ist die Suche nach den Ostereiern immer wieder eine Herausforderung, wenn auch eine freudvolle Herausforderung.
Also die Osterhasen schwärmen aus, verstecken ihre Eier, und dann können sie zügig zum nächsten Haus weiterziehen. Erstaunlich ist, dass dies von den Menschen kaum beachtet wird – es geschieht im Zwischenraum von Aufmerksamkeit und Nicht-Aufmerksamkeit. Wie sonst könnte das Verstecken der Ostereier möglich sein?
Würden die Menschen die wahrhaft aktiven Osterhasen nicht einfach … nun ja: fangen und einsperren!? Das wäre zumindest zu befürchten. Sie schlachten und verspeisen gerne Tiere.
Deshalb hat einer, den wir von da oben kennen, dafür Sorge getragen, dass die Osterhasen sind wie sie sind. Wir nennen ihn Gott, aber nur ein Teil der Menschheit anerkennt ihn als Wesen, welches über allen Menschen und Tieren ist – und auf sie gestaltend Einfluss nehmen kann, wenn er es will.
Das alles hat Tradition in vielen Gesellschaften auf der Erde. Die Familien nehmen sie, besonders in Europa, sehr ernst. Dieser festen, schönen Tradition wird seit vielen Jahrzehnten gefolgt. Auch und gerade die Deutschen reichen sie von Generation zu Generation weiter, als gäbe es im Frühling eines jeden Jahres gar nichts Wichtigeres und Schöneres als so ein Ostereier-Suchen. Und diese Feiertage, an denen arbeitsfrei ist! Welcher Bürger hat nicht gerne auch mal frei? Die Stimmung ist dann irgendwo zwischen feierlich und fröhlich.
Die Osterhasen brauchen von niemandem Hilfe, außer von dem, der sie geschaffen hat …
Alle freuen sich auf das Osterfest!
Kay Ganahl: Jahrgang 1963 mit dem Lebensmittelpunkt Solingen/NRW, von Beruf Diplom-Sozialwissenschaftler und Schriftsteller, begann in jungen Jahren, sich mit Literatur, Politik und Philosophie auseinanderzusetzen, so dass es selbstverständlich war, diese Interessen mit dem Studium der Sozialwissenschaften an den Universitäten-Gesamthochschulen Wuppertal und Duisburg weiter zu verfolgen. Dort studierte er in der Studienrichtung Politische Wissenschaft schwerpunktmäßig politische Theorie und Philosophie, Ideengeschichte sowie Sozialphilosophie (Nebenfächer Soziale Arbeit/Erziehung und Psychologie).
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Zwei Osterhasen
Was ist das denn für ein Hase,
der da spricht solch’ ein Gefasel?!
Eier hat er keine an Bord,
hält dafür einen Sprechrekord.
Quatscht mit seinen langen Ohren,
obwohl der Has’ hat geschworen,
dass er Ostereier versteckt,
bis Suchende sie hab’n entdeckt.
Nun ist es anders gekommen,
der Has’ selbst hat sie genommen,
einige auch privat verschenkt,
was sich dieser Hase wohl denkt?!
Jetzt hoppelt er mit leerem Korb,
entschuldigt sich an jedem Ort.
Doch ein Kakaoproduzent
auf die Schnelle noch jemand’ kennt.
Ein andrer Has’, das ist der Clou,
springt ein als Osterhas’ im Nu,
besitzt ein Schokoeidepot,
und macht daraus jetzt alle froh.
Nun gibt es Ostern doch noch ’was,
jene, die woll’n, finden’s im Gras,
oder es liegt an einem Baum,
hängt vor dem Haus am Gartenzaun.
So fortan zwei Osterhasen
die Ostereier austragen.
Auch wenn der eine mal nicht kann,
vertritt der andre ihn sodann.
Aber eines ist sonnenklar,
das war kein gutes Eierjahr!
Nur weil der eine half geschwind,
freuen die Leut’ sich wie ein Kind.
Maren Rehder schloss ein Studium der Fächer Kunst, Kunstgeschichte, Evangelische Theologie, Pädagogik und Soziologie ab. Schon als Kind wurde sie wegen ihrer Ideen besonders geschätzt – mit dem Schreiben begann sie erst im Erwachsenenalter. Neben Kurzgeschichten und anderen Texten widmet sie sich der Lyrik, speziell der Naturpoetik. Im Rahmen naturkundlicher Lehrwanderungen trägt sie eigene Gedichte im Alten Botanischen Garten Kiel vor.
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Wie groß ist unsere Welt?
„Papi?“, fragte Sammy, nachdem die Hasenmutter eine Schüssel mit saftig grünen Salatblättern auf den Tisch gestellt hatte. „Wie groß ist eigentlich unsere Welt?“
Der Hasenvater verschluckte sich an einem Salatblatt und hustete, bis ihm die Tränen aus den Augen liefen. Er trank einen Becher Wasser, atmete mehrmals tief durch und räusperte sich. „Wie kommst du denn auf diese Frage?“
„Wir hatten gestern Erdkunde in der Schule“, antwortete Sammy, „und unser Lehrer Alfons meinte, dass die Welt riesengroß sei. Stimmt das?“
„Na ja“, antwortete der Hasenvater und rieb sich die Nase, was er immer tat, wenn er nicht genau wusste, was er sagen sollte. „Die Wiese gehört dazu, der ganze Wald und dahinter geht die Welt noch ein Stückchen weiter.“
„Das ist alles?“
„Dein Vater wollte sagen, dass er nicht genau weiß, wie groß die Welt ist“, mischte sich die Hasenmutter ein. „Hasen haben ein bestimmtes Revier und leben dort. Viel mehr bekommen sie von der Welt nicht zu sehen.“
„Ach so“, entgegnete Sammy. „Ich möchte trotzdem die ganze Welt kennenlernen!“
„Nun ist aber Schluss mit dem Unsinn!“, rief der Hasenvater ärgerlich und schlug mit der Pfote auf den Tisch. „Du kannst mir morgen bei der Ernte helfen. Da besteht die Welt aus einem Löwenzahnfeld mit vielen jungen Blättern. Das ist eine sinnvolle Tätigkeit, die uns allen zu einem vollen Magen