Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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sah ihren Mann fragend an.

      »Was ist mit Sophie Petzold?« Sie setzte sich neben ihn an den Tresen.

      Bevor er antwortete, nahm er ihr das Glas Wein aus der Hand und trank einen Schluck.

      »Stell dir vor: Sie wollte einer Morbus-Crohn-Patientin eine Behandlungsmethode empfehlen, die bei uns in Deutschland noch gar nicht etabliert ist.«

      »Aber wenn sie hilft …«, wandte Dési ein.

      »Trotzdem darf sie keine Hoffnungen schüren«, unterbrach Daniel seine Tochter. Ungeduldig warf er das Messer auf den Tisch. »Diese Zwiebeln machen mich noch wahnsinnig.«

      »Dann gib schon her!«, verlangte Janni und nahm seinem Vater das Schneidebrett ab.

      »Und was ist mit den Kartoffeln?«, fragte Fee kritisch.

      »Längst fertig.« Jan deutete auf den Teller mit hauchfein geschnittenen Kartoffelscheiben, der auf der Arbeitsplatte stand.

      Fee rutschte vom Hocker und ging hinüber.

      »Unser Sohn!« Sie nahm eine Scheibe heraus und hielt sie gegen das Licht. »Der wird es noch einmal weit bringen.«

      »Er ist generalistisch gebildet und lösungsorientiert«, dachte Daniel laut nach. »Er sollte Unternehmensberater werden und uns alle reich machen.«

      »Und was würdest du mit so viel Geld anstellen?«, stellte Dési eine berechtigte Frage. Nachdem sie mit ihren Kartoffeln fertig war, hatte sie damit begonnen, die restlichen Scheiben abwechselnd mit den Zwiebeln in die Form zu schichten. »In Frührente gehen?« Ungläubig schüttelte sie den Kopf. »Ohne deine Arbeit wärst du doch gar nicht glücklich.«

      Daniel betrachtete seine Tochter aus schmalen Augen.

      »Meinst du wirklich?«, fragte er scherzhaft.

      Fee lachte.

      »Wo sie recht hat, hat sie recht«, stimmte sie ihrer Jüngsten belustigt zu und drückte ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange.

      *

      Sophie Petzold saß noch im Aufenthaltsraum der Ärzte am Computer und recherchierte. Ihre Augen brannten vor Müdigkeit. Doch sie wollte nicht eher aufgeben, bis sie alles herausgefunden hatte, was es über die neue Methode zu wissen gab.

      »Die Abreibung, die mir dieser Norden verpasst hat, wird ihm noch leid tun«, murmelte sie vor sich hin, als sie ein Piepen, gefolgt von hektischen Schritten hörte. Trotz der späten Stunde war plötzlich Leben auf der Abteilung. Kurzentschlossen stand Sophie auf, um herauszufinden, was der Grund dafür war.

      »Akuter Morbus-Crohn-Schub!«, rief Schwester Anila ihr schon von Weitem zu.

      Sophie wusste sofort, wer damit gemeint war, und machte sich im Laufschritt auf den Weg. Die junge Frau krümmte sich im Bett.

      »Wir erhöhen die Schmerzmittel, schnell!«, traf die Assistenzärztin eine Entscheidung. »Und dann verlegen wir sie auf die Intensivstation.«

      Sie kontrollierte sämtliche Werte, bis Anila ihre Arbeit getan hatte. Dann löste sie die Bremsen am Bett und machte sich höchstpersönlich mit ihrer Patientin auf den Weg zur ITS. Dort angekommen wollte ein Kollege übernehmen. Doch Sophie Petzold bestand darauf, sich selbst um die Patientin zu kümmern. Sie schloss Bettina an die Überwachungsgeräte an und verabreichte ihr die notwendigen Medikamente. Dann setzte sie sich an ihr Bett. Die Wirkung der starken Mittel ließ nicht lange auf sich warten. Bettina Lückes Schmerzen ließen nach, sie fiel in einen erschöpften Schlaf, über den Sophie Petzold wachte.

      Sie musste selbst eingenickt sein, denn sie zuckte hoch, als sie eine Stimme hörte. Matt und leise, aber immerhin.

      »Sophie … Du bist ja noch hier«, krächzte Bettina.

      Sofort war die Assistenzärztin auf den Beinen. Sie warf einen Blick auf die Geräte, maß Fieber und Blutdruck und fühlte Bettinas Puls.

      »Keine Angst. Die Medikamente haben gut angeschlagen. Die Entzündung geht offenbar zurück.«

      Bettina lächelte fein.

      »Immerhin lebe ich noch.« Das Sprechen fiel ihr schwer. »Ein Glück, dass Ralf schon weg war. Der hätte sich fürchterlich aufgeregt.«

      »Das wird er so auch tun. Immerhin liegst du jetzt auf der Intensivstation.«

      Bettina nickte und starrte blicklos auf die Bettdecke.

      »Ich hatte schon länger den Verdacht, dass ich diese komische Krankheit habe«, gestand sie leise.

      Sophie, die im Augenblick nichts mehr für ihre Patientin tun konnte, setzte sich auf die Bettkante.

      »Und warum bist du nicht zum Arzt gegangen?«

      »Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Das, was ich im Internet über Morbus Crohn gefunden habe, war alles andere als lustig.« Sie schluckte. »Glaubst du, dass ich je wieder reiten kann?«

      Wieder musste Sophie an die Standpauke des Klinikchefs denken. Durfte sie Bettina wirklich keine Hoffnung machen?

      »Ich glaube, dass der Wille Berge versetzen kann«, entschied sie sich für einen goldenen Mittelweg.

      Bettina musterte Sophie nachdenklich.

      »Was … Was war das vorhin für eine Therapie, die du erwähnt hast?«

      Die Assistenzärztin biss sich auf die Lippe. Sie sah sich um, ob sie einen Zuhörer hatte. Doch das Zimmer war leer, und auch auf den Gängen der Intensivstation herrschte um diese Uhrzeit fast gespenstische Stille.

      »Einer meiner Professoren an der Uni hat lange Zeit in den USA gearbeitet«, erwiderte sie endlich zögernd. »Daher stammt diese Methode. Aber du hast es ja selbst gehört. Dr. Norden will zunächst die üblichen Behandlungen ausprobieren, bevor er neue Wege gehen will.«

      Zitternd suchte Bettinas Hand die der jungen Ärztin.

      »Und was, wenn ich diese neue Methode ausprobieren will?«

      Sophie Petzold erschrak. Damit hatte sie nicht gerechnet.

      »Dann müsste ich die Kollegen davon überzeugen.«

      »Würdest du das für mich tun?«

      Sophie antwortete nicht sofort. Wenn sie zustimmte, setzte sie ihre Stelle aufs Spiel. Falls es ihr aber gelang, die Kollegen und allen voran Daniel Norden zu überzeugen, war das ihre große Chance.

      »Also gut. Ich versuche es. Aber ich kann dir nichts versprechen.« Sie drückte Bettinas Hand und stand auf. Zeit, nach Hause zu gehen.

      »Danke!«, hörte sie Bettina noch leise sagen. Doch da hatte sie das Zimmer schon verlassen.

      Früh am Morgen war der Himmel noch voller Wolken gewesen. Doch nach und nach gewann die Sonne an Kraft und riss immer mehr Löcher in die graue Decke. Ein besonders vorwitziger Sonnenstrahl fiel auf Elias Bett, der geduldig darauf wartete, dass seine Mutter die Taschen fertig gepackt hatte. Um sich die Zeit zu vertreiben, blätterte er in seinem Buch.

      »Eine wunderschönen guten Morgen«, begrüßte Felicitas Norden den kleinen Patienten. Tags zuvor hatte sie keine Zeit gefunden, den Neuankömmling zu besuchen.

      Annabelle hielt in ihrer Arbeit inne. Ein T-Shirt in der Hand, richtete sie sich auf und sah sie an. Fee bemerkte das Misstrauen in diesem Blick.

      »Mein Name ist Dr. Felicitas Norden. Ich bin die Chefin der Pädiatrie«, stellte sie sich vor. »Ich weiß, dass Sie gestern zu uns gekommen sind, um Elias’ Spitzfuß operieren zu lassen. Merkwürdigerweise habe ich in den Unterlagen keinen Untersuchungsbericht gefunden.« Wie zum Beweis schlug sie Elias’ Akte auf, die sie mitgebracht hatte. Bis auf die Aufnahmeformulare war sie leer.

      »Die Untersuchung hat nicht stattgefunden. Und es wird keine Operation geben.« Die Enttäuschung stand Annabelle ins Gesicht geschrieben. Sie beugte sich wieder über die Tasche und legte das T-Shirt zu den anderen Kleidern. »Wir wurden gebeten, ein anderes Krankenhaus aufzusuchen.«