Da stand ich, die Augen tränten und die Nase lief, was das Zeug hielt.
Mein Vater hatte mich noch nicht gesehen oder wollte mich nicht sehen. Dafür sprach ein anderer Mann neben ihm am Tisch:
Helm, dein Junger ist da, er will dich holen.
Guck mal, hat der keine schönen blauen Augen? Ganz der Vater, sagte noch einer.
Und die Augen tränten, und die Nase lief.
Hast wieder dein Sonntagshäs angezogen, bemerkte ein dritter.
Komm, hock dich hin und trink mit uns ein Glas, sagte wieder der erste.
Dackel, dachte ich; die Dackel.
Babba, du sollst heimkommen, hat die Mamma gesagt, brachte ich schließlich heraus.
Aber aus einem neuen Glas, mischte sich ein vierter dazwischen.
Babba, du sollst heimkommen, hat die Mamma gsagt, wiederholte ich.
Ich hatte bis jetzt noch nicht mal den Fuß bewegt.
Ja, ja; jetzt hock dich erst mal her. Willst eine Brezel? Da im Gräddle hats, sagte mein Vater.
Ich will keine Brezel, sagte ich.
Du willst eine, sagte mein Vater.
Und er will auch ein Glas Bier; Adler-Wirt, schenk ein, das war ein anderer, wer, das sah ich jetzt schon nicht mehr: ich zog die Nase hoch, wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht und zog die Nase hoch. Die Männer lachten ununterbrochen.
Da komm her, hörte ich wieder jemand sagen: das ist dein Bier. Sauf!
Im gleichen Augenblick wurde mir ein Stuhl unter den Hintern geschoben.
Ich griff zu dem Glas, trank einen Schluck und spuckte sofort alles auf den Holzboden.
Iß und trink nur, Karl, daß du äbbes wirst, schrie es.
Babba, du sollst heimkommen, hat die Mamma gsagt.
Mir wurde schwindlig; ich mußte raus, wenigstens mußte ich aufstehen und mich bewegen.
Ich rannte zur Tür und wartete in dem engen Vorraum, der die Wirtschaft von draußen trennte. Endlich kam mein Vater herausgeschwankt und nahm mich an der Hand; aber es war dann auf der Straße nicht ganz klar, wer wen führte. Bald machte ich mich von ihm los und sprang voraus. Ich kam aber dann doch noch später heim als mein Vater, der aber auch wieder an einem Hauseck hängengeblieben war, wie ich dem immer noch andauernden Donnerwetter meiner Mutter entnahm.
Dr Hoogamoo
Immer wenn ich zum Bach oder zum Kanal kam, stellte ich mir den Hakenmann vor, wie er unterm Wasser lag und plötzlich, wenn wir uns nicht umschauten, den Haken aus dem Wasser streckte, schließlich dann selber folgte und ein Kind hereinzog. Der Zigeunerbub hätte also gar nicht auf den Baum krebsein dürfen, von dem er dann herunterflog, denn er hätte doch wissen müssen, daß unten dr Hoogamoo lauerte. Oder hatten ihn seine Eltern nicht so eindringlich davor gewarnt? War das bei Zigeunern nicht üblich? Vielleicht.
Sie hatten auch andere Haare als wir – pechschwarz; sie hatten eine andere Haut – so rötlich-braun; alle, Buben und Mädchen. Und die Mutter natürlich. Auch der Vater. Wenn man ihn zu Gesicht bekam.
In dem Kanal waren auch andere Sachen drin – Fische zum Beispiel! Manchmal wurde das Wasser oben an der Mühle abgleitet in den Bach, dann war der Kanal fast leer, und man konnte drin zu Fuß gehen, und in den paar Vertiefungen des Kanalbeckens schwammen dann die Fische: Forellen, die man mit der bloßen Hand fangen konnte.
Freilich nicht ich; ich schaute nur zu, wie andere Kinder die Fische fingen. Dann machten sie an Ort und Stelle ein Feuer und brieten die Fische; wenn ich lange genug dastand, warfen sie mir eine Gräte hin wie einem Hund, und ich nagte weiter daran herum.
Ja, und wo war nun der Hakenmann, wenn das Wasser nicht da war? Er war mit dem Wasser weg und kam mit ihm wieder, so hieß es, und das mußte wahr sein, denn ein Bub, der es probieren wollte, wurde einfach weggerissen, als das Wasser im Kanal wieder stieg; unten am Rechen hat man ihn dann gefunden. Tot. Ertrunken. Ja, ich glaubte an den Hakenmann, und wohl auch die Frauen von den Backhäusern, die ihre Hudelwische, ihre Besen, mit denen sie die Backöfen ausfegten, im Wasser abkühlten. Sie brachten dem Hakenmann etwas Wärme in sein Bett und den Duft von Brot und Flammkuchen.
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