Die Tage vergingen und die Projekte schritten zügig voran. Einen Tag vor Heiligabend war es so weit. In Elviras geschnitztem Eishaus stellten die Elfen ihre Ergebnisse vor. Neben Kasimirs großem Lebkuchen und Leopolds Marmeladenglas waren allerlei Dekorationen und Naschwerk verschiedenster Art drapiert.
„Das sieht aber lecker aus“, sagte Nepomuk, während er mit seinem Finger in der Marmelade rührte und ihn genüsslich abschleckte. Doch plötzlich verzog Nepomuk das Gesicht und begann zu husten und zu prusten. „Leopold, das schmeckt fürchterlich! Du hast unreife Beeren benutzt!“
Beschämt sah Leopold zu Boden und murmelte: „Ich wollte doch so viel Marmelade machen, dass der Weihnachtsmann ganz lange davon naschen kann. Dafür habe ich einfach nicht genug reife Beeren gefunden.“
Da fiel ihm Kasimir mit stolzer Stimme ins Wort: „Das ist doch kein Problem. Mein Lebkuchen reicht für Jahre.“
Vorsichtig schnitt Nepomuk eine Ecke des sternförmigen Lebkuchens an und rief: „Kasimir! Der Lebkuchen ist innen noch flüssig und außen ganz hart. Das können wir dem Weihnachtsmann nicht anbieten!“ Auch Kasimir blickte nun beschämt zu Boden, während einige der anderen Elfen schmunzelten.
Da tropfte auf einmal ein kleiner runder Wassertropfen genau auf Nepomuks Fuß. Doch es war kein Regen, der dort auf seinen Fuß purzelte, sondern geschmolzenes Eis. Schnell liefen die Elfen aus der kleinen Hütte. Kurz nachdem der letzte Elf entkommen war, brach Elviras Werk zusammen und begrub die Dekorationen und Leckereien unter sich. Enttäuscht schniefte Nepomuk: „Elvira, du hast leicht schmelzendes Eis benutzt. Alles ist zerstört. Jetzt werden wir dem Weihnachtsmann nie eine schöne Feier bereiten können.“ Traurig lief Nepomuk davon und ließ sich gerade noch in Sichtweite der anderen Elfen in den Schnee fallen. Während er zusammengekauert mit einem Zweig im weißen Frost herumstocherte, verschwanden Kasimir, Elvira, Leopold und all die anderen kleinen Helferlein in der Backstube.
Stunden vergingen, ohne dass Nepomuk ihr Verschwinden bemerkte. Zu sehr war er in seine Gedanken versunken. „Nepomuk, schau mal“, hörte er plötzlich Kasimirs vertraute Stimme rufen. Er traute seinen Augen nicht. Auf seinen Händen trug er eine riesige Torte. Auf der Spitze thronten kleine Figürchen aus Eis vom Weihnachtsmann und seinen Rentieren. Rings herum blickten die Figuren von jedem noch so kleinen Elfen magisch in die Höhe. Hellrote Beeren schlängelten sich um das Eis herum. Alle Elfen hatten zusammengearbeitet und mit ihren jeweiligen Talenten zu einem schönen Geschenk beigetragen, was sie gemeinsam dem Weihnachtsmann übergeben könnten. Gerührt purzelten ein paar kühle Tränen Nepomuks Gesicht herunter. Wortlos reichte Kasimir Nepomuk eine kleine Eisskulptur von ihm und Nepomuk wusste genau, was er zu tun hatte. Liebevoll und vorsichtig stellte er sie zu den anderen. Nun konnte Weihnachten kommen.
Und so begab es sich, dass es das schönste Weihnachten des Weihnachtsmanns werden sollte, als er unter dem Applaus der Elfen zum Ausliefern der Geschenke abhob und bei seiner Rückkehr strahlend das leckere Gebäck entgegennahm. Noch als Nepomuk im Bett lag und über den Tag nachdachte, hallten die Worte des Weihnachtsmanns in seinem Kopf: „Ich bin stolz, dass meine Elfen ein solch gutes Team sind.“
Mathis Ludwig wurde im Jahr 2000 geboren und lebt im Süden von Niedersachsen, wo er Physik studiert. In seiner Freizeit schreibt er gerne Kurzgeschichten.
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Ella, die kleine Weihnachtsmaus
Es war einmal ein junges Mäusemädchen, das auf den Namen Ella hörte. Die kleine Ella wohnte gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem großen Bruder Fred in einem Mauseloch, das sich in der Wand eines schicken Einfamilienhauses befand. Da Ella ein ausgesprochen neugieriges Mäuschen war, interessierte sie sich sehr für ihre menschlichen Mitbewohner. Aus diesem Grund ging sie auch – anders als ihre Eltern und ihr Bruder – nicht bloß nach draußen, um nach Essensresten zu suchen, sondern auch, um die Menschen und ihre Gewohnheiten näher kennenzulernen.
Eines Abends schlich sich die neugierige Ella wieder aus ihrem Mäuseloch, um die Menschenfamilie zu beobachten. Sie fand diese kleinen Ausflüge durchs Haus immer sehr spannend, da sie nie wusste, was diese rätselhaften Menschen diesmal anstellen würden. „Unser Mäuseleben ist sehr simpel“, dachte sie sich. „Unser Tag besteht aus Essen, Schlafen und sich vor Gefahren verstecken. Doch diese Menschen machen oft wirklich komische Dinge, die einfach keinen Sinn ergeben.“ Diese Dinge, die Ella manchmal beobachtete, brachten sie oft ins Grübeln.
Auch heute war wieder so ein Tag, an dem die menschlichen Bewohner verrücktzuspielen schienen. Nachdem Ella quer durch alle Zimmer gehuscht war, um sich im Wohnzimmer unter dem kleinen Couchtisch zu verstecken, beobachtete sie ein seltsames Geschehen. Der Vater der Menschenfamilie stellte einen riesigen Tannenbaum mitten im Wohnzimmer auf. Ella konnte es nicht fassen. Und nicht nur das: Nachdem der Baum aufgestellt war, kamen die Mutter und die fünfjährige Tochter Anna dazu, um den Baum mit Kugeln, Lametta und allerlei Süßigkeiten zu schmücken. Die kleine Maus war neugieriger denn je! Sie kroch unter dem Tisch hervor, um sich den großen Baum näher anzusehen.
„Ah! Hilfe! Eine Maus!“, rief die Mutter plötzlich, als sie das kleine Nagetier entdeckte.
Ella rannte, so schnell sie konnte, zurück in ihr Mauseloch. Sie wusste, dass sie ihre Familie in große Schwierigkeiten gebracht hatte. Schließlich konnten die Menschen jederzeit einen Kammerjäger holen oder Mäusefallen aufstellen. Ella hatte keine andere Wahl und musste ihrer Familie den heimlichen Ausflug beichten.
„Junge Dame! Deine Neugier bringt uns noch ins Verderben! Halte dich in Zukunft von den Menschen fern!“, befahl Ellas Mutter, als sie davon erfuhr.
„Aber Mama, ich wollte doch bloß wissen, was für komische Dinge die Menschen machen“, sprach Ella und senkte dabei ihr Köpfchen.
Die Mutter erklärte: „Die Menschen feiern gerade Weihnachten. Man nennt es auch das Fest der Liebe. Wir Mäuse sind bei diesem Fest unerwünscht.“
Ella konnte es nicht verstehen. „Wenn es das Fest der Liebe ist, warum sind wir dann nicht eingeladen?“, fragte sie.
„Weil es eben so ist! Nun hör auf, dir darüber den Kopf zu zerbrechen. Hilf mir lieber bei der Hausarbeit!“
Ella und ihr Bruder waren gerade dabei, den Boden der kleinen Mäusewohnung zu schrubben, da flüsterte Fred ihr plötzlich ins Ohr: „Ich denke, dass ich weiß, wie du die Menschen auf deine Seite ziehen kannst.“
Ella wurde hellhörig. „Und wie?“, fragte sie gespannt.
Fred erklärte: „Ich bin etwas älter als du und habe bereits ein Weihnachtsfest miterlebt. Und eines kann ich dir sagen: Den Menschen geht es zu Weihnachten eigentlich nur um Geschenke. Wenn du es schaffst, ihnen ein schönes Geschenk zu besorgen, dann werden sie dich vielleicht einladen, mit ihnen zu feiern.“
Ella fand diese Idee toll und machte sich noch am selben Abend auf, um nach einem Geschenk für die Menschen zu suchen. Sie schlich sich heimlich aus dem Mauseloch, flitzte durch das Haus und gelangte durch einen kleinen Spalt in der Haustür nach draußen. Ella hatte ein wenig Angst, doch sie blieb mutig. Sie wollte die Menschen unbedingt beeindrucken, und so lief sie durch die Straßen auf der Suche nach Geschenken.
Nach kurzer Zeit sah sie einen Mann, der am Straßenrand Weihnachtsbäume verkaufte. Fasziniert stand sie vor einem der großen Tannenbäume und blickte nach oben. „Genauso einen Baum haben unsere Menschen auch gekauft“, erinnerte sie sich. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass überall auf dem Boden Tannennadeln und kleine Äste lagen. „Vielleicht können unsere Menschen das gebrauchen“, dachte sie sich und nahm ein paar der hübschen Äste mit.
Wenig später traf Ella auf eine Frau, die an ihrem kleinen Stand Schmuck verkaufte. Das Mäuschen trat näher und sah sich den Schmuck genau an. Sie blickte auf eine Kette mit roten Perlen. „Diese Kette würde der Mutter gut stehen“, dachte sie sich.